Dopingfall im Eisschnelllauf:Pechstein: "Ich werde rehabilitiert"

Lesezeit: 3 min

Obwohl das Schweizer Bundesgericht ihre Hoffnungen auf einen Olympia-Start in Vancouver zunichte macht, will die dopinggesperrte Claudia Pechstein nicht aufgeben.

Claudia Pechstein darf nicht bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver antreten. Der Eilantrag der fünfmaligen Eisschnelllauf-Olympiasiegerin, trotz zweijähriger Dopingsperre wegen erhöhter Blutwerte starten zu dürfen, wurde am Dienstag vom Schweizer Bundesgericht abgelehnt. Die Schweizer begründeten ihre Ablehnung damit, dass für die Berlinerin auch im Hauptsacheverfahren kaum Aussicht auf Erfolg bestünde. Die olympische Karriere der erfolgreichsten deutschen Winter-Olympionikin ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beendet.

Kein Start in Vancouver: Claudia Pechstein. (Foto: Foto: dpa)

Pechstein hatte gehofft, mit einem erfolgreichen Eilantrag noch vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) für Vancouver nominiert zu werden. Sie hatte bei fünf Olympischen Spielen fünf Gold- sowie je zwei Silber- und Bronzemedaillen gewonnen.

Pechstein, die das Urteil nach Aussage ihres Managers Ralf Grengel "äußerst gefasst" aufgenommen hat, gibt sich dennoch weiter kämpferisch und machte erneut klar, dass sie ihre Karriere auf keinen Fall beenden wird. "Alle, die an mich glauben und mich unterstützen, können gewiss sein, dass sie mich auf jeden Fall nochmals auf dem Eis wiedersehen werden", schrieb sie in einer Pressemitteilung.

Bundesrichterin Kathrin Klett ließ in ihrer Begründung für die Ablehnung des Eilantrags durchblicken, dass sich Deutschlands erfolgreichste Winter-Olympionikin kaum noch Hoffnungen auf einen grundsätzlichen Erfolg ihres Einspruchs gegen die Zweijahressperre machen darf. "Mich wundert in diesem Fall nichts mehr", sagte Pechstein: "Ich bin mir trotzdem zu hundert Prozent sicher, früher oder später vollumfänglich rehabilitiert zu werden." Ihre Dopingsperre läuft am 9. Februar 2011 ab.

"Wir müssen diese Entscheidung zur Kenntnis nehmen. Das ist überaus bedauerlich für Claudia Pechstein", erklärte Gerd Heinze, der Präsident der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft DESG zu dem Richterspruch, fügte jedoch hinzu: "Aber das ganze Kapitel ist noch nicht zu Ende. Wir haben weiterhin große Probleme mit dieser Art der Rechtsprechung. In Kenntnis des Sachverhaltes bleibe ich persönlich an Claudias Seite. Aber Fakt ist, dass ihre sportliche Zielsetzung für diese Saison endgültig zerstört ist."

DOSB-Präsident Thomas Bach nahm die Entscheidung aus der Schweiz, die ihm eine schwere sportpolitische Belastungsprobe erspart, betont nüchtern zur Kenntnis und vermied jeden Ausdruck der Erleichterung. "Jetzt herrscht in Bezug auf Vancouver Klarheit für alle Seiten", sagte Bach dem SID: "Wir verkennen nicht, dass dieser Fall eine tiefe menschliche Komponente hat. Wir werden den Dialog mit Claudia Pechstein fortsetzen."

Dennoch bedeutet der Entscheid aus Sicht von Pechstein noch lange nicht das Ende des gerichtlichen Weges. "Wir werden uns jetzt darauf konzentrieren, das Revisionsverfahren erfolgreich durchzuführen", sagte Pechsteins Anwalt Simon Bergmann: "Im Mittelpunkt werden dabei neue Erkenntnisse zur Blutanomalie Claudia Pechsteins stehen, die zum Zeitpunkt der CAS-Verhandlung noch nicht bekannt waren." Neuartige medizinische Untersuchungen, so hieß es, ließen Pechstein optimistisch in die Zukunft blicken. Details wollte die Pechstein-Seite noch nicht nennen.

Nach Meinung des Heidelberger Rechtsexperten Michael Lehner kann sich Pechstein die Mühe sparen. Die Entscheidung des Bundesgerichts mit dieser Begründung käme einer Ankündigung gleich, wie das endgültige Urteil aussieht: "Normalerweise ist daran nichts mehr zu ändern."

Noch vor wenigen Tagen hatte sich der DOSB eine späte Nominierung Pechsteins vorbehalten, falls die Schweizer Richter dem Eilantrag stattgegeben hätten. "Ihre Nominierung ist möglich bis zum 29. Januar", hatte DOSB-Präsident Thomas Bach gesagt und einen Startplatz der Eisschnellläuferin nicht generell ausgeschlossen. Auch Heinze kündigte an: "Die Tür ist noch einen Spalt offen. Der DOSB hat uns zugesichert, dass sich die Präsidialkommission noch einmal mit dem Fall beschäftigen würde, wenn das Schweizer Bundesgericht noch zeitnah die Sperre von Pechstein aussetzt." So kam es nun nicht.

Pechstein war vom Internationalen Sportgerichtshof CAS aufgrund einer Indizienkette wegen Doping gesperrt worden, die 37-Jährige versucht seitdem, über weitere Instanzen dagegen vorzugehen und Startrechte einzuklagen. So hatte sie schon per Eilantrag im Dezember eine Qualifikationschance erstritten, bei der sie in Salt Lake City allerdings als 13. über 3000 Meter scheiterte.

Dabei hatte die Eisschnellläuferin auf große Unterstützung aus der Bevölkerung bauen können. In einer repräsentativen Umfrage des Sport-Informations-Dienstes (SID) durch das Dortmunder Meinungsforschungsinstitut Promit sprachen sich 69,1 Prozent der Befragten für einen Olympia-Start der wegen Doping gesperrten Eisschnellläuferin aus. Nur 22,9 Prozent waren der Meinung, dass Pechstein keine Chance verdient habe.

© sid/dpa/hum - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Die besten Wintersportler
:Außerirdische aus der Goldberg-Straße

Viele Medaillen, viele Kuriositäten und auch viele Dopingfälle: sueddeutsche.de zeigt die 20 erfolgreichsten Winterolympioniken aller Zeiten, von Dählie über Pechstein bis Tichonow.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: