Rechtsstreit um neues Berater-Reglement:Gericht verdonnert DFB zu Strafzahlung

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DFB-Präsident Bernd Neuendorf (re.) und Fifa-Boss Gianni Infantino. (Foto: Federico Gambarini/dpa)

Neuer Justiz-Ärger für den DFB: Das LG Dortmund setzt ein Ordnungsgeld von 150 000 Euro an - weil der Verband ein Urteil des Gerichtes nicht richtig umsetzt.

Von Thomas Kistner

Der Deutsche Fußball-Bund und die Justiz: Große Freundschaft wird nicht mehr daraus. Nun fügte das Landgericht Dortmund dieser angespannten Dauerbeziehung ein weiteres Kapitel hinzu. Es setzte ein Ordnungsgeld von 150 000 Euro gegen den DFB fest, sowie für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, einen Tag Ordnungshaft pro 1500 Euro.

Anlass ist ein Rechtsstreit um die Umsetzung eines neuen Spielerberater-Reglements namens FFAR (Fifa Football Agent Regulations), das nach dem Willen des Weltverbandes Fifa ab 1. Oktober weltweit vollständig in Kraft treten soll. Das LG Dortmund schob diesem Ansinnen bereits im Mai per Einstweiliger Verfügung einen Riegel vor; demnach dürfen weder die Fifa noch der DFB als nationaler Stellvertreter des Weltverbands das neue FFAR-Vermittlerrecht umsetzen oder anwenden. Aber der DFB, so sieht es nun die Justiz, halte sich nicht an diese Untersagung des Gerichts.

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Der DFB teilte auf SZ-Anfrage mit, er halte diesen Beschluss für falsch und werde Rechtsmittel dagegen einlegen. Unabhängig hiervon werde er die im Mai-Urteil "auferlegten Pflichten selbstverständlich weiterhin beachten".

Für die Dortmunder Richter verstößt das neue Reglement gegen das Kartellrecht

Hintergrund der Auseinandersetzung: Die Dortmunder Richter sehen im FFAR-Reglement klare Verstöße gegen das Kartellrecht. Die Fifa will damit unter anderem eine Lizenzierungspflicht für alle Agenten, Obergrenzen für Beraterprovisionen und die Beschränkung von Mehrfachvertretungen verfügen. Hinzu kommt eine originelle neue Finanzordnung: Alle Branchenzahlungen sollen künftig durch eine Fifa-Clearingstelle laufen. Dafür hat der Weltverband eigens eine Banklizenz erworben.

Seither toben europaweit Gerichtsstreitereien zwischen der Fifa sowie den mächtigen Spielerberatern und deren Verbänden. Letztere hatten den gut besoldeten Fifa-Vorständen um Gianni Infantino, zu denen seit Kurzem auch der DFB-Präsident Bernd Neuendorf zählt, sogar mit persönlichen Konsequenzen durch die US-Justiz gedroht. Parallel dazu erging kürzlich ein denkwürdiges Urteil des obersten Sportgerichtshofs Cas in Lausanne: Das Schiedsgericht hatte, ohne viel Kartellkompetenz vorzuweisen, das Fifa-Reglement für okay und anwendbar erklärt. Die Fifa bejubelte öffentlich eine angebliche "Rechtssicherheit", die die Schiedsrichter hergestellt hätten.

Die Agenten-Lobby konterte sogleich über ihre Vereinigung "The Football Forum" (TFF), dass sie dieses Cas-Verfahren nur als eine vom Weltverband gesteuerte Inszenierung betrachte - speziell auch in Hinblick auf den neuen und faktisch völlig bedeutungslosen Beraterverband, der die Cas-Klage formal geführt hatte.

Die Richter rügen, dass der DFB teils fehlerhaft über das Urteil informiere

Das Urteil des LG Dortmund von Mai ist zwar vorläufig; ein Einspruch von DFB und Fifa wird im Januar vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verhandelt. Aber auch schon das LG Mainz hatte, ebenfalls auf Klage von Beraterseite, die Klärung der FFAR-Causa an den Europäischen Gerichtshof verwiesen. Darauf beziehen sich auch die Kollegen in Dortmund.

In ihrem aktuellen Beschluss urteilen die Richter, dass sich der DFB nicht an die im Mai-Urteil verfügten "Unterlassungspflichten" halte und dass er sogar teils fehlerhaft informiert habe; speziell über den Wirkungsgrad des Urteils. Explizit bezieht sich das Gericht auf ein Rundschreiben, in dem es heißt, das Verbot des LG beschränke sich "nur auf nach deutschem Recht beschlossene Vereinbarungen" von Agenten mit Spielern, Trainern und Klubs, "die in Deutschland ansässig sind". Das sei viel zu kurz gegriffen, heißt es im Beschluss. Tatsächlich erstrecke sich das Verbot auf jede deutsche Beteiligung, egal wo: Entscheidend sei allein der "Marktort" der Agentenleistung, nicht die Frage, "wo die Handelnden ansässig sind oder welchem nationalen Recht ein Vertrag unterworfen wird".

Ansonsten wäre das Verbot leicht umgehbar, indem beim Transfer ausländisches Recht vereinbart wird. Diese Feststellung der Dortmunder Richter besitzt höchste Brisanz, falls das OLG Düsseldorf im Januar das LG-Urteil bestätigen sollte. Schon jetzt gilt: Jede Spieleragentur könnte mal eben eine Dependance in Deutschland aufmachen, um nicht mehr dem FFAR zu unterliegen - selbst, wenn ein Profi nur von Spanien nach Italien oder Frankreich nach England wechselt.

Spannend könnte nun auch sein, wie das Transfergeschäft in der aktuell laufenden Periode abgewickelt wurde - und ob bei manchen Klubs nun womöglich ein juristisches Chaos eintritt.

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