BVB:Dortmund arbeitet an seiner Mentalität

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In Turin häufig nur in der Rolle des Ersatzmanns: Emre Can. (Foto: imago images/Gribaudi/ImagePhoto)
  • Borussia Dortmund will mit einem weiteren Transfer an der Statik seines Teams arbeiten: Von Juventus Turin soll Emre Can zum BVB wechseln.
  • Der Nationalspieler ist in Italien nicht glücklich und soll um die 30 Millionen Euro kosten.
  • Damit wäre Can teurer als Dortmunds neuer Stürmer Erling Haaland.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Würde bei Borussia Dortmund ein Wort (oder Unwort) des Jahres gekürt, der Begriff "Mentalitätsscheiße" hätte beste Chancen. Kapitän Marco Reus hat das im vergangenen Herbst gesagt, als ihn ein Fernsehreporter fragte, ob der BVB Probleme mit der Mentalität habe. Was damals auf allen Kanälen rauf und runter gespielt und von den Dortmundern selbst munter ins Lächerliche gezogen wurde, das hat sich aber damals intern doch zu einem ernsten Thema entwickelt. Denn den Dortmundern mangelt es phasenweise tatsächlich an Körpersprache und Fokus.

Dieses Problem wird nun sukzessive behoben. Mit dem 1,94 Meter großen, zweikampfstarken und abschlusssicheren Stürmer Erling Haaland hat man bereits einen guten Fang gemacht. Der 19 Jahre alte Norweger hat in seinen ersten beiden, gerade mal 34 und 25 Minuten langen Teilzeiteinsätzen für den BVB bereits fünf Tore geschossen und damit einen Bundesliga-Rekord aufgestellt. Am Freitag gegen Köln erzielte er das 4:1 und das 5:1.

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Beim 5:1-Sieg gegen Köln verblüfft Erling Haaland erneut. Der bullige BVB-Stürmer zeigt erstaunliche technische Fähigkeiten. Nur sagen darf der 19-Jährige danach nichts.

Von Ulrich Hartmann

Überdies stehen die Dortmunder offenbar vor der Verpflichtung des deutschen Nationalspielers Emre Can von Juventus Turin. Der 26 Jahre alte gebürtige Frankfurter hat erst kürzlich vom Bundestrainer Joachim Löw die Expertise "robust und zweikampfstark" erhalten. Beim BVB glaubt man, dass man Can genau deshalb extrem gut im zentral-defensiven Mittelfeld gebrauchen könnte.

Can würde mehr kosten als Haaland

Der frühere Spieler von Bayern München (bis 2013) und Bayer Leverkusen (2013/14) war im Juli 2018 vom FC Liverpool zu Juventus gewechselt. Sein Vertrag dort gilt bis 2022, doch als er vom neuen Trainer Maurizio Sarri im Herbst nicht einmal für die Champions Leaue gemeldet wurde und auch sonst kaum Einsätze bekam, deutete sich bereits an, dass er diesen Vertrag nicht erfüllen wird. Gegen den SSC Neapel stand der Mittelfeldspieler am Sonntag nicht im Kader. Offiziell fehlt er wegen einer Grippe. Noch im Januar sagte zwar Juve-Sportdirektor Fabio Paratici über Can: "Er ist einer unserer international am meisten umworbenen Spieler, aber wir glauben, dass er Teil unseres Projekts sein kann." Tatsächlich ging es wohl nur noch um die Ablösesumme. Can soll etwa 30 Millionen Euro kosten.

Dagegen war Haaland ein Schnäppchen. Gut für Dortmund, dass er in Salzburg eine Ausstiegsklausel von 20 Millionen Euro besaß; sein Marktwert dürfte nach seinen ersten 59 Minuten im BVB-Trikot schon beim Drei- bis Vierfachen liegen. Für ihn soll der BVB erstmals seit Jahren einem Spieler selbst wieder eine Ausstiegsklausel eingeräumt haben. Sie soll bei ungefähr 50 Millionen liegen und in dem bis 2024 gültigen Vertrag ab 2022 greifen. Das hat der Sportdirektor Michael Zorc bislang weder bestätigt noch dementiert.

Doch das ist Zukunftsmusik. Erst einmal ist Dortmund (und offenbar die ganze Branche) im Haaland-Fieber. In seinem ersten Spiel in Augsburg wurde er in der 56. Minute bei einem Rückstand von 1:3 eingewechselt und schoss Dortmund mit drei Treffern noch zum Sieg. Gegen den 1. FC Köln am Freitagabend kam er in der 65. Minute, da stand es bereits 3:1 für Dortmund. Für den Norweger, der 2017 aus seinem kleinen Heimatort Bryne erst zu Molde FK und im Januar 2019 dann zu RB Salzburg gewechselt war, sind solche Spielstände aber kein Grund, nicht trotzdem wie besessen um jeden Treffer zu kämpfen. Und so schoss er tatsächlich noch zwei Tore zum 5:1-Endstand.

Auch Hummels lobt Haaland

Dortmunds Innenverteidiger Mats Hummels sagte hinterher: "Wenn man sieht, wie er tagtäglich im Training arbeitet, dann weiß man, dass diese Tore kein Zufall sind und dass die Chance groß ist, dass er so weitermacht; er gibt im Training immer Vollgas und geht in jeden Zweikampf - mir gefällt so eine Arbeitsauffassung in diesem Alter."

Weil Haaland nach Kniebeschwerden im Dezember noch nicht wieder ganz auf der Höhe seiner Fitness ist, wechselt der Trainer Lucien Favre ihn momentan noch gerne ein. Keine Rolle mehr spielt in den BVB-Planungen offenbar der Stoßstürmer Paco Alcácer, was umso kurioser ist, als der Spanier erst im Herbst 2018 - damals ebenfalls neu beim BVB - selbst reihenweise Rekorde gebrochen hatte. So erzielte Alcácer damals in seinen ersten drei Kurzeinsätzen mit addierten 81 Minuten sechs Treffer. Um auch diesen Rekord zu knacken, muss Haaland am kommenden Samstag im Dortmunder Heimspiel gegen Union Berlin binnen 22 Minuten ein weiteres Tor erzielen. Für den verschmitzten BVB-Torwart Roman Bürki wäre dies, bliebe es dabei, aber offenbar eine Enttäuschung. Er witzelte nach dem Sieg gegen Köln über Haaland: "Schade, dass er schon nachlässt; erst drei, jetzt zwei - ich hoffe mal nicht, dass er im nächsten Spiel nur noch ein Tor schießt."

© SZ vom 27.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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