Dortmunds Jude Bellingham:Der 19-jährige Stabilisator

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Torschütze in Hannover und auch sonst wichtig für den BVB. (Foto: Dennis Ewert/Imago/RHR-Foto)

Der BVB gewinnt mühevoll im Pokal mit 2:0 bei Hannover 96, Trainer Edin Terzic moniert mangelnde Reife und kann damit einen Spieler garantiert nicht meinen: Jude Bellingham.

Von Thomas Hürner, Hannover

Nein, da hat Jude Bellingham wirklich nicht gut aufgepasst. Er ließ seinen Gegenspieler nach innen passen, ohne ihn angemessen in Bedrängnis zu bringen, und dann war er schon zu spät dran, um den Ball im Zweikampf zurückzuerobern. Die Schuldfrage war hiermit geklärt, das wusste Bellingham genau: Hätte er seinen rechten und nicht seinen linken Arm benutzt, um sich den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen, dann hätte er womöglich den Überblick behalten. Bellingham war nämlich das Malheur unterlaufen, dass er sich mit dem linken Arm selbst die Sicht auf den Ball versperrt hatte. Nur für einen klitzekleinen Augenblick. Aber dieser Moment der Unachtsamkeit genügte, um dem Gegner den Raum für einen Pass offenzulegen, den es sonst nicht gegeben hätte.

Bellingham regte sich furchtbar über sich selbst auf. Und als sich der Mittelfeldmann von Borussia Dortmund am Mittwochabend dann endlich genug aufgeregt hatte, mahnte er sich offenbar zur Selbstdisziplin. Bellingham wischte sich während des am Ende glücklichen 2:0-Sieges bei Hannover 96 noch handgezählte null Mal den Schweiß von der Stirn, was dafür spricht, dass er eine Lehre aus diesem Spiel in der zweiten Runde des DFB-Pokals ziehen konnte. Es war überhaupt ein Abend, an dem der gerade mal 19-Jährige ein paar neue Erfahrungen sammeln durfte: Bellingham wurde von BVB-Coach Edin Terzic nach zuletzt intensiven Wochen bis zur 62. Minute auf der Bank platziert, was mittlerweile ein Ereignis von Seltenheitswert ist. Bellingham brauchte nach seiner Einwechslung dann ein wenig, um ins Spiel zu finden, weshalb ihm Terzic eine bis zu diesem Zeitpunkt "nicht so gute" Leistung attestierte. Auch das ist bislang nicht oft vorgekommen.

"Das war nicht klar und reif genug", monierte Terzic die Leistung des BVB

Doch als der junge Engländer drin war in der Partie, veränderte sich die Statik des BVB-Spiels dahingehend, dass der BVB endlich eine Art Statik hatte. Stabil sah das zwar noch lange nicht aus. Nachdem Bellingham einen Foulelfmeter selbst rausgeholt und schließlich auch selbst zum 2:0 verwandelt hatte (71.), präsentierten sich die Dortmunder aber wenigstens nicht mehr ganz so konfus wie in der ersten Halbzeit, in der es nur deshalb mit der Führung klappte, weil die 96er ins eigene Tor trafen.

"Das war nicht klar und reif genug", monierte Terzic. Wie so häufig in den vergangenen Wochen war der BVB-Coach frustriert von den permanenten Schwankungen seines Teams, und es verrät wohl genauso viel über die Dortmunder wie über Bellingham, dass die Abhängigkeit vom jungen Engländer mittlerweile enorm ist.

Bei Bellingham, lobte Terzic am Mittwoch, handle es sich um einen "sehr reifen 19-Jährigen". Das war eine Beobachtung mit hohem Wahrheitsgehalt. Denn abgesehen von der gelegentlichen Neigung zu Übermotivation und Übersprunghandlungen ist Bellingham ein Fußballer, der durch extreme Frühreife auffällt und schon jetzt über die Autorität verfügt, die ihm eine Befehlsgewalt über seine Mitspieler verschafft. Auch deshalb hat ihn der BVB-Coach zum dritten Kapitän hinter den Routiniers Mats Hummels und Marco Reus ernannt, den einzigen alteingesessenen Führungsfiguren im Dortmunder Team.

Für Bellingham bedeutet das, dass seine zentrale Rolle für den BVB auch mal darin bestehen kann, überall auf dem Rasen auszuhelfen: In Hannover spielte er in der Mitte, auf dem rechten Flügel und sogar im Sturm, nachdem Karim Adeyemi kurz vor Schluss wegen einer Notbremse vom Platz geflogen war. Das alles in nur 28 Minuten. Bei Jude Bellingham geht nun mal alles richtig, richtig schnell.

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