DFB-Pokal:Preußen gegen Bayern, fast wie in alten Zeiten

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Wegen Umbaus derzeit nur bedingt zugänglich: Das Preußen-Stadion, Baujahr 1926, soll in absehbarer Zeit Zweitligafußball beheimaten. (Foto: Pätzel/Osnapix/Imago)

Am Dienstagabend erwartet Drittliga-Aufsteiger Münster den Rekordsieger aus München. Das Duell erinnert an die große Vergangenheit des SC, der einst Bundesliga spielte, als die Bayern noch unterklassig unterwegs waren - und heute große Pläne hat.

Von Ulrich Hartmann, Düsseldorf

Im Goldenen Buch der Stadt Münster stehen sehr viele Persönlichkeiten. Um nur ein paar zu nennen: Konrad Adenauer, Angela Merkel, Queen Elizabeth II., Charles und Diana, der Dalai Lama und die Münsteraner Tatort-Ermittler Axel Prahl und Jan Josef Liefers. Sascha Hildmann fühlt sich außerordentlich geehrt, dass seine Unterschrift seit dem Aufstieg samt Rathaus-Empfang vor vier Monaten nun ebenfalls in einem so illustren Kreis dort verewigt ist.

Hildmann, 51, ist der Trainer des Drittliga-Aufsteigers SC Preußen Münster. An diesem Dienstag (20.45 Uhr, ZDF) empfangen die Preußen zum nachgeholten Erstrundenspiel im DFB-Pokal den FC Bayern. Thomas Tuchel, Harry Kane, Joshua Kimmich, Thomas Müller? Stehen alle nicht im Goldenen Buch von Münster.

Die Stadt hat viele schöne Ecken: den Prinzipalmarkt, den Dom, den Aasee. Hildmann jedoch findet man außer im Preußen-Stadion eher am Dortmund-Ems-Kanal. Seine Angel hat er immer im Kofferraum. Der Kanal verfüge über sehr sauberes Wasser (Hildmann: "Güteklasse 2") und große Fischvielfalt. Filetiert und zubereitet werden Zander und Brassen dann am liebsten auf der heimischen Dachterrasse.

Ein Pfälzer in Westfalen: Preußen-Trainer Sascha Hildmann. (Foto: Andreas Schlichter/Getty Images)

Von einem Pfälzer in Westfalen erwartet man nicht vorrangig, dass er dort gerne angelt. Aber erwartet man von einem Kaiserslauterer in Münster eher, dass er die Sehnsüchte einer fußballerisch ein bisschen vernachlässigten Stadt erfüllt? Diese Frage können nur Experten bejahen, denn nur sie wissen, dass es vor Hildmann schon einmal ein Kaiserslauterer gewesen ist, der den größten Erfolg des Münsteraner Fußballs angeführt hat: Richard Schneider (1919-1982) war Preußen-Trainer von 1961 bis 1966, also auch in jener Bundesliga-Gründungssaison 1963/64, als die Münsteraner ihr einziges Jahr in der höchsten Liga spielten. Schneider ist mit fünf Jahren Dienstzeit bis heute Preußens Rekord-Trainer. Hildmann geht am 27. Dezember in sein fünftes Jahr. In 15 Monaten könnte er Schneider ablösen.

Dieser Rekord interessiert Hildmann momentan jedoch allenfalls am Rande, und selbst der Pokalknaller, so aufregend er für die Stadt auch sein mag, ist für die Zukunft des Klubs nicht so bedeutsam wie die kommenden Drittliga-Kellerpartien gegen die Tabellennachbarn MSV Duisburg, Hallescher FC und 1860 München. Darin geht es wegweisend um Münsters wichtigstes Ziel: den Klassenverbleib.

Sportdirektor Peter Niemeyer pflegt eine fröhliche Whatsapp-Gruppe mit Marco Rose, Steffen Baumgart und Thomas Reis

Der Torwart Maximilian Schulze Niehues, Kapitän Marc Lorenz, Abwehrchef Thomas Kok oder auch Stürmer Gerrit Wegkamp mit seinen 22 Toren aus der vergangenen Saison - viele der Aufstiegshelden sind an Bord geblieben. Hinzu kamen Spieler wie der Stürmer Malik Batmaz vom Karlsruher SC, Mittelfeldmann Rico Preißinger vom FC Ingolstadt oder der Sechser Luca Bazzoli vom VfB Stuttgart II. Preußens Sportdirektor Peter Niemeyer ist gut vernetzt, genauso wie Hildmann. Er hat 2015 seinen Trainerschein gemacht in einem Lehrgang mit Marco Rose, Steffen Baumgart, Thomas Reis und Florian Kohfeldt. Bis heute pflegt man eine fröhliche Whatsapp-Gruppe.

Die Preußen und die Bayern sind sich in der Bundesliga nie begegnet, weil die Münsteraner 1964 abgestiegen und die Münchner erst 1965 aufgestiegen sind. Es hat bislang bloß drei Aufeinandertreffen gegeben: Ein umjubeltes 2:1 für Münster im Jahr 1966, in einem Testspiel gegen ersatzgeschwächte Münchner. Im Januar 1994 gewannen wiederum die Bayern gegen Münster ein Testspiel 7:0, und im August 2014 siegten sie im DFB-Pokal-Erstrundenspiel in Münster mit 4:1. Bayern-Trainer damals: Pep Guardiola.

Trainer Hildmann hätte das Spiel lieber zu Saisonbeginn gehabt, wegen der Stimmung - und "weil damals Harry Kane noch nicht bei den Bayern war"

Hildmann ist sozusagen demütig-kämpferisch, wenn er sagt: "Die Bayern haben eine brutale Qualität, aber wir werden nicht vor Ehrfurcht erstarren." Das Spiel sei "etwas Besonderes, ganz Münster freut sich", und es könne für seine Preußen auch einen positiven Effekt für die Liga haben. "An so etwas kann man wachsen."

Dass die Münsteraner seit der Auslosung im Juni drei Monate auf dieses Spiel warten mussten, weil die Bayern Mitte August den Supercup gegen RB Leipzig spielten, findet Hildmann aus zwei Gründen suboptimal: "Weil wir das lieber als Spiel rund um den Saisonbeginn gehabt hätten - und weil damals Harry Kane noch nicht bei den Bayern war." Sportlich mag das ein Argument sein, allerdings finden es die Münsteraner Zuschauer gewiss sehr attraktiv, den Engländer nun live im Preußen-Stadion zu erleben.

Mehr als 500 Menschen sind extra Vereinsmitglied geworden, um ihre Chancen auf ein Ticket zu erhöhen. Mehr als 30 000 Tickets hätten die Preußen für das Pokalspiel verkaufen können, doch ihr altes Stadion, Baujahr 1926, bietet wegen eines sukzessiven Umbaus derzeit bloß 12 794 Plätze. Im Jahr 2027 soll alles fertig sein. "Dann", sagte Aufsichtsratsboss Frank Westermann der Lokalzeitung Westfälische Nachrichten, "können die Bayern gerne noch mal wiederkommen". Hildmann hegt derweil höhere Ambitionen: "Mit dem neuen Stadion sollte die zweite Liga schon irgendwann das Ziel sein."

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