Eishockey-WM:Deutsches Team im Viertelfinale

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"Der schwierigste Gegner bislang": Deutschlands Eishockeyspieler unterliegen der Auswahl aus Finnland knapp. Trotzdem kann das deutsche Team jubeln. Das Viertelfinale ist schon erreicht.

Michael Neudecker, Bratislava

Dennis Endras streckte sich, warf sich zu Boden, spreizte die Beine, doch es half nichts. Mikko Koivu, der Kapitän der finnischen Eishockey-Nationalmannschaft, hob den Puck mit der Rückhand über Endras, den deutschen Torhüter, hinweg, er war der vierte Schütze in diesem Penaltyschießen. Koivu traf, und das Spiel war zu Ende. Deutschland unterlag bei der Eishockey-Weltmeisterschaft in der Slowakei der Auswahl Finnlands zum Auftakt der Zwischenrunde 4:5 nach Penaltyschießen - und kann dennoch jubeln: Für ein Unentschieden nach regulärer Spielzeit wird ja ein Punkt gutgeschrieben, und wie sich später am Abend heraus stellte, genügte den Deutschen dieser eine Punkt bereits für die Teilnahme am Viertelfinale.

Mann gegen Mann: Patrick Reimer (li.) gegen den Finnen Janne Niskala. (Foto: dpa)

Das zweite Spiel in der Zwischenrundengruppe E zwischen den Nachbarn Tschechien und der Slowakei war lange einseitig, am Schluss noch einmal hochspannend, und es lieferte schließlich das aus deutscher Sicht gewünschte Resultat: Tschechien gewann 3:2, damit haben die Deutschen auf die Slowaken schon jetzt genügend Abstand, um die Zwischenrunde sicher zu überstehen.

Eishockey-Weltmeisterschaften verführen die Akteure dazu, sich immer wieder Punkte und Möglichkeiten auszurechnen, für die Deutschen war es also wichtig, sich auf die eigene Leistung zu konzentrieren. "Von sowas darf man sich nicht beeindrucken lassen", sagte Stürmer Patrick Reimer nach dem Finnlandspiel. Die Partie zwischen der Slowakei und Tschechien wollte er sich dennoch anschauen - im Fernsehen. Reimer sagte dies, da kam schon Uwe Krupp, der Bundestrainer, klopfte ihm auf die Schulter, rief "auf geht's", und das Team verschwand in der Kabine.

Duschen, auslaufen, essen, sofort weiter ins Hotel, "wir gehen heute früh zu Bett", sagte Krupp. Schon an diesem Samstag steht ja das nächste Spiel auf dem Programm, am Nachmittag, gegen Dänemark. Die Finnen hatten den Deutschen alles abverlangt, "sie waren der schwierigste Gegner bislang", befand Reimer. "Es war ein hartes Spiel", sagte Krupp.

Finnland ist für die Deutschen eine Art Vorbild mit seiner Spielweise, aggressiv, intensiv, und mit technischer Raffinesse und Effizienz im Angriff. Finnland ist das bessere Deutschland - so war das jedenfalls vor dieser WM. Dann gewann Deutschland alle drei Auftaktspiele, und jetzt ist nicht mehr ganz klar, wer von den beiden besser ist.

Gewiss, der Sieg war nicht unverdient, doch die Partie war ausgeglichen, und letztlich profitierten die Finnen auch von glücklichen Zufällen: Schon nach 13 Sekunden gelang ihnen das 1:0, als Tuomo Ruutu den Puck vor das Tor passte - und Robert Dietrich den Pass im Stolpern ins eigene Tor abfälschte. Es dauerte, bis Deutschland einen Weg in die Partie fand, aber es gelang: Nach 15 Minuten glich André Rankel aus, und dann gingen die Deutschen in Führung: Innerhalb von einer Minute trafen Felix Schütz und Kai Hospelt zum 3:1 (27., 28.).

Finnlands Trainer Jukka Jalonen reagierte sofort: Er nahm eine Auszeit. Auch das ist eine Konsequenz aus den Auftritten der Deutschen bei dieser WM bislang - eine Auszeit der Finnen noch vor Ende des ersten Drittels. Jalonen aber muss die richtigen Worte gefunden haben, jedenfalls erhöhte Finnland den Druck.

Und hatte erneut Glück: In der 32. Minute prallte der Puck nach einem Schuss von Torhüter Dennis Endras gegen den Helm von Janne Pesonen und von dort ins Tor. Der Ausgleich für Finnland sieben Minuten später war dafür ein umso klüger herausgespielter Treffer; Jarko Immonen fuhr im Rücken von Verteidiger Nikolai Goc vor das Tor und verwertete ein Zuspiel von Pesonen direkt. 3:3 nach 3:1, das kann sich negativ auf die Moral einer Mannschaft auswirken - außer die Mannschaft trägt das deutsche Nationaltrikot und spielt in der Slowakei bei der Eishockey- WM.

Eine Minute nach dem Ausgleich Finnlands zog Patrick Reimer einfach ab, es war ein verdeckter Schuss, und der Puck zischte ins Tor. 4:3, Trainer Jalonen wechselte jetzt die Torhüter. Fünf Minuten vor dem Ende schließlich glich Finnland aus, der Puck prallte unglücklich vom Torrahmen gegen den Rücken von Dennis Endras und ins Tor - das sei eben einer dieser Tage, "an dem der Gegner das Glück hat", stellte Endras hinterher fest.

Glück oder Unglück, letztendlich spielte das dann aber keine Rolle mehr. Als Uwe Krupp alle seine Spieler in der Kabine zusammengeholt hatte, da habe er ihnen gesagt, erzählte Krupp später, dass es für sie nur darum gehe, Punkte zu sammeln, und das sei ja gelungen. "Wir haben jetzt in jedem Spiel gepunktet", fasste Uwe Krupp zusammen, "und das bedeutet, dass wir ein ziemlich gutes Turnier spielen." Das kann man wohl sagen: Ein ziemlich gutes Turnier, das für Deutschland jetzt noch ein paar Tage länger dauert.

© SZ vom 07.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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