SW Rehden im DFB-Pokal:Der Dorfklub, der gegen die Bayern spielt

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Kleine Wimpel für ein großes Spiel: Der Regionalligist Schwarz-Weiß Rehden hat alles vorbereitet für die Pokalpartie gegen den FC Bayern.  (Foto: Ingo Wagner/dpa)

Der ambitionierte Viertligist Rehden wollte den FC Bayern zu Hause empfangen. Doch der DFB verlegt das Spiel wegen Sicherheitsbedenken nach Osnabrück. Anders als seine Sportanlagen sind die Strukturen des Dorfklubs aber schon professionell. An seiner Spitze steht ein Präsident mit ausgezeichneten Kontakten.

Von Jörg Marwedel

Die Rehdener haben wirklich alles getan, um den FC Bayern in die Provinz zu holen. Pep Guardiola oder Franck Ribéry sollten in dem von Gülle-Aromen durchzogenen Flecken im niedersächsischen Landkreis Diepholz quasi vor ihren Bauernhöfen auftreten. Etliche Nächte haben sie bis vier Uhr früh gebrütet, wie die "Waldsportstätte" mit Stahlrohrtribünen für 15.000 Menschen und einem Flutlicht mit der Leuchtkraft von 2000 Lux ausgestattet werden könnten. Am Ende stand ein Konzept von 70 Seiten, ein Sponsor für Windkraftanlagen hätte die Masten aufgestellt. Aber dann siegten doch die Sicherheitsbedenken des Deutschen Fußball-Bundes.

Nun machen sich fast alle der 1800 Einwohner am Montagabend auf ins 48 Kilometer entfernte Osnabrück, wo die erste Runde im DFB-Pokal mit dem Spiel des BSV Schwarz-Weiß Rehden gegen den Triple-Sieger abgeschlossen wird. "Ich kenne eigentlich keinen, der nicht hinfährt", sagt der ehrenamtliche Bürgermeister Wilhelm Grelle.

Wegen der großen Ticket-Nachfrage waren zwischenzeitlich sogar die Telefonleitungen zusammengebrochen. Und weil die ARD das Spiel ebenso live überträgt wie der Bezahl-Sender Sky und jeder Teilnehmer in Runde eins vom DFB 100.000 Euro kassiert, summieren sich die Einnahmen schon ohne die 16.000 Zuschauer im ausverkauften Osnabrücker Stadion für den Regionalligisten auf 438.000 Euro. Die sollen teils in Rücklagen, teils in die Verbesserung der Infrastruktur und natürlich auch ins Team gesteckt werden.

Schon vor der Auslosung gegen die Münchner "sind uns viele gute Spieler angeboten worden", sagt Markus Kompp, der stellvertretende Abteilungsleiter. Denn die Rehdener, die im vergangenen Jahr als Regionalliga-Aufsteiger immerhin Rang neun belegten, sind regional eine gute Adresse. Zwölf Neue haben vor dieser Saison einen Vertrag unterschrieben. "Spieler, die noch für Furore sorgen", glaubt Kompp. Die Bekanntesten im Kader sind die früheren Werder-Talente Kevin Artmann und Francis Banecki, der sogar einen Champions-League-Einsatz aufweisen kann. Doch Banecki wird fehlen gegen die Bayern, er ist verletzt.

Wenn ein Dorfklub in einer Liga spielt, die normalerweise zu groß ist für einen 379 Mitglieder zählenden Verein, steckt fast immer ein finanziell erfolgreicher Mann dahinter. Einer, der sich diesem Klub total verschrieben hat, seine Kontakte spielen und auch etwas springen lässt. In Rehden ist das Friedrich Schilling, 62. Der Anwalt und Steuerberater scheint ein Tausendsassa zu sein. Er macht auch noch in Immobilien und besitzt diverse Handwerksbetriebe.

Der Fußballtrainer des BSV Rehden: Predrag Uzelac (Foto: dpa)

Seit zehn Jahren ist er BSV-Vorsitzender, viele Geschäftsfreunde hat er zu Sponsoren gemacht. Und nach dem Regionalliga-Aufstieg 2012 hat er die erste Mannschaft ausgegliedert und eine Kapitalgesellschaft gegründet. Das ist dann doch etwas überraschend, denn die Rehdener Fußballer sind ja keine Vollprofis und trainieren meist nur abends. Viele arbeiten bei Sponsoren des Klubs oder in einem der Schillingschen Betriebe.

Doch für Kompp, einen 30-jährigen Wirtschaftsjuristen, den Schilling Anfang des Jahres in seinem kleinen Imperium anstellte, ist das überhaupt nicht abwegig. "Was bei den Profis gut ist, muss bei den Amateuren nicht verkehrt sein", sagt der gebürtige Schwabe. Auch Regionalligisten seien "mittelständische Unternehmen" und könnten sich besser verkaufen, wenn dahinter eine Firma steckt. Immerhin hat Kompp, so erzählt er das jedenfalls, dem vorher mit 1,2 Millionen Euro verschuldeten Bayernligisten SpVgg Bayreuth zuletzt eine schwarze Null beschert. Auch die Bayreuther haben ihre erste Mannschaft im Mai in eine Spielbetriebs-GmbH ausgegliedert.

Womöglich reicht so ein Konzept ja sogar für die dritte Liga. Trainer Predrag Uzelac sieht sich jedenfalls noch nicht am Ende des Aufschwungs. Schilling und seine Mitstreiter im Vorstand wollen den Klub dagegen erst einmal dauerhaft tauglich machen für die Regionalliga.

Übrigens: Vor zehn Jahren, zu Beginn der Schilling-Ära, trafen die seinerzeit fünftklassigen Rehdener schon einmal im DFB-Pokal auf einen Münchner Klub. Damals gewann der Erstligist TSV 1860 locker vor 6000 Zuschauern in der "Waldsportstätte" mit 5:1. Zumindest die Löwen, das darf man mutmaßen, würden sich inzwischen deutlich schwerer tun gegen den aufstrebenden Klub aus der Gülle-Landschaft.

© SZ vom 05.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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