Test vor der Handball-WM:"Wir verschenken ein eigentlich gewonnenes Spiel"

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War einer der auffälligsten Spieler bei den Deutschen: Juri Knorr. (Foto: IMAGO/Tilo Wiedensohler/IMAGO/camera4+)

Die DHB-Auswahl hat den ersten von zwei Tests vor der Handball-WM trotz eines phasenweise starken Auftritts gegen Island verloren. Bundestrainer Gislason hadert mit dem Ergebnis, findet aber auch lobende Worte.

Bundestrainer Alfred Gislason wirkte ein wenig missmutig - und auch seine Schützlinge haderten mit der ebenso unnötigen wie ärgerlichen Niederlage im vorletzten WM-Test gegen Island. Beim 30:31 (18:14) im Duell mit dem EM-Sechsten bot die DHB-Auswahl am Samstag in Bremen über weite Strecken eine starke Vorstellung, die Hoffnungen für eine erfolgreiche Weltmeisterschaft weckte, konnte sich dafür aber nicht belohnen.

"Größtenteils war das ein sehr gutes Spiel von uns. Aber was ärgerlich ist: Wir verschenken ein eigentlich gewonnenes Spiel", sagte Gislason. "Wir haben eine gute Abwehr gestellt und das im Innenblock gut gelöst", lobte der Isländer nach dem ersten Länderspiel gegen sein Heimatland. "Für uns war das sehr lehrreich. Man hat gesehen, dass der zweite Anzug noch nicht so sitzt."

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:Der Isländer und das "deutsche" Problem

Die WM steht an - und schon wieder fehlen einige der besten Spieler im Nationalteam. Offenbar genießt die deutsche Auswahl nicht bei allen Profis oberste Priorität. Doch dafür gibt es Gründe.

Kommentar von Carsten Scheele

Vor 8872 Zuschauern in der ausverkauften ÖVB-Arena waren Kapitän Johannes Golla und Spielmacher Juri Knorr mit jeweils sechs Toren beste Werfer für das DHB-Team, das eine Viertelstunde vor dem Ende noch mit sechs Toren in Führung lag.

"Es ist schon ärgerlich, dass dieses Ergebnis auf der Anzeigetafel steht", sagte Knorr. "Wir machen ein tolles Spiel, am Ende aber zu viele Fehler." Kreisläufer Golla pflichtete ihm bei: "Ich sehe natürlich auch das Positive, aber aktuell ist da keine Zufriedenheit, denn wir haben das Spiel zu leicht aus der Hand gegeben."

Ähnlich bewertete der starke Torwart Andreas Wolff den Auftritt. "Wir haben im Angriff lange sehr variabel und effizient gespielt und in der Abwehr kämpferisch überzeugt. Die Jungs haben gegen die Weltklassespieler der Isländer eine fantastische Beinarbeit gezeigt", lobte er und kündigte an: "Wir wollen uns morgen für die Niederlage revanchieren."

Am Sonntag (15.30 Uhr/ZDF.de) treffen beide Teams in Hannover zur WM-Generalprobe erneut aufeinander. Bei der am kommenden Mittwoch beginnenden Endrunde in Polen und Schweden spielt die deutsche Mannschaft in der Vorrunde gegen Asienmeister Katar, Serbien und Algerien.

Juri Knorr überzeugt im deutschen Team

Die deutsche Mannschaft benötigte eine kurze Anlaufzeit, um ihren Rhythmus zu finden, und lag schnell mit 0:3 hinten. Erst in der 5. Minute gelang Philipp Weber in Überzahl der erste Treffer. Nach und nach stellte sich der Gastgeber jedoch besser auf den Gegner ein und kam beim 4:4 (10.) zum Ausgleich. Kurz darauf sorgte Rechtsaußen Patrick Groetzki mit seinem Tor zum 7:6 für die erstmalige Führung.

Die Abwehr stand nun kompakter und dahinter erwies sich Torwart-Routinier Andreas Wolff, der schon 2016 beim EM-Triumph dabei war, als starker Rückhalt. Der 31-Jährige hatte mit etlichen Paraden großen Anteil daran, dass der Vorsprung beim 14:10 (23.) auf vier Tore anwuchs. Im Angriff glänzte vor allem Spielmacher Knorr. Der 22-Jährige von den Rhein-Neckar Löwen setzte seine Nebenleute oft gekonnt in Szene und suchte auch selbst immer wieder den Abschluss. Entsprechend zufrieden verfolgte Gislason, für den es das erste Duell mit seinem Heimatland war, an der Seitenlinie das Geschehen. "Er war überragend in der ersten Halbzeit", lobte der 63-Jährige den Jüngsten im deutschen Team. "Aber in den letzten 15 Minuten hat auch Juri viele technische Fehler gemacht."

Gegen Ende wechselt Gislason die Mannschaft durch - es folgt ein Bruch im Spiel

Wie schon zu Beginn verschlief die deutsche Mannschaft auch die Startphase in die zweite Hälfte. Innerhalb von nur drei Minuten kamen die Isländer bis auf ein Tor heran. Doch die Gislason-Schützlinge zeigten sich davon unbeeindruckt. Mit einem eigenen 6:0-Lauf zum 23:17 zog das DHB-Team sogar auf sechs Tore davon.

Der Bundestrainer nutzte den klaren Vorsprung zu personellen Experimenten und wechselte fast komplett durch. So rückte Joel Birlehm für Wolff zwischen die Pfosten, als Spielmacher durfte sich nun der Leipziger Luca Witzke beweisen. "Da ist ein kleines bisschen ein Bruch ins Spiel gekommen", konstatierte Gislason. Knapp acht Minuten vor Schluss waren die Isländer beim 26:25 wieder auf ein Tor heran und gingen wenig später erstmals wieder in Führung. Gislason reagierte und schickte wieder sein Top-Trio im Rückraum sowie Stammtorwart Wolff auf das Parkett. Doch das half am Ende nichts mehr.

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