Dritte Liga:Kursrutsch in Giesing

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Erste Pleite: Türkgücü-Coach Ruman verfolgt das 0:3 gegen Osnabrück mit entsprechender Körpersprache. (Foto: Ulrich Gamel/Imago)

Zwei Tage nach dem angekündigten Börsengang kassiert eine uninspiriert wirkende Türkgücü-Elf ihre erste Saisonniederlage: 0:3 gegen Osnabrück.

Von Stefan Galler, München

Die Aussagen vor dem Wochenende waren eindeutig: Innerhalb der nächsten zwei Jahre muss der Aufstieg in die zweite Liga gelingen für Türkgücü München. Neu war, dass diese Vorgabe nicht von Präsident und Hauptanteilseigner Hasan Kivran kam, sondern von Börsenexperten und Aktienanalysten. Seit Donnerstag können Fans, Sponsoren, Investoren und alle anderen, die sich entweder für Fußball oder für Geldgeschäfte oder für beides interessieren, Anteilsscheine der Türkgücü München Fußball GmbH und Co. KGaA kaufen, für zwölf Euro pro Aktie, Mindestabnahme zehn Stück. Geschäftsführer Max Kothny betonte am Rande des Heimspiels am Samstag gegen den VfL Osnabrück noch einmal, dass man im Verein von dem Konzept der Kapitalmehrung überzeugt sei. Gerade, weil der Klub im Gegensatz zu vielen anderen Vereinen "keinen Wasserkopf", also viele Abteilungen und Jugendteams mit sich herumtrage, die mitfinanziert werden müssten. Das eingesammelte Geld fließe direkt in den Kader und ein noch zu schaffendes Nachwuchsleistungszentrum. Und doch haben die Analysten vermutlich recht: Nur im Falle eines Aufstiegs wird sich der Erwerb von Aktien für die Anleger rentieren.

Das Drittligateam konnte die guten Nachrichten der Woche - zwei 3:0-Siegen in der Liga gegen die Aufsteiger Freiburg II und Havelse folgte der Start des Aktienverkaufs am Donnerstag - am Samstag nicht in ein positives Ergebnis ummünzen. Es setzte die erste Saisonniederlage, die mit 0:3 (0:2) im Grünwalder Stadion auch gleich recht deftig ausfiel. "Das Ergebnis ist völlig verdient", sagte Trainer Petr Ruman nach dem Spiel. "Wir waren in allen Belangen einen halben Schritt zu spät im Zweikampf oder zu weit weg."

Dabei hatte Türkgücü engagiert begonnen: Sercan Sararer scheiterte an VfL-Torwart Philipp Kühn (8.), später kam er nach einem weiten Ball nur noch mit dem Bauch an selbigen und verfehlte das Tor knapp. Der Spielmacher stand ebenso wie Paterson Chato in der Startelf, obwohl beide zuletzt in Isolation gewesen waren. Doch der ursprünglich positive Corona-Test im Mannschaftskreis stellte sich als negativ heraus, weshalb Ruman hoffen konnte, dass die frischen Kräfte am Ende der englischen Woche den Ausschlag zugunsten seiner Elf hätten geben können. Doch das war nicht der Fall, vor allem Sararer baute wie viele seiner Kollegen im Laufe des Spiels ab. "Step by step ist das Spiel immer mehr in Richtung Osnabrück gekippt", erkannte der Türkgücü-Coach.

Eine glänzende Kombination brachte die Gäste in der 25. Minute in Führung: Aaron Opoku bediente von der Grundlinie den freistehenden Klaas, Kapitän Marc Heider ließ den Ball durch und Klaas schoss trocken aus 13 Metern ein (25.). Sieben Minuten später profitierte Routinier Heider, 35, von einem perfekten Zuspiel von Klaas durch die Schnittstelle der Abwehrkette, er umkurvte Torwart René Vollath und schob ein. Ruman reagierte prompt, stellte von Dreier- auf Viererkette um und brachte Philip Türpitz für Mittelfeldspieler Andrew Irving, 21, dem nicht viel gelungen war. Die frühe Auswechslung des jungen Schotten fiel Ruman nicht leicht: "Ich werde mit Andy sprechen. Solche Dinge gehören eben auch zum Leben in einer leistungsorientierten Gesellschaft."

"Die Mannschaft war einfach vom Kopf her zu langsam", sagte Türkgücü-Trainer Petr Ruman

Auch wenn der taktische Wechsel für etwas mehr Stabilität im Spiel von Türkgücü sorgte, so richtig fanden die Gastgeber nicht in die Spur. Und der nächste Nackenschlag folgte, als Osnabrücks Florian Kleinhansl mit einem verdeckten Schuss aus gut 20 Metern durch die Beine von Albion Vrenezi hindurch Torwart Vollath überraschte und auf 3:0 erhöhte (50.). Es passte ins Bild, dass ausgerechnet Sararer anschließend die größte Chance ausließ, Türkgücü ins Spiel zurückzubringen (65.). Anschließend war den Münchnern der Zahn gezogen, die Partie dümpelte ihrem Ende entgegen.

Trainer Ruman stellte sich letztlich vor seine Mannschaft: "Ich will nicht sagen, dass die Spieler nicht wollten. Sie waren einfach vom Kopf her zu langsam." Sein Team habe müde gewirkt, was der Coach auch auf die lange Busfahrt vom Havelse-Spiel nach Hause in der Nacht auf Donnerstag zurückführte: "Aber ich will den Jungs wirklich kein Alibi geben." Das würde angesichts des Konkurrenzkampfes im Kader wohl auch keiner annehmen. Am Sonntag wurde der nächste Zugang bekanntgegeben: Vom kroatischen Erstligisten Slaven Belupo kommt der 23 Jahre alte frühere Nürnberger Stürmer Törles Knöll, der davor unter anderem für Darmstadt 98, Eintracht Frankfurt und den Hamburger SV gespielt hatte.

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