DFB-Machtkampf:Kratzen an der Lagerbildung

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Stiller Strippenzieher: Rainer Koch, 62, ist seit 2007 Vizepräsident beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) und führte den Verband schon zweimal interimistisch. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Die Liga sperrt den DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius von ihren Sitzungen aus - nun rückt ausgerechnet der mit Curtius verbündete Rainer Koch nach. Das könnte die Statik des Machtkampfes verändern.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner, Frankfurt

Seit dem Wochenende hat der Strippenzieher und Multifunktionär Rainer Koch einen weiteren Job. Er amtiert jetzt nicht mehr nur als Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), als Vorstand in Europas Fußball-Union Uefa sowie als Chef des Bayerischen und des Süddeutschen Fußballverbandes. Er ist auch noch Abgesandter des DFB für die Gremien der Deutschen Fußball-Liga (DFL), des Interessensverbunds der Profiklubs - anstelle von Generalsekretär Friedrich Curtius. Die Liga hatte den obersten DFB-Hauptamtlichen wegen fehlenden Vertrauens aus ihren Sitzungen ausgeladen und DFB-Chef Fritz Keller gebeten, eine andere Person zu entsenden.

Dass diese Rolle nun Koch, 62, übernimmt, ist in der aktuellen Auseinandersetzung zwischen Keller, 63, und Curtius, 44, eine bemerkenswerte Personalie. Der Entscheid könnte sich auf die Statik dieses anhaltenden Machtkampfs auswirken.

Denn im Streit Keller/Curtius steht die Liga klar auf Kellers Seite - während Koch ebenso wie Schatzmeister Stephan Osnabrügge im Lager von Curtius verortet wird. Da wirkt es zunächst schräg, wenn der DFB-Präsident statt des umstrittenen Generalsekretärs nun dessen Verbündeten in die Liga-Gremien entsendet; noch dazu einen, bei dem es schon öfter Spannungen mit der DFL-Spitze um Christian Seifert gab.

Der umstrittene Vertrag wurde just mit einem alten Bekannten Kochs abgeschlossen

Noch pikanter macht die neue Konstellation ein weiterer Aspekt: Das kaum verhohlene Hausverbot der Liga für Curtius fußt ja auf dem Vorwurf, "dass in mehreren Fällen Indizien darauf hinweisen, dass Dienstleister, die durch den Generalsekretär im Namen des DFB beauftragt wurden und/oder an ihn berichten, Informationen und Interpretationen an Medien übermittelt haben, die darauf gerichtet waren, das Ansehen der DFL zu beschädigen". Curtius wies das zwar zurück, aber längst sind die Fragen um das Berater- und Dienstleister-Thema so gravierend, dass der DFB jüngst eine externe Untersuchung anberaumte. Speziell im Fokus steht dabei ein gut dotierter Vertrag für mediale Begleitarbeiten, der 2019 just mit einem alten Bekannten von Koch geschlossen worden. Alles Zufall? Jedenfalls muss die Vertraulichkeit, die die Liga bei Curtius gefährdet sah, nun ausgerechnet von Koch gewahrt bleiben.

Insofern könnte hinter dessen Entsendung ins Liga-Gremium auch eine strategische Idee der Keller-Seite stehen: die Wagenburg aufzuweichen. Strippenzieher Koch wird nun auf die Bühne geschoben, als DFL-Emissär kann er dann direkt beurteilen, ob stimmt, was seitens der Curtius-Allianz gern subtil verbreitet wird: dass die Liga hinter all den Verwerfungen stünde, weil sie hinter den Kronjuwelen des DFB (Pokal, Nationalteams etc.) her sei.

Curtius musste sich letzte Woche sogar bei Wikipedia entschuldigen

Das Lager um Curtius, Koch und deren teure Helfer steht heftig unter Druck. Beratungs-Kapriolen fliegen auf, am Freitag musste sich der DFB offiziell bei Wikipedia entschuldigen - für eine nicht regelkonforme Personality-Pflege für den Generalsekretär auf dessen Online-Lexikon-Seite. Rund 20 000 Euro hatte die verschlungen.

Der Druck wächst auch in Hinblick auf das Steuerverfahren der Staatsanwaltschaft Frankfurt; unter den Beschuldigten soll es widerstreitende Ansichten zum weiteren Vorgehen geben. Es geht dabei um angeblich falsch deklarierte Einnahmen aus der Bandenwerbung 2014/15 und betrifft von den aktuellen Funktionären just das Trio Koch, Osnabrügge und Curtius. Alle drei weisen die Vorwürfe zurück. General Curtius und Schatzmeister Osnabrügge haben primär mit Steuer-Fragen zu tun; Koch war bei Abgabe der Steuererklärung für 2014 DFB-Interimschef. Er betont, dass er mit dem Steuerthema nie etwas zu tun hatte.

Es brennt an allen Ecken, Koch rückt in den Fokus. Der stille Vize, der in einer Ära, die gleich drei Präsidenten verschliss, immer mächtiger wurde. Ihn auf der Bühne greifbarer zu machen, wirkt wie eine Rochade Kellers: dem DFB-Chef, der wie seine Vorgänger beim ewigen Königsmacher Koch offenkundig längst in Ungnade gefallen ist.

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