Deutsche Eishockey Liga:Kompakt bis in die Verlängerung

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Halbe Miete: Die Grizzlys Wolfsburg feiern Verteidiger Melchiori für seinen Siegtreffer im ersten Finalspiel in Berlin. (Foto: Uwe Koch/Eibner/Imago)

Die Grizzlys Wolfsburg gewinnen Spiel eins der Finalserie in Berlin und können am Mittwoch erstmals deutscher Eishockey-Meister werden. Die Eisbären wissen aber mit Rückständen umzugehen.

Von Christian Bernhard, Berlin/München

Sebastian Furchner weiß, wie es ist, in einer Endspielserie um die deutsche Eishockey-Meisterschaft zu stehen - fünf Mal hat er das in den vergangenen Jahren schon erlebt. Was er nicht weiß: Wie es ist, eine Finalserie in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zu gewinnen. Denn alle fünf verlor der 39-Jährige. Nun ist er ganz nah dran, diesen Makel zu beheben. Furchner, seit 2008 bei den Grizzlys Wolfsburg unter Vertrag, gewann mit seinen Wolfsburger Teamkollegen am Sonntagnachmittag Spiel eins der Finalserie 2021 bei den Eisbären Berlin mit 3:2 (0:0, 1:0, 1:2) nach Verlängerung. Verteidiger Julian Melchiori erzielte den entscheidenden Treffer mit einer Klasse-Einzelleistung in der 18. Minute der Verlängerung. Mit einem weiteren Sieg in der Best-of-3-Serie kann Wolfsburg am Mittwoch in eigener Halle den ersten DEL-Titel der Klubgeschichte perfekt machen.

Beide Mannschaften hatten erst am Freitagabend den Finaleinzug perfekt gemacht, jeweils im dritten Halbfinalspiel. Die Wolfsburger schalteten in Mannheim den Topfavoriten auf den Meistertitel aus, die Berliner eliminierten den ERC Ingolstadt trotz eines 0:2-Rückstandes zur Hälfte des Spiels. Nur 40 Stunden später standen sie am Sonntag schon wieder auf dem Eis - und absolvierten ihr 21. Spiel binnen 42 Tagen. Für die Wolfsburger schloss sich mit dem Finaleinzug ein Kreis: Vor zehn Jahren standen sie erstmals im DEL-Endspiel - gegen die Eisbären. Es folgten die Final-Teilnahmen 2016 und 2017, die so endeten wie jene 2011: auf Platz zwei. Furchner und Verteidiger Armin Wurm waren bei all diesen Endspielen mit dabei.

Die Wolfsburger Kompaktheit, ihr Markenzeichen, kam in Finalspiel eins voll zur Geltung. Das Team des ehemaligen Bundestrainers Pat Cortina machte die neutrale Zone diszipliniert zu und verhinderte so, dass die Eisbären Geschwindigkeit aufnehmen konnten. Wenn die Berliner mal zügig ins Offensivdrittel kamen, war meist Dustin Strahlmeier zur Stelle. So wie in Minute sechs, als der Wolfsburger Torhüter den Schuss von Parker Tuomie neutralisierte.

Schon in der Hauptrunde gewann Wolfsburg alle vier Duelle gegen Berlin

Die Berliner hatten mehr vom Spiel, was wenig überraschend war und die Wolfsburger auch nicht sonderlich störte, denn die Grizzlys fühlen sich wohl, wenn sie ihre Offensivaktionen aus einer kontrollierten Defensive kreieren können. In Minute 16 lief sich Verteidiger Dominik Bittner frei, seinen Abschluss entschärfte Mathias Niederberger. Dem Eisbären-Torhüter wurde von seinem Trainer Serge Aubin nach dem entscheidenden Halbfinalspiel gegen den ERC Ingolstadt eine "brillante" Leistung attestiert, daran knüpfte Niederberger am Sonntag an. "Wie erwartet", sei das Spiel, sagte Eisbären-Verteidiger Frank Hördler nach dem ersten Drittel bei Magentasport. Gegen die "sehr disziplinierten" Wolfsburger müsse man "viel laufen und viel arbeiten". In der Hauptrunde hatten die Niedersachsen alle vier Duelle für sich entschieden.

Das Mitteldrittel eröffnete Berlins Nationalspieler Marcel Noebels mit einem Pfostentreffer (23.), danach sorgten aber die Wolfsburger für die gefährlicheren Offensivmomente. Niederberger parierte mehrmals stark, gegen den Nachschuss von Gerrit Fauser aus kurzer Distanz war er aber machtlos (34.). "Brutal umkämpft" sei das Spiel, sagte Fauser, "wir müssen schnell und einfach hinten raus spielen." Diese Spielweise haben die Grizzlys unter Pat Cortina verinnerlicht. "Sie sind diszipliniert und sehr strukturiert", lobte Berlins Trainer Aubin die Wolfsburger vor der Partie. Im Schlussdrittel agierten die Niedersachsen allerdings undiszipliniert, dreimal wanderten sie auf die Strafbank. Noebels bestrafte das mit dem 1:1 (55.). Als Garrett Festerling zweieinhalb Minuten vor dem Ende das 2:1 für Wolfsburg schoss, war der Sieg nah, doch Zach Boychuk schickte die Partie 38 Sekunden vor Schluss mit dem 2:2 in die Verlängerung. Dort avancierte Melchiori zum entscheidenden Mann.

Hoffnung macht den Berlinern, dass sie wissen, wie es ist, trotz eines 0:1-Rückstands noch zum Erfolg zu kommen. Das gelang ihnen sowohl im Viertelfinale gegen Iserlohn als auch im Halbfinale gegen Ingolstadt. "Wir haben die Tür aufgemacht, jetzt wollen wir auch durchgehen", hatte Hördler vor dem Finalstart betont. Grizzlys-Coach Cortina sagte nach dem Auftaktsieg: "In den letzten 20 Tagen gab es sehr viel Eishockey. Die Regeneration ist jetzt ganz, ganz wichtig. Aber noch wichtiger ist unser Kopf."

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