Einzelkritik:Ungern gegen Ungarn

Benedikt Höwedes hat Probleme in der Offensive, Sami Khedira hat Probleme mit einer Verletzung und Julian Draxler hat Probleme, den Klaus Fischer zu machen. Die Nationalelf in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Jörg Strohschein

Manuel Neuer

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der Torhüter der deutschen Elf konnte die meiste Zeit des Spiel damit verbringen, seinen Kollegen bei ihren Angriffsbemühungen zuzusehen. In der ersten Hälfte musste er lediglich einmal eingreifen, ließ einen Distanzschuss dabei etwas unkonzentriert nach vorne abklatschen. Auch im zweiten Durchgang bekam Neuer so gut wie nichts zu tun. Allerdings muss der 30-Jährige weder Bundestrainer Joachim Löw noch sonst irgendjemanden von seinen Fähigkeiten überzeugen.

Jonas Hector

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der Kölner, der seinen Stammplatz auf der linken Abwehrseite mangels Alternativen ohnehin so gut wie sicher hat, schaltete sich häufiger als sonst üblich in die Offensive ein. Hector versuchte sich zeitweise sogar als eine Art Spielmacher, der mit Pässen in die Spitze seine Mitspieler in Szene setzen wollte. Deshalb war es auch kein Zufall, dass der Verteidiger mit einem schlauen Querpass das 1:0 vorbereitete. Hatte nach einer Halbzeit das letzte Mal vor der EM den Beweis erbracht, dass Bundestrainer Löw auf ihn setzen kann. Dann wurde er ausgewechselt.

Antonio Rüdiger

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Die ungarischen Offensivspieler werden wenig Freude haben, wenn sie an die Zweikämpfe mit Antonio Rüdiger zurückdenken. Der Ersatz für den noch verletzten Mats Hummels in der Innenverteidigung wirkte zwar deutlich weniger filigran und elegant als der Neu-Bayer, dafür aber kompromissloser. Seine Gegenspieler bekamen die Unnachgiebigkeit des 23 Jahre alten Rüdiger jedenfalls bei jedem Aufeinandertreffen deutlich zu spüren. Dass Rüdiger einen Kopfball völlig alleingelassen vor Ungarns Torhüter Gabor Kiraly nicht im Tor unterbrachte, ist allerdings noch ein Merkmal, das ihn wesentlich von Hummels unterscheidet. Allerdings hat sich Rüdiger als Alternative nachdrücklich empfohlen.

Jérôme Boateng

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Sorgte bereits nach fünf Minuten für einen Schockmoment. Der Abwehrchef hatte sich neben die Außenlinie gelegt und ließ sich in der Leistengegend behandeln. Der Innenverteidiger konnte allerdings weitermachen, was zu kollektiver Erleichterung im Stadion führte. Einen Beweis seiner fußballerischen Fähigkeiten konnte er kaum einmal leisten, dafür war der Gegner zu ambitionslos. Die beste Nachricht war, dass er die 90 Minuten offenbar unbeschadet überstanden hatte.

Benedikt Höwedes

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(Foto: dpa)

Nach seiner rund viermonatigen Verletzungspause fehlt dem rechten Verteidiger sichtlich Spielpraxis und Sicherheit am Ball. In der Defensive gewohnt solide hatte der Schalker vor allem in der Offensive große Schwierigkeiten, wenn er sich gegen einen Gegenspieler behaupten sollte. Impulse gingen von Höwedes nicht aus, er wirkte häufig sogar etwas träge. Bei der WM 2014 musste sich Höwedes im Vorfeld allerdings auch mit ähnlicher Kritik auseinandersetzen - und wurde als damaliger Linksverteidiger zum unverzichtbaren Bestandteil des Teams.

Sami Khedira

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Sami Khedira hatte seine auffälligste Szene, als er sich nach einem versuchten Torschuss leicht verletzte. Ansonsten war der der defensive Mittelfeldspieler zwar gewohnt laufstark, die Spieleröffnung überließ er allerdings seinen Nebenleuten. In den ersten 45 Minuten, in den er lediglich zum Einsatz kam, lief das Spiel zumeist an ihm vorbei. Allerdings gab er sich auch kaum Mühe, diesen Zustand zu verändern. Offenbar stand diese Partie auf seiner Prioritätenliste nicht ganz oben. Bei der EM muss er allerdings eine deutliche Leistungssteigerung und vor allem mehr Präsenz zeigen.

Toni Kroos

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(Foto: AFP)

Es gibt wohl keinen Spieler, der ruhiger am Ball ist, als Toni Kroos. Selbst wenn zwei ungarische Spieler wild auf ihn losstürmten, so brachte der defensive Mittelfeldspieler den Ball in aller Seelenruhe zum Mitspieler. Mit diesen kurzen und genauen Pässen kann Kroos eine gegnerische Mannschaft zum Verzweifeln bringen. Seine Spieleröffnungen sind selten spektakulär aber nahezu immer effektiv. Der 26-Jährige ist die Schaltzentrale im deutschen Spiel.

Julian Draxler

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(Foto: AP)

Dass Julian Draxler eine lange Schalker Historie hat, zeigte er gleich zu Beginn des Spiels. In guter alter Klaus-Fischer-Manier (9.) setzte er zu einem spektakulären Fallrückzieher an, verfehlte im Gegensatz zum ehemaligen Torjäger allerdings das Ziel. Der 22-Jährige zeigte aber nicht nur in dieser Szene viel Einsatz, er rieb sich in vielen Zweikämpfen auf, erzielte zudem einen regulären Treffer, der aber nicht anerkannt wurde. Draxler verließ sich in dieser Partie nicht allein auf sein großes Talent, sondern wäre mit seinem Laufpensum auch von Schalke bis nach Paris gekommen. Offenbar will Julian Draxler in Frankreich mehr sein, als ein Begleiter des Nationalteams. Rund 60 Minuten in Gelsenkirchen haben diesen Eindruck zumindest unterstrichen.

Thomas Müller

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

62 Minuten lang fiel kaum jemanden im Stadion auf, dass Thomas Müller auch an dieser Partie teilnahm. Müller war kaum im Spiel der deutschen Mannschaft integriert, ihn zog es immer wieder in die Spielfeldmitte und er trug wenig zum Aufbauspiel seines Teams bei. Lediglich ein Distanzschuss nach zehn Minuten, den Gabor Kiraly parierte, erinnerte kurzzeitig an den Münchner. Nach 63 Minuten war Müller aber wieder zur Stelle und staubte zum 2:0 ab. Fünf Minuten später war sein Arbeitstag dann auch vollendet. Und eigentlich wusste niemand, wie dieser Müller das wieder gemacht hatte.

Mesut Özil

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Es war ja nicht so, als ob Mesut Özil nicht aktiv an diesem Spiel teilnehmen wollte. Das Laufpensum des 27-Jährigen war gewohnt hoch und auch an seinem Einsatz- und Zweikampfwillen gab es wenig auszusetzen. Allerdings war die Partie gegen die Ungarn ein Tag, an dem dem hochbegabten Spielmacher die Ideen fehlten. Er spielte definitiv ungern gegen Ungarn. Allerdings unterscheidet Özil sich auch deshalb von vielen ähnlich begabten Technikern, dass er trotzdem nicht aufgibt, auch wenn vieles gegen ihn lief. Allein deshalb ist er ein unverzichtbarer Spieler im deutschen Team - und Özil wird auch wieder ideenreichere Tage haben.

Mario Götze

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(Foto: AFP)

Mario Götze begann die Partie als "falsche Neun", also als alleinige Sturmspitze, und wirkte von Beginn an hochmotiviert. Der 24-Jährige wollte diese Partie nutzen. Er war in der Anfangsphase beweglich, häufig anspielbar und strahlte zudem Torgefahr aus, als er vor dem 1:0 nur einen Tick zu spät kam und der Verteidiger den Ball über die eigene Torlinie drückte. Zudem bereitete er ein eigentlich reguläres Tor von Julian Draxler vor, das aber nicht anerkannt wurde. Je länger die Partie dauerte, desto mehr baute er allerdings körperlich ab. In der zweiten Hälfte zog er sich etwas hinter den eingewechselten Mario Gomez zurück und hatte nicht mehr so viele auffällige Szenen. Insgesamt scheint Götze aber auf einem guten Weg, bis zur EM seine Form zu finden.

Mario Gomez

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(Foto: dpa)

Mit Beginn der zweiten Hälfte bekam auch Angreifer Mario Gomez seine Chance sich zu präsentieren. Und seine Mitspieler bekamen das, was sie auch von ihm erwarten. Er war der Anspielpunkt in der Sturmspitze, den sie auch mit hohen Bällen anspielen konnten. Das Kombinationsspiel wird auch in Zukunft nicht die Paradedisziplin des 30-Jährigen werden. Seine große Stärke zeigte er, als er einen Kopfball mit Wucht auf das Tor köpfte und Müller im Nachgang verwandelte. Gomez Wucht ist ein Faustpfand, auf dass Löw beim Turnier zurückgreifen kann.

Emre Can

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(Foto: AFP)

Auch Emre Can erhielt nach dem Wechsel die Chance sich zu zeigen. Und der Mittelfeldspieler zeigte sich engagiert und aufmerksam, ohne allerdings wesentliche Akzente setzen zu können. Der Liverpooler kann eine Alternative bei einem Turnier sein. Zumindest diese Erkenntnis ließ sich nach dieser Partie ziehen. (Foto aus dem Trainingslager in Ascona)

Bastian Schweinsteiger

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Unter großem und höflichem Applaus der Zuschauer bekam auch Bastian Schweinsteiger nach 68 Minuten die Gelegenheit, seine Kondition zu verbessern. Einen größeren Anspruch an sich selbst dürfte der 31-Jährige in seinem aktuellen körperlichen Zustand wohl selbst nicht haben. Bis zum Turnier dürfte noch viel Arbeit vor Schweinsteiger liegen.

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