DFB:Ein Fall für die Panzerknacker

Lesezeit: 2 min

Rätselraten: Der DFB zieht um, die Hinterlassenschaft löst Erstaunen aus. (Foto: Imago)

Beim Umzug aus der alten Frankfurter Zentrale findet der Deutsche Fußball-Bund gleich vier Tresore - von zweien kennt er bislang weder Inhalt noch Zugangscodes. Das könnte happige Fragen aufwerfen.

Von Thomas Kistner, München

Es hat Tradition im Hause DFB, dass man zu Vorgängen im Innersten keine Kenntnisse besitzt. Das hat sich in den turbulenten sieben Jahren seit Ausbruch der WM-Sommermärchen-Affäre immerzu gezeigt: stille Treffen, mysteriöse Berater mit mysteriösen Aufgaben und Verträgen, interessante Geldflüsse und Steuerpraktiken. Nie konnte die flott wechselnde Führungsriege das liefern, was alle stets vollmundig versprachen: Aufklärung. Oder zumindest schlüssige Erklärungen.

Seit Wochen herrscht wieder großes Rätselraten beim Deutschen Fußball-Bund. Bei den Umzugsarbeiten aus der Frankfurter Otto-Fleck-Schneise in den neuen, mit 150 Millionen Euro Kosten legendär teuren DFB-Campus fanden sich gleich vier Tresore, verteilt auf zwei Räume, von deren Existenz partout niemand wusste. Das enthüllte am Mittwoch die Bild. Recherchen der SZ fördern zusätzliche, womöglich happige Fragen zutage.

Drei Tresore standen im Erdgeschoss neben dem Getränkelager, der vierte im Kellerbereich neben der hauseigenen Partykneipe. Geöffnet werden konnten bislang zwei Tresore. Eine Tür war laut Bild mit einem achtstelligen Zahlencode gesichert, jeweils vier der acht Ziffern kannte eine Person aus der Rechtsabteilung sowie eine aus der Finanzabteilung. Gefunden wurde wenig Spektakuläres: der Nachlass des 1977 verstorbenen Ex-Bundestrainers Sepp Herberger, Goldmünzen und Währungen aus vielen Ländern, Halsketten von Herbergers Ehefrau sowie Feingoldbarren von insgesamt 350 Gramm. Letzteres entspräche einem Wert von knapp 20 000 Euro. Im zweiten Safe lagen Ticketmaterialien für DFB-Länderspiele.

Und die anderen Tresore? Warum hat dort niemand Zugang - niemand aus dem aktuellen DFB?

Der langjährige DFB-Generalsekretär (bis 2007) und Schatzmeister (bis 2013) Horst R. Schmidt teilt der SZ mit, dass ihm seinerzeit nur zwei Tresore bekannt gewesen seien. Einer hätte eben Herbergers Nachlass geborgen, dessen Erbe der DFB nach dem Tod der Ehefrau antrat. Das Ticketmaterial im anderen Safe habe man früher gebraucht.

Bei den anderen zwei Tresoren muss der alte Fahrensmann Schmidt passen, der seit 1974 im DFB gewirkt hatte. Seltsam sei das, sagt er, "die zusätzlichen Tresore kenne ich nicht". Sie könnten später angeschafft worden sein. "Mir wäre das in meiner Zeit nicht verborgen geblieben, denn ich hab mich auch um solche Dinge gekümmert." Seinem Nachfolger Reinhard Grindel habe er zudem "eine Auflistung der Dinge hinterlassen".

Nur: Weder Grindel, DFB-Chef von 2016 bis 2019, noch dessen Amtskollegen Fritz Keller, Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger waren alle Tresore bekannt. Und auch das Personal konnte ja nur zwei Safes öffnen - jene, die auch Schmidt kennt. Sollten die anderen erst nach 2013 angeschafft worden sein, reichen sie in eine höchst brisante Zeit hinein. 2016 brach die WM-2006-Affäre aus, fortan herrschten im DFB nur noch Affären.

Jetzt müssen die Panzerknacker ran. Was auch daran erinnert, dass der DFB keineswegs in jenen ruhigen Fahrwassern fährt, die Präsident Bernd Neuendorf so gern beschwört. Noch laufen allerlei Strafermittlungen. Da hilft es gemeinhin, wenn nicht auf einmal zwei ominöse Safes hinzukommen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: