Eishockey-WM:Eingeflogen, um Deutschland zu retten

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Der alte Neue im Kasten: Philipp Grubauer soll es gegen Lettland richten. (Foto: dpa)
  • Im letzten Gruppenspiel der Heim-WM gegen Lettland muss die deutsche Mannschaft gewinnen, um ins Viertelfinale einzuziehen.
  • Im Tor des DEB-Teams steht NHL-Torhüter Philipp Grubauer, der für das Turnier in Köln nachnominiert wurde.
  • Der deutsche Stammkeeper Thomas Greiss verletzte sich zuvor und fiel mit politisch fragwürdigen Äußerungen auf.

Von Ulrich Hartmann, Köln

Eishockey-Dramen vermag der Torwart Philipp Grubauer mit zwei Redensarten anzukündigen. "Alles oder nichts", heißt es in seiner Muttersprache. In seiner Wahlheimat USA hingegen sagt man: "Do or die!" Das klingt noch bedrohlicher. Der gebürtige Rosenheimer spielt seit neun Jahren in Nordamerika. Das Amerikanische ist ihm längst vertrauter als hiesige Phrasen, aber wenn es in einem einzigen Spiel um Alles oder Nichts geht, ums Machen oder Sterben, dann ist ihm die Sprache einerlei, dann rüstet er sich in seine monströse Montur ein, schlittert aufs Eis und wirft sich den Hartgummischeiben nur so entgegen.

Vier seiner bislang bloß fünf Einsätze im deutschen Nationalteam endeten mit Siegen; einen davon, ein Eishockey-Drama gegen Lettland, hat er im Gedächtnis prominent archiviert: 4. September 2016, Olympia-Qualifikation in Riga, alles oder nichts, do or die, 3:2. Eine begeisternde Erinnerung. An diesem Dienstag geht es bei der Weltmeisterschaft in Köln wieder gegen Lettland - und wieder um alles: Sieg oder Niederlage, Viertelfinale oder WM-Aus. Grubauer aber bleibt gelassen. "Wenn wir Spaß haben und unser Spiel spielen", sagt der 25-Jährige großväterlich, "dann wird das schon."

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An den 3:2-Sieg vor acht Monaten in Riga erinnert der Bundestrainer Marco Sturm jedes Mal, wenn er über die Mentalität seiner Spieler und die Zukunft des deutschen Eishockeys spricht. So einen knappen Sieg in einem ultimativen Spiel kann man trefflich zu einem Fanal stilisieren: zu einem Leuchtfeuer der Hoffnung, einem Zeichen des Aufbruchs. Die Teilnahme am olympischen Turnier in Pyeongchang/Südkorea im Februar 2018 wird ein Meilenstein für den Deutschen Eishockey-Bund (DEB), aber die Vorfreude würde eingetrübt, sollte es der Mannschaft bei der gegenwärtigen Heim-WM nicht gelingen, zumindest ins Viertelfinale einzuziehen.

Nicht weniger als das frühe Aus droht dem Team an diesem Dienstag (20.15 Uhr/ Sport1) in der Kölner Arena. Es geht um viel fürs deutsche Eishockey. Genau deshalb werden der Goalie Grubauer und der Torjäger Leon Draisaitl zu Rettern erkoren. Mit den beiden Legionären aus der National Hockey League (NHL) will Deutschland ein weiteres Mal so ein relevantes Spiel gewinnen. Sollte Grubauer Tore verhindern und Draisaitl ebensolche fabrizieren, dann wird der Trainer Sturm schon wieder ein Lettland-Spiel zum Zeichen des Aufbruchs stilisieren können.

Grubauer, bis zur vergangenen Woche mit den Washington Capitals in den Playoffs der NHL beschäftigt, kommt der deutschen Mannschaft gerade recht, nachdem sich Thomas Greiss verletzt und dessen Ersatzmann Danny Aus den Birken nicht gerade überragend gehalten hat. Der Münchner nahm's allerdings mit Humor. Nach dem 4:1 gegen Italien und dem frühen Gegentreffer witzelte er: "Nur zwei Schüsse aufs Tor im ersten Drittel - und einen davon hab' ich sogar gehalten." Damit hatte er zumindest die Lacher der Teamkollegen auf seiner Seite.

Mehr NHL-Power im deutschen Spiel

Insgesamt drei Punkte verschenkt hatte die Mannschaft schon zuvor beim 3:2 nach Penaltyschießen gegen die Slowakei und bei der 2:3-Niederlage nach Verlängerung gegen Dänemark. Die Leistungsschwankungen haben ebenso für eine gewisse Unruhe rund ums Team gesorgt wie eine Social-Media-Affäre des Torwarts Greiss. Über ihn war in der vergangenen Woche bekannt geworden, dass er während des Präsidentschafts-Wahlkampfs in den USA einen Vergleich der Kandidatin Hillary Clinton mit Adolf Hitler per Mausklick unterstützt hatte.

Greiss ist verletzt, kann also ohnehin nicht spielen, sein Verhalten aus dem Herbst 2016 wurde vom deutschen Verband nur oberflächlich kritisiert. Über seinen Klub New York Islanders hat sich der Deutsche nun offiziell entschuldigt: "Diese Posts zu liken, war ein Fehler, und ich entschuldige mich in aller Form." Anders als der DEB wollen die Islanders Greiss' Verhalten "nicht billigen" und "intern klären". Bundestrainer Sturm lobte Greiss' Entschuldigung am Montag.

Auf die mentale Verfassung der Mannschaft hat das Randthema keinen Einfluss. Draisaitl und Grubauer bringen NHL-Playoff-Power ins deutsche Spiel, da stört Sturm auch nicht, dass Grubauers letzter Einsatz für die Capitals schon zwei Wochen her ist. "Grubi ist es gewohnt, dass er ins kalte Wasser geschmissen wird", sagt Sturm über seinen Torwart, der in Washington kein Stammspieler ist. Am Sonntag, als die Mannschaft frei hatte, stand Grubauer ganz allein auf dem Trainings-Eis, um sich den Jetlag von der langen Anreise am Vortag auszuschwitzen.

An diesem Dienstag erwartet er einen heißen Tanz auf eiskaltem Eis. "Die Letten sind läuferisch und kämpferisch sehr stark und haben einen enormen Drang zum Tor." Dort erwartet Grubauer sie von 20.15 Uhr an gern - um sie anschließend am liebsten nach Hause zu verabschieden und sich selbst auf ein Viertelfinale am Donnerstag, dann wohl gegen Kanada, einzustimmen.

© SZ vom 16.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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