Doping:Die Wada hat sich selbst abgeschafft

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Die Wiederaufnahme Russlands ist ein Affront: Die Wada-Spitze pfeift auf die Wünsche derjenigen, denen der Anti-Doping-Kampf ein echtes Anliegen ist. Das Beste wäre ein klarer Bruch.

Kommentar von Thomas Kistner

Ihr neuestes Bubenstück aus der Reihe Sauberer Weltsport hat die Wada angemessen inszeniert: Während die Vorstände der Welt-Anti-Doping-Agentur mit sorgenvollen Mienen über der Wiederanerkennung der Russland-Filiale Rusada brüteten, durfte die russische Nachrichtenagentur Tass schon mal das neue Sprachrohr der, nun ja, Anti-Doping-Bekämpfung geben: Exklusiv tat sie kund, dass die wegen ihrer Verstrickung ins russische Staatsdoping gesperrte Agentur nun wieder voll anerkannt ist.

Der Vorgang hohnlacht allen Wada-Vorgaben, und das klare Votum zeigt, wie eng die Sportbruderschaft zusammenrückt, wenn der Kreml und das Internationale Olympische Komitee paktieren: Mit 9:2 Stimmen pro Russland wurden die alten Freunde zurück in die Familie komplimentiert. Das ist für sich ein Affront; es zeigt, wie sehr die Wada-Spitze auf Positionen und Wünsche derjenigen pfeift, denen der Kampf gegen den Betrug erkennbar ein Anliegen ist: Athletengremien, engagierte Politiker und Compliance-Experten sowie der Verbund nationaler Anti-Doping-Agenturen (Nados), die seit Jahren die Heucheleien des IOC attackieren.

Die Wada ist eine Mogelpackung

Mit dem Beschluss im Palmschatten der Seychellen hat sich die Wada als ernstzunehmende Ordnungsinstitution abgeschafft. Sie ist eine Mogelpackung aus der IOC-Fertigung. Das IOC stellt neben vier Wada-Vorständen ja auch den Boss, Craig Reedie. Der Brite und Wada-Generaldirektor Olivier Niggli hatten 2015 den Ausbruch der Staatsdoping-Affäre auch mit verhindert, indem sie Enthüllungsmaterial russischer Whistleblower nicht bearbeiten, sondern zurück nach Moskau schicken ließen. Erst, als Medien in die Spur gingen, kam die Affäre in Gang.

Die Nados sind jetzt in Aufruhr, sie müssen ihren Weg alleine gehen. Das Beste wäre ein klarer Bruch. Schon jetzt wollen sie "mit der Wada nicht in einem Atemzug genannt werden", wie Lars Mortsiefer sagt. Den deutschen Nada-Chef irritieren auch die Formulierungshilfen für die Russen, die Wada-General Niggli leistete. Sie lesen sich quasi so: Liebe Russen, klar wollt ihr euer Staatsdoping nicht zugeben, und uns ist das auch wurscht, aber leider müssen wir an die nervigen Athleten, Politiker und Medien denken. Also schreibt's bitte hin. Papier ist geduldig!

Ob der russische Pharma-Spuk vorbei ist? Sieht man die dreisten Deals zwischen Lausanne und Moskau, sieht man die Chuzpe der Doping-Masterplaner, die 2014 in Sotschi sogar ein ganzes Olympia-Event verseucht hatten, dazu die steten Drohungen gegenüber Aufklärern, ist klar: Nein! Alles geht weiter wie bisher.

© SZ vom 21.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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