Doping im Radsport und Fußball:Die Spur führt nach Stuttgart und Freiburg

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Die Meistermannschaft des VfB Stuttgart 1984. (Foto: Imago)
  • Die Freiburger Evaluierungskommission findet signifikante Beweise für den Einsatz von Anabolika.
  • Betroffen sein soll nicht nur der Radsport, sondern auch zwei Fußball-Erstligisten.
  • Der VfB Stuttgart und der SC Freiburg erklären, dass sie die Aufklärungsarbeit unterstützen wollen.

Evaluierungskommission findet neue Beweise

Dem deutschen Sport droht ein Doping-Skandal bisher unbekannten Ausmaßes - und erstmals ist auch der Profi-Fußball betroffen. Die Evaluierungskommission Freiburger Sportmedizin, die sich mit der Doping-Vergangenheit an der dortigen Universität beschäftigt, hat Beweise für flächendeckendes Doping im Radsport sowie für die Verabreichung von Anabolika bei den Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart und SC Freiburg gefunden.

Diese gehen aus den gut 60 "Klümper-Akten" hervor, die sich mit dem abgeschlossenen Betrugsverfahren gegen den damaligen Leiter der Sporttraumatologischen Spezialambulanz Armin Klümper befassen. "Erstmals" sei der "sichere Befund möglich, dass Anabolikadoping auch im Profi-Fußball eine signifikante Rolle spielte", schrieb Andreas Singler, Mitglied der Evaluierungskommission, der nach SID-Informationen die Details ohne Rücksprache mit seinen Kollegen und gegen den Willen der Kommissionsvorsitzenden Letizia Paoli veröffentlicht hat.

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Von Thomas Kistner

VfB Stuttgart und SC Freiburg sollen betroffen sein

In den "späten 1970er und frühen 1980er Jahren" sei beim Bundesligisten aus Stuttgart "im größeren Umfang" und "wenn auch nur punktuell nachweisbar" auch beim damaligen Zweitligisten aus Freiburg Anabolikadoping vorgenommen worden. Die Schlüsselfigur ist Klümper, es geht vor allem um das Anabolikum Megagrisevit, das auch von der von Klümper behandelten und 1987 verstorbenen Leichtathletin Birgit Dressel zeitweise eingenommen wurde.

Die Erkenntnisse werfen einen dunklen Schatten auf beide Vereine, für die in dem genannten Zeitraum auch der heutige Bundestrainer Joachim Löw gespielt hatte. Die Kommission hielt in ihrem Zwischenbericht aber ausdrücklich fest, "dass eine Zuordnung von Medikationen an einzelne, konkret zu benennende Spieler nach Auswertung der Akten der Staatsanwaltschaft Freiburg nicht möglich ist". Der SC Freiburg spielte damals in der zweiten Liga, der VfB Stuttgart befand sich mit Spielern wie Bernd und Karlheinz Förster, Hansi Müller, Karl Allgöwer oder Rainer Adrion auf dem Höhenflug und wurde 1984 deutscher Meister. Löw war damals bei beiden Klubs als Spieler aktiv: 1978 bis 1980 sowie 1982 bis 1984 in Freiburg, 1980/81 in Stuttgart.

"Ich halte das für völlig ausgeschlossen"

"Das ist absurd", sagte der ehemalige VfB-Trainer Hans-Jürgen Sundermann (1976 bis 1979 und 1980 bis 1982) zu den Erkenntnissen: "Ich kann mir das überhaupt nicht vorstellen und halte das für völlig ausgeschlossen." Kommissionsmitglied Singler betonte: "Gezeigt werden können erstmalig die Strukturen des Dopings im Fußball am Beispiel der hauptverantwortlichen Mitwirkung von Prof. Dr. Klümper inklusive der Finanzierung solcher Aktivitäten durch die Vereine." "Wenn's Spitz auf Knopf ging, da haben wir gesagt: 'Mensch Professor, ich muss am Samstag wieder ran.' Da hat man auch mal was Unvernünftiges gemacht", hatte Karlheinz Förster unlängst in einer SWR-Dokumentation gesagt.

Der VfB Stuttgart schrieb in einer Pressemitteilung, dass ihm das Gutachten nicht vorliege. "Aus diesem Grund kann nach dem derzeitigen Kenntnisstand seitens des VfB Stuttgart nicht nachvollzogen werden, worauf die Vorwürfe fußen beziehungsweise ob und wenn ja in welcher Form sie zutreffend sind", hieß es. Festzustellen sei, "dass Prof. Klümper zu keinem Zeitpunkt Vereinsarzt des VfB Stuttgart war". Der Klub betonte, dass er "im Sinne eines sauberen Sports an der lückenlosen Aufklärung des Sachverhaltes interessiert" sei.

Auch Freiburg distanziert sich

Ähnlich lautet die Stellungnahme des SC Freiburg. "Der Sport-Club als Bundesliga-Verein erteilt jeglichen Maßnahmen zu Medikamentenmissbrauch und unerlaubter Leistungssteigerung eine klare Absage", teilte der Fußball-Bundesligist am Montag mit. Dem Verein lägen bislang "keine ausführlichen Ermittlungsergebnisse oder Gutachten" über eine mögliche Medikamentenlieferung vor. "Von daher lässt sich aus Sicht des Vereins aktuell nicht bewerten, wem die genannte Lieferung galt und wer sie angeordnet hat." Unabhängig davon will der SC Freiburg die Aufklärungsarbeit der Freiburger Untersuchungskommission "komplett unterstützen und alles dafür tun, damit die Vorgänge der damaligen Zeit aufgeklärt werden können", teilte der Bundesligist weiter mit.

Beim Bund Deutscher Radfahrer (BDR) fand "Doping vor allem mit anabolen Steroiden in den Jahren zwischen 1975 und 1980 nicht nur in fast flächendeckender Manier auf Veranlassung Klümpers statt", schrieb die Kommission: "Dieses Doping wurde, wie hier erstmals bewiesen werden kann, auch vom BDR aus einem eigenen 'Ärzteplan' finanziert. Dabei ist derzeit nicht auszuschließen, dass auch Minderjährige Dopingmittel erhalten haben könnten." Die neuen Erkenntnisse zum Doping im BDR und im Profi-Fußball wurden in einem etwa 60-seitigen Sondergutachten zusammengefasst. Die Evaluierungskommission werde in den nächsten Wochen darüber beraten, ob sie diesen Text als Zwischenbericht gegebenenfalls vor Abschluss sämtlicher Arbeiten veröffentlichen will.

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