Borussia Mönchengladbach:Ein Monat Winterpause für Max Eberl

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Vorübergehend nicht erreichbar: Max Eberl. (Foto: Mauelshagen/Nordphoto/Imago)

Gladbachs Manager will den gesamten Januar lang einfach mal abschalten. Falls jemand über einen der begehrten Profis des Klubs verhandeln will, will er nicht zu sprechen sein.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Ausgerechnet zu Beginn der Weihnachtswoche gab es in der Medienabteilung von Borussia Mönchengladbach überdurchschnittlich viele Anfragen. Den Anrufern ging es weniger um die Sechs-Spiele-Sperre für den spuckenden Stürmer Marcus Thuram, um die schwächelnde Mannschaft, die mit drei Punkten aus den jüngsten vier Spielen auf Tabellenrang acht abgerutscht ist, oder um die vorzeitige Vertragsverlängerungen der Vorstandsmitglieder Stephan Schippers und Max Eberl. Anlass war vielmehr die angekündigte vierwöchige Auszeit des Sportdirektors Eberl im Januar, einem Monat, in dem sowohl der Spielbetrieb läuft als auch das Transferfenster geöffnet wird. Was steckt hinter dieser Auszeit? Ist Eberl krank, hat er private Probleme, hat er daheim die Handwerker oder lernt er intensiv Spanisch für eine Zukunft im internationalen Business?

Es ist nichts von alledem. Der 47-Jährige will offenbar tatsächlich einfach nur mal für einen längeren Zeitraum abschalten, nicht mehr ins Büro im Stadion müssen, rauskommen, Luft schnappen. Eberl ist seit nunmehr zwölf Jahren Gladbachs Sportdirektor und hat am Sonntag seinen Vertrag bis 2026 verlängert. Er war in dieser Amtszeit nicht einmal länger raus aus dem Alltag. "Ich konnte nie mal richtig abschalten, weil man selbst im Urlaub eigentlich ständig am Telefon ist", erklärt er.

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Eine Partie davon wird zur Bewährung ausgesetzt, auch eine Geldstrafe muss der Profi von Borussia Mönchengladbach zahlen.

Nun ist es aber so, dass seine Mitarbeiter, die ihn gut kennen, eigentlich nicht davon ausgehen, dass Eberl sein Handy komplett abgeschaltet lässt oder an den Wochenenden darauf verzichtet, die schon ab 2. Januar (gegen Arminia Bielefeld) wieder startenden Bundesliga-Spiele seiner Gladbacher im Fernsehen zu begutachten. Eberl ist eher der Typ, der sich von seiner Borussia nicht vier Wochen lang geistig abnabeln kann. Er nennt diesen Klub "mein Baby", wahlweise: "eine Passion". Aber wenn man klug ist, dann lässt man sich eben vom Nachwuchs oder einer Passion nicht bis zur Erschöpfung beanspruchen, sondern nimmt sich rechtzeitig mal selbst raus. Genau das versucht Eberl im Januar. Diesen Wunsch hat ihm das Präsidium bei der Vertragsverlängerung erfüllt.

Der gebürtige Niederbayer ist ein Bergmensch und passionierter Skifahrer. Es gehören also keine Sherlock-Holmes-Schlussfolgerungen dazu, um darauf zu kommen, dass er seine Auszeit im alpinen Bereich verbringen wird. Am Niederrhein gibt es im Großraum Mönchengladbach bloß eine Skihalle in Neuss, und dort hat man sogar Handy-Empfang. Außerdem kennt jedes Kind aus dem Heimatroman Heidi jene tiefe Sehnsucht, die Bergsüchtige im Flachland ergreifen kann. Der Sommer wäre für eine auch Schnee inkludierende, diesbezügliche Flucht weniger die passende Jahreszeit.

Im Sommer wird noch genug Arbeit auf den Manager warten

Von seinem Freund und Manager-Vorbild Uli Hoeneß weiß Eberl, dass dieser jeden Sommer wochenlang in Südfrankreich abschaltet beim Blick aufs Mittelmeer. Das wäre eher nicht Eberls Weg, zumal er sich im Sommer wirklich um zeitraubende Transfers kümmern muss. Günstiger An- und lukrativer Verkauf von Fußballern sind Gladbachs maßgebliches Geschäft - nicht nur, wie man glauben könnte, der Verkauf von Eintrittskarten, Bier und Werbeflächen. Im kommenden Sommer wird Eberl allerhand zu verhandeln haben rund um umworbene Fußballer wie Denis Zakaria, Matthias Ginter, Alassane Plea und Florian Neuhaus. Jetzt, im Januar, sagt Eberl, werde man aber gewiss niemanden abgeben und auch niemanden einstellen. Für diesbezügliche Fragen will er nicht zu erreichen sein. Nur Verleihgeschäfte von Spielern aus der zweiten Reihe wie Julio Villalba oder Andreas Poulsen seinen möglich.

Und es ist auch nicht so, dass Trainer Marco Rose, der selbst zum umworbenen Personal gehört und bei Borussia Dortmund im Gespräch ist, angesichts der zuletzt schwächeren Spiele auf Zugänge drängen würde. Rose ist der derzeitige Kader genug. "Wir sind gerade in einer Phase, in der es ein bisschen hakt", sagt Eberl über die zuletzt mauen Ergebnisse, "aber Marco schätzt genau solche Herausforderungen." Mit dem Trainer, prophezeit Eberl, werde er auch in seiner Auszeit "in sehr, sehr engem Kontakt" stehen. Tägliche Telefonate sind wahrscheinlich. Mit Blick auf Schneeberge lässt sich das aber gewiss gut aushalten.

Im kommenden Jahr noch in drei Wettbewerben vertreten zu sein - das Pokalspiel am Dienstagabend bei Viertligist Elversberg wurde locker 5:0 gewonnen - würde die Gladbacher darüber hinwegtrösten, dass zuletzt spielerisch und emotional nicht mehr alles optimal lief. Thurams Spuckattacke ins Gesicht des Hoffenheimers Stefan Posch hat die Reputation der Borussia angekratzt, und nach nur einem Sieg (4:1 gegen Schalke) in den jüngsten sieben Ligaspielen rutschte man ins Mittelfeld der Tabelle. Das soll nur eine Momentaufnahme sein, der Fokus liegt bereits auf dem Champions-League-Achtelfinale ab Mitte Februar gegen Manchester City. Dann will Eberl zurück sein, und bevor es nun in die Berge geht, sagt er: "Dieser Klub ist noch nicht am Ende seiner Entwicklung angelangt, wir haben Ideen, wir haben Visionen." Auch über die wird der Sportdirektor in der Höhe nachdenken, natürlich im realistischen Rahmen. Auf den Mount Everest wird es Eberl ja kaum ziehen.

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