Länderspiele:Zu viel Risiko im Spiel

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Dortmunds Erling Haaland: Müsste mit Norwegen nach Gibraltar reisen (Foto: Getty Images)

Britische Virusmutation, Quarantäne-Regeln: Viele Vereine in Europa wollen ihre Nationalspieler für die Länderspiele nicht abstellen. Manche Teams trifft das hart.

Von Celine Chorus, München

Die Abstellung der Nationalspieler war für Jürgen Klopp, den Trainer des FC Liverpool, bereits vor zwei Wochen ein rotes Tuch: "Alle Vereine sind sich einig, dass wir die Jungs nicht einfach gehen lassen können und dann die Situation klären, wenn sie zurückkommen", klagte der 53-Jährige mit finsterer Miene. Er verstehe die "Zwänge der Verbände", beteuerte Klopp, "aber wir müssen uns eingestehen, dass die Spieler von den Vereinen bezahlt werden" - und die Interessen der Klubs somit Priorität genießen müssten.

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Mit seiner Ankündigung, die Spieler für die umstrittenen anstehenden Länderspiele nicht freistellen zu wollen, ist Klopp nicht alleine. Auch der Trainer des FC Bayern, Hansi Flick, betonte, dass man die Entscheidung der Behörden abwarten und dann im Sinne des Vereins entscheiden werde: "Wir wollen die Spieler direkt wieder im Training und im Spielrhythmus haben. Davon wird die Entscheidung abhängen", sagte Flick am Mittwoch. Noch sei "nichts beschlossen", aber eines sei klar: Der FC Bayern gebe niemanden für Länderspiele frei, der danach wegen Quarantäne das unmittelbar folgende Liga-Topspiel bei RB Leipzig (3. April) verpassen würde.

Laut den aktuellen Einreisebestimmungen in vielen Ländern müssten sich Spieler nach der Reise in ein Hochrisikogebiet in eine 14-tägige Isolation begeben. Davon betroffen wären in der Bundesliga etwa Robert Lewandowski (FC Bayern), der mit Polen in England spielen würde, oder Erling Haaland (Borussia Dortmund), der mit Norwegen ins britische Überseegebiet Gibraltar reisen müsste. Der Weltverband Fifa hatte die Vereine deshalb bei vorgeschriebenen Quarantänen von mehr als fünf Tagen von der Abstellungspflicht befreit.

"Es wird in der ganzen Bundesliga darüber nachgedacht, Spieler eventuell nicht abzustellen", monierte auch Eintracht Frankfurts Trainer Adi Hütter: "Grundsätzlich finde ich es nicht gerade intelligent, dass man diese Spiele jetzt austrägt." Nach Beratungen mit den Vereinen der Ligue 1 und Ligue 2 hat der französische Profifußball entschieden, keine Profis für Länderspiele außerhalb der Europäischen Union freizugeben.

Mit jedem Verein, der sich gegen eine Abstellung entscheidet, wird die Aufgabe für die Verbände schwieriger

Auch Bundestrainer Joachim Löw bereiteten die geltenden Verordnungen einzelner Länder vor dem Start in die WM-Qualifikation Sorgen, vor allem die Einstufung Großbritanniens als Virusvariantengebiet. Fraglich war, ob die in England beschäftigten Timo Werner, Kai Havertz, Antonio Rüdiger, Bernd Leno und Ilkay Gündogan gegen Island (25. März) und Nordmazedonien (31. März) mitwirken dürfen. Am Donnerstag gab der DFB Entwarnung: Laut Gesundheitsamt Duisburg dürften die Spieler aus der Premier League einreisen. Es gelten aber strenge Corona-Auflagen wie die Einhaltung der sogenannten Arbeitsquarantäne außerhalb des Spiel- und Trainingsbetriebs. Von einer Nominierung des Quintetts nur für das Spiel in Rumänien (28. März) hätte Löw abgesehen. Eine Verlegung der Länderspiele ins Ausland, damit auch die England-Legionäre mitwirken können, sei nicht infrage gekommen: "Wir halten uns an die Regeln und haben auch nie in Betracht gezogen, die Länderspiele in einem anderen Land auszutragen", betonte DFB-Direktor Oliver Bierhoff.

Ab dem 25. März stehen in Europa sowie Nord- und Mittelamerika Qualifikationsspiele für die WM 2022 auf dem Programm. Dass nicht alle Spieler dafür eine Freigabe vom Klub erhalten, stoße in der Mannschaft des VfL Wolfsburg auf großes Verständnis: "Das ist für die Spieler alles nachvollziehbar. Sie akzeptieren die Entscheidung", betonte Trainer Oliver Glasner. Auch Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann hat angekündigt, dass RB niemanden abstellen werde, der anschließend im Spitzenspiel gegen die Bayern fehlen würde.

Mit jedem Verein, der sich gegen eine Abstellung entscheidet, wird die Aufgabe für die Verbände allerdings schwieriger. Österreichs Nationaltrainer Franco Foda, der beim WM-Qualifikationsspiel in Schottland unter anderem auf David Alaba (FC Bayern) und wohl auch auf Marcel Sabitzer (Leipzig) verzichten muss, hat vorsorglich einen XXL-Kader nominiert - mit 43 Spielern, darunter 19 aus deutschen Klubs.

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