Deutscher Fußball-Bund:Das vertagte Beben

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DFB-Präsident Fritz Keller am Rande eines Länderspiels im März. (Foto: Federico Gambarini/dpa)

Der DFB versucht, den Unmut der Basis mit einer neuen Gesprächsrunde zu klären. Zugleich herrscht wegen eines ominösen Beratervertrages weiter eine ungemeine Nervosität.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner, Frankfurt

Eine recht verräterische Stille herrschte an diesem Wochenende auf Seiten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). In den vergangenen Monaten war es im Machtkampf zwischen dem Präsidenten Fritz Keller, 63, und dem Generalsekretär Friedrich Curtius, 44, nach wichtigen Sitzungen zu ungewöhnlichen Pressemitteilungen gekommen. Als das Tagungsprogramm am Freitag beendet war - erst fand sich das DFB-Präsidium zusammen, dann der knapp 50 Mitglieder fassende DFB-Vorstand -, verlautbarte zum andauernden Konflikt offiziell nichts Neues. Aber das heißt keineswegs, dass eine Entspannung eingesetzt hätte. Ganz im Gegenteil.

Im Verband regiert weiter größte Nervosität, und längst begehrt die Basis ob der Zustände an der Spitze auf. Der Zoff unter dem Führungspersonal hat eine epische Dimension erreicht, insbesondere wegen des zunehmend ominösen, ziemlich üppig dotierten Wirkens eines Medienberaters, der zum Lager von Curtius und einem guten Bekannten, dem Vizepräsidenten Rainer Koch, gerechnet wird, und der gegen Präsident Keller kürzlich sogar eine Strafanzeige stellte. Dabei geht es um den Verdacht auf Geheimnisverrat, weil Unterlagen zum Beratervertrag in den Medien landeten.

Die DFB-Sitzungen am Freitag liefen jedenfalls in der Erwartung ab, dass bald weitere Enthüllungen rund um diesen Berater erfolgen. Auch steht noch ein abschließender Bericht der verbandsinternen Ethiker zum Beraterthema aus; das Gremium prüft offenkundig sehr sorgfältig die vielen Informationen in der Causa. Das verschaffte den Beteiligten die Gelegenheit, nochmal zu verschnaufen, bevor das große Beben kommt.

Offiziell befindet sich der DFB ja in dem im Januar verkündeten Versuch, im Konflikt zwischen Präsident und General "Regeln und Rollen für eine künftige gemeinsame professionelle Zusammenarbeit zu diskutieren und festzulegen". Seither gab es nur allerlei Eskalationen, die das fromme Projekt ad absurdum führten. Am Freitag legten drei DFB-Vizepräsidenten - Peter Frymuth, Günter Distelrath und Ronny Zimmermann - eine Analyse vor.

Das Trio war als eine Art Schlichtergremium eingesetzt worden, nun forderte es dem Vernehmen nach zwar nicht, dass irgendeiner der maßgeblichen Protagonisten seinen Posten verlassen müsse. Dennoch sollen im Zuge ihrer Erkenntnisse deutliche Worte gefallen sein. Etwa in Hinblick auf das Wirken des Generalsekretärs, das in der Verbandszentrale wohl skeptischer gesehen werde, als es dessen Unterstützer gern behaupten; auch hieß es, dem Präsidenten sei eine fordernde Anspruchshaltung attestiert worden, mit der sich mancher überfordert fühle. Angedacht sei überdies, dass es bald noch einmal zu einem ausführlichen Gespräch der Führungsvertreter mit den Vertretern der Landesverbände kommt.

Diese Basis hatte jüngst einen Hilferuf gesandt, weil viele der 21 Landespräsidenten den Zustand an der Spitze des Dachverbandes nicht mehr aushalten. Ein gedeihliches Miteinander sei mit Blick auf "die aktuelle Konstellation undenkbar", hieß es in einem Briefentwurf ob der andauernden Konfrontation zwischen Keller einerseits sowie Curtius, Koch und Schatzmeister Stephan Osnabrügge andererseits. Das Schreiben fußte auf dem Verlauf einer Sitzung der Landesverbände Anfang März, nach der einige Anwesende regelrecht schockiert gewesen waren ob des Verhaltens der DFB-Spitze. Im Licht der anhaltenden Entwicklungen erscheint äußerst fraglich, ob sich der Eindruck noch revidieren lässt.

Vieles deutet auf eine Lösung hin, die in Teilen der Verbandes ohnehin bereits diskutiert wird: vorgezogene Neuwahlen bei einem Bundestag im Spätsommer (SZ vom 23.04.). Wahlen stehen eigentlich erst 2022 an, aber angesichts der verfahrenen Situation könnte gerade das jetzt ein Königsweg sein. Dann würde sich zeigen, welcher Funktionär überhaupt wieder antritt - und auf welche Seite sich die zirka 260 Delegierten stellen, die stellvertretend für die Basis am Bundestag teilnehmen.

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