Eishockey:Der perfekte Nachfolger kommt aus Finnland

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Der neue Eishockey-Bundestrainer Toni Söderholm. (Foto: dpa)
  • Toni Söderholm übernimmt das Amt von Marco Sturm, der mit dem Nationalteam bei den Winterspielen 2018 Olympiasilber gewonnen hat.
  • Der Finne trainierte zuletzt die Junioren-Auswahl beim Deutschen-Eishockey-Bund (DEB).
  • "Ich glaube hundertprozentig daran, dass Toni Söderholm der Richtige ist", sagt der DEB-Präsident Franz Reindl.

Von Johannes Schnitzler, München

Natürlich wäre es jetzt eine hübsche Überraschung gewesen, wenn doch Christian Ehrhoff aus der Torte gehüpft wäre. Aber erstens stand da keine Torte auf dem Büfett im Münchner Olympiapark, sondern Kürbissuppe und Butterbrezen; nichts, woraus es sich so einfach springen ließe. Zweitens war in den vergangenen Tagen die Nachricht, dass Toni Söderholm neuer Eishockey-Bundestrainer werden wird, so dick durch alle Kanäle gesickert, dass an dieser Personalie kein Weg mehr vorbei führte. Es betrat am Donnerstag also Söderholm, 40, die Bühne und sprach als nun offizieller neuer Bundestrainer: "Grüß Gott an alle." Womit gleich einmal klar war, dass er Punkt eins des Anforderungsprofils erfüllt: Söderholm spricht mindestens sehr gut Deutsch.

Der Auftritt des Finnen als Nachfolger von Marco Sturm, dem Sonnyboy und Silbersurfer des Deutschen Eishockey-Bundes, hätte nicht besser inszeniert sein können. Bei strahlendem Sonnenschein kletterte Söderholm über einen roten Teppich die Stufen zum Coubertin Club hinauf, flankiert von DEB-Präsident Franz Reindl und Sportdirektor Stefan Schaidnagel. Alle trugen tiefblaue Anzüge und weißes Hemd, Söderholm dazu frisch polierte cognacfarbene Lederschuhe. So stilsicher wie seine Garderobe wählte er seine Worte. Über Sturm sagte er: "Alle wissen, dass Marco extrem gute Arbeit geleistet hat." Besonderen Druck wegen der Erfolge seines Vorgängers, die im Gewinn der Silbermedaille bei den Olympischen Spielen gipfelten, spüre er nicht. "Wenn wir gute Arbeit leisten, kommen auch die Ergebnisse", sagte Söderholm. "Wir bleiben in der Spur."

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Der 40-Jährige wechselt zu den Los Angeles Kings in die US-Profiliga NHL. Damit geht der Umbruch im deutschen Eishockey weiter.

Mit der Berufung Söderholms, dessen Vertrag vom 1. Januar an bis nach den Olympischen Spielen 2022 läuft, gab der DEB am Donnerstag auch einige strukturelle Neuerungen bekannt. Der bisherige U-20-Nationaltrainer Christian Künast übernimmt das Frauen-Team, Ex-Nationalspieler Tobias Abstreiter die U20. Die wichtigste Änderung: Stefan Schaidnagel wird künftig als Sportdirektor in Generalverantwortung firmieren. Sollte Reindl, wie allgemein angenommen, 2020 für die Nachfolge von René Fasel an der Spitze des Weltverbands IIHF kandidieren, stünde Schaidnagel als sein potenzieller Erbe parat. "Wir wollen uns im Zug der Leistungssportreform auch im Nachwuchs weiter professionalisieren", sagte der 37-Jährige. Seine Aufgabe sei es, dafür zu sorgen, "dass das System im Ganzen stimmig ist". Dazu gehört die Installation Söderholms.

Reindl gab zu, dass die Nachricht von Marco Sturms Wechsel in die NHL nach dem erfolgreichsten Jahr der deutschen Eishockey-Geschichte "uns ein bisschen durchgeschüttelt hat". In Söderholm habe man nun aber den "perfekten" Nachfolger gefunden: "Ich glaube hundertprozentig daran, dass Toni Söderholm der Richtige ist." Der ehemalige Verteidiger, 2007 WM-Zweiter mit Finnland, sei "prädestiniert für das internationale Eishockey". Dass er gemeinsam mit Künast vergangene Woche die U20 bei der WM in Füssen souverän zurück in die Division I führte, habe die Entscheidung "noch leichter gemacht", sagte Reindl. Das einzige, was ihn irritiere: "Ich habe mit einigen Spielern gesprochen und nichts Schlechtes über ihn gehört." An Söderholm gerichtet fragte Reindl: "Wie machst du das?"

Söderholm lauschte den Vorschusslorbeeren konzentriert. Ein "riesengroßes Dankeschön" richtete er an den EHC Red Bull München, wo er 2016 mit dem Meistertitel seine Spielerkarriere abrundete, ehe er in der Organisation des österreichischen Sportmultis zur Führungskraft aufgebaut wurde: "Sie haben mich in die Trainerwelt gebracht und mir jetzt diese Möglichkeit gegeben."

Als Trainer des Münchner Kooperationspartners SC Riessersee stand Söderholm bei Red Bull unter Vertrag. Den Namen habe trotzdem nicht er ins Spiel gebracht, sondern Stefan Schaidnagel, sagte Münchens Manager Christian Winkler. Einige Tage nach Sturms Entscheidung habe Schaidnagel ihn kontaktiert. "Wir haben dann mehrere sehr professionelle Gespräche geführt", erzählte Winkler, "so etwas geht nicht bei einem Kaffee." Gejubelt habe er nicht über die Wertschätzung des DEB für Söderholm, das gab Winkler zu: "Wenn man einen Mann wie Toni verliert, schreit man nicht Juhu. Das ist ein Top-Trainer, genauso wie Matt McIlvane."

"Toni hat schon als Spieler gedacht wie ein Trainer"

McIlvane, 33, in München Assistent von Chefcoach Don Jackson, wird das DEB-Team als Co-Trainer zur WM begleiten. Man habe schließlich aber einen Kompromiss gefunden, denn "die Nationalmannschaft ist für unseren Sport als Schaufenster wichtig", sagte Winkler. Söderholm sei charakterstark, ehrgeizig und ein Paradebeispiel für Führungsqualitäten: "Toni hat schon als Spieler gedacht wie ein Trainer."

Die Gespräche mit dem ehemaligen NHL-Profi und DEB-Kapitän Christian Ehrhoff liefen indes weiter, sagte Stefan Schaidnagel noch. "Christian weiß, was wir mit ihm planen." Dabei soll es dem Vernehmen nach nicht um einen Sprung aus einer Torte gehen, sondern um repräsentative Aufgaben rund ums Nationalteam.

© SZ vom 21.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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