DFB-Frauen nach dem WM-Aus:Vom Mut verlassen

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Enttäuschung überall: Silvia Neid (links), Simone Laudehr und Célia Šašić. (Foto: Carmen Jaspersen/dpa)

Nur wenige Spielerinnen zeigen Ecken und Kanten, der Rest ist bemüht, bloß keine Fehler zu machen: Woran die DFB-Frauen nach dem WM-Aus arbeiten müssen.

Kommentar von Kathrin Steinbichler, Montréal

Vor zwei Jahren in Stockholm hatten die deutschen Fußballerinnen noch eine rauschende Sommernacht gefeiert. Der Sieg bei der Europameisterschaft 2013 in Schweden kam unerwartet, schließlich war die Auswahl des Deutschen Fußball-Bunds durch zahlreiche Verletzungen und Ausfälle zwangsläufig verjüngt worden. Unerfahren, aber leidenschaftlich hatte sich die DFB-Elf durchs Turnier gespielt, der Erfolg am Ende war auch die Belohnung für den Mut, auf die gut ausgebildete Jugend zu setzen. Ausgerechnet jetzt, im Weltmeisterschafts-Halbfinale gegen die abgezockte USA, hat die deutsche Elf dieser Mut verlassen.

Bundestrainerin Silvia Neid wechselte spät und auch nur einmal , obwohl vor allem die etablierten Kräfte auf dem Feld sichtlich neuen Schwung hätten vertragen können. Vielleicht ahnte die Trainerin, dass der Überraschungseffekt ihrer Talente bei dieser WM nicht bis zum Ende reichen würde. Die Kraft für Tempoläufe und überlegte Anspiele in einem eng umkämpften Spiel wie gegen die USA war offenbar aufgebraucht.

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Von Kathrin Steinbichler

Bloß keine Fehler machen

Vor der WM war sich der DFB sicher, mit seinen vielen jungen Spielerinnen in der Mannschaft wundervolle Zukunftsaussichten zu haben. Das Reservoir an technisch beschlagenen, taktisch geschulten Fußballerinnen im DFB ist wohl auch wirklich eines der größten weltweit. Gerade im Spiel gegen die USA aber war zu erkennen, was dieser jungen Mannschaft noch fehlt: Kaltschnäuzigkeit und eine gewisse Bereitschaft, sich auch einmal unbeliebt zu machen. Beim Gegner, bei den Fans, bei den Medien und auch beim Verband selbst.

Unter den Älteren in der Mannschaft sind es nur die scheidende Nadine Angerer sowie die erfahrene Simone Laudehr, die Ecken und Kanten zeigen und sich auch auf dem Platz nichts gefallen lassen. Der große Rest der Mannschaft ist darum bemüht, bloß keine Fehler zu machen. Was im Spiel gegen die USA zu sehen war. Auch die anderen Nationen sind athletischer, technisch präziser und taktisch reifer geworden. Den Unterschied im Frauenfußball machen heute die Trainerinnen sowie Spielerinnen, die nicht nur fachlich gut sind, sondern sich trauen, unberechenbar zu bleiben und ein Dominanzverhalten an den Tag zu legen, für das Spitzensportlerinnen von ihren Verbänden und in der Öffentlichkeit viele Jahre kritisiert worden sind. Genau darin liegt der Schatz, den der DFB nun in den nächsten Jahren heben muss.

Bundestrainerin Silvia Neid hatte dieses Verhalten in Schweden gefördert, sie ist sicher: "Die Spielerinnen werden aus dieser Niederlage lernen und sich weiter entwickeln." Schon im nächsten Sommer, bei den Olympischen Spielen 2016 in Brasilien, kann die Mannschaft sich wieder ausprobieren. An Erfahrung wird es ihr dann mit Sicherheit nicht mehr mangeln.

© SZ vom 02.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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