Deutscher Eishockey-Bund:"Das wird kein Honiglecken"

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"Wir schaffen das": Peter Merten (2.v.li.) wurde am Samstag in München einstimmig zum DEB-Präsidenten gewählt, neu als Vizepräsidenten sind Andreas Niederberger (li.) und Hauke Hasselbring (3.v.li.). (Foto: Matthias Balk/dpa)

Als Nachfolger von Franz Reindl trete er in große Fußstapfen, sagt der neue DEB-Präsident Peter Merten. Der Verband soll umstrukturiert werden, die Einnahmen gesteigert. Der zuletzt heftig attackierte Reindl scheidet mit Tränen und Ovationen aus dem Amt.

Von Johannes Schnitzler, München

Konflikt? Welcher Konflikt? "Der Konflikt ist für mich keiner mehr", hatte Franz Reindl am Freitag erklärt. Ostentativ zog der scheidende Präsident damit einen Schlussstrich unter die seit einem Jahr erbittert geführte Fehde zwischen ihm und einigen Landesverbänden des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB). Diese hatten Reindls Doppelfunktion als ehrenamtlicher Verbandspräsident und bezahlter Geschäftsführer der Tochter-Gesellschaft DEB GmbH infrage gestellt und ihm vorgeworfen, Geld, das den Landesverbänden zustehe, ihnen vorzuenthalten. Bei der Staatsanwaltschaft München I liegen zwei Anzeigen gegen Reindl vor, ermittelt wird gegen ihn unter anderem wegen des Verdachts der Untreue. Reindls Art, die Diskussion nun für beendet zu erklären, erinnerte vor diesem Hintergrund an die Verdrängungsmechanismen gallischer Veteranen ("Alesia? Ich kenne kein Alesia!"); angesichts der Schärfe der Auseinandersetzung, die ihn seine Reputation und - aus seiner Sicht - auch den Aufstieg zum Präsidenten des Weltverbandes IIHF gekostet habe, musste Reindl für die Mitgliederversammlung am Samstag in München eher ein Tribunal erwarten als einen triumphalen Auszug. Am Ende ging diese 33. ordentliche Versammlung dann aber geordnet über die Bühne, Reindl blieb unversehrt. Tatsächlich wurde der 67-Jährige nach acht Jahren an der Spitze des Verbandes, für den er mehr als 30 Jahre in allen erdenklichen Funktionen tätig war, von den Versammelten mit Ovationen verabschiedet. Neuer DEB-Präsident ist Peter Merten, Aufsichtsratsvorsitzender der DEL2; seine Stellvertreter sind Hauke Hasselbring, Geschäftsführer der Fischtown Pinguins Bremerhaven, für den Bereich Finanzen, Andreas Niederberger, ehemaliger Nationalspieler und Vater von Nationaltorwart Mathias Niederberger, für den Sport, sowie Marc Hindelang, der wie bisher die Belange der Amateure vertreten wird.

Nachdem sich in den vergangenen Wochen in Merten und seinem Team konsensfähige Präsidiumskandidaten gefunden und die Opposition einige Anträge zurückgezogen hatte, entspannte sich die Lage zuletzt. Reindl sieht sich durch ein vom DEB in Auftrag gegebenes Gutachten ohnehin als entlastet an. "Am Ende haben wir 175 000 Euro für diesen Quatsch ausgegeben, nur um zu beweisen, dass an den Vorwürfen nichts dran ist", sagte der bisherige Vizepräsident Berthold Wipfler, der wie Reindl und Daniel Hopp (Vizepräsident Sport) nicht mehr angetreten war.

"Das war natürlich unglaublich emotional": Franz Reindl scheidet nach acht Jahren als Präsident aus dem Amt. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Ohne Gegenkandidat wurde Merten am Samstag einstimmig gewählt. Der 68-Jährige wertete das als positives Signal für die künftige Arbeit: "Die heutige Mitgliederversammlung hat auch gezeigt, dass wir ohne großen Ballast in unsere Amtszeit starten können." Er "trete in große Fußstapfen" und spüre "die Bürde des Amtes", sei aber zuversichtlich: "Wir werden das zu viert schaffen!" Reindl gratulierte seinem Nachfolger, warnte ihn aber auch: "Das wird kein Honiglecken."

Das neue Präsidium stehe vor "enormen Herausforderungen". Der Verband soll reformiert werden und unternehmerische Strukturen erhalten. "Wir wollen das schnell machen", sagte Merten. Statt eines Vorstands soll künftig ein Aufsichtsrat installiert werden. Knackpunkt wird aber weiterhin sein, Einnahmen zu generieren. "Je besser es bei den Finanzen aussieht, desto mehr können wir im Sport an der Spitze klotzen", sagte Merten. "Es wird darum gehen, das prognostizierte strukturelle Defizit zu minimieren. Das schafft man nur mit Mehreinnahmen in allen Bereichen", kündigte Hasselbring an. Der Bewerbung für die WM 2027 komme insofern zentrale Bedeutung zu: "Es wird nicht anders gehen, als alle sieben bis acht Jahre eine WM zu bekommen, die so viel abwerfen muss, dass sie den Zwischenraum überbrücken lässt." Eine Woche vor dem Beginn der Weltmeisterschaft in Finnland betonten das alte und das neue Präsidium die Sonderstellung der Nationalmannschaft, sie genieße als Zugpferd oberste Priorität.

Als die Versammlungsregie per Video Gruß- und Dankesworte alter Weggefährten wie den ehemaligen Bundestrainer Marco Sturm und Uwe Kruppe oder DEB-Kapitän Moritz Müller einspielte, flossen bei Reindl schließlich die Tränen. Die Erinnerung an Höhepunkte seiner Schaffenszeit wie das Weltrekordspiel bei der WM 2010 vor 78 000 Zuschauern in der Arena auf Schalke oder Olympia-Silber 2018 "war natürlich unglaublich emotional", sagte Reindl. Der einstige "Sanierungsfall" DEB habe sich unter seiner Präsidentschaft sportlich und wirtschaftlich konsolidiert, die Vorwürfe gegen ihn und sein Team seien "absurd". Der Abschied falle ihm schwer, sagte Reindl. Er gehe aber ohne Bitterkeit: "Ich blicke mit Dank und Stolz zurück. Ich hoffe, dass wir Freunde bleiben."

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