Der Flügelflitzer: TV-Sport:Genial kombiniert

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Leichtathletik oder Moderner Fünfkampf versuchen verzweifelt an die Geldtöpfe der TV-Anstalten zu kommen. Dabei lautet die Frage: Wie viel Moderne verträgt der Sport?

Sebastian Winter

Man kann den großen Olympioniken Pierre de Coubertin als Erfinder des Modernen Fünfkampfes nicht mehr fragen, was er sich bei Einführung dieser Sportart gedacht hat. Coubertin lebt nicht mehr. Doch der Moderne Fünfkampf - eine Kombination aus Pistolenschießen, Degenfechten, Schwimmen, Springreiten und einem abschließenden, für die Athleten ziemlich ätzenden Crosslauf - überlebte ihn, wenn auch in Form eines dörren, eher antiquiert wirkenden Mauerblümchens. Bei der am Donnerstag beginnenden Europameisterschaft in Leipzig wird der moderne Pentathlon mit einem neuen Modus nun aber, na ja, modernisiert.

Moderne Fünfkämpfer beim Schießen während der Olympischen Spiele in Peking. Künftig müssen sie nach jedem Schießen gleich wieder losrennen. (Foto: Foto: dpa)

Nach Fechten, Schwimmen und Reiten werden der Geländelauf und das Schießen in einer Abschlussdisziplin mit dem sensationellen Namen "Combine" zusammengefasst - eine Art Sommerbiathlon im Stadion. Alle 1000 Meter kommt der Athlet an den Schießstand. Weiterlaufen darf der Athlet erst, wenn er fünfmal getroffen hat oder wenn die maximal 70 Sekunden für die Schießeinlage abgelaufen sind. So macht er das drei Runden lang. Diese Revolution soll den Sport endlich in den TV-Olymp hieven.

Viele Sportarten haben den Weg dorthin probiert, nur wenigen, wie den Nordischen Kombinierern und den Biathleten, ist er geglückt. Jüngst erst stolperte die Leichtathletik bei ihrem Versuch, für mehr Attraktivität auf dem Bildschirm eine Team-EM in Portugal auf die Beine zu stellen. Da schieden plötzlich die jeweils letztplatzierten Läufer fünf, vier und drei Runden vor Schluss aus und waren wie die Zuschauer ganz verwirrt ob des abrupten Wettkampfendes.

Den Beachvolleyballerinnen befahl der allmächtige Präsident des Volleyball-Weltverbandes, Rubens Acosta, bei der Weltmeisterschaft 1998 hautenge Einteiler oder Bikinis - mit einer Schrittweite von maximal fünf Zentimetern. Acosta ist inzwischen zurückgetreten, die Regel und die schwache Fernsehquote aber blieben. Pläne, den für die Kameras oft zu schnellen Eishockey-Puck blinken zu lassen oder in leuchtenden Farben herzustellen, sind vorerst gescheitert.

Dem Pferd die Hufe massieren?

"Combine" heißt also nun das Zauberwort, das beim Zuseher gleichzeitig neue Fragen aufwirft: Wenn der Athlet partout nicht trifft, muss er dann Strafrunden drehen? Gar noch einmal 100 Meter kraulen? Dem Pferd vielleicht noch eine Minute lang die Hufe massieren? Lena Schöneborn, aktuelle Olympiasiegerin und deutsche Vorzeigeathletin des Modernen Fünfkampfes, hat sich jüngst im Tagesspiegel tatsächlich für Strafrunden ausgesprochen. Dies wäre allemal besser, als 70 Sekunden lang an den kleinen Scheiben zu verzweifeln. Der Präsident des deutschen Fünfkampfverbandes empfiehlt den Sportlern barsch, sich nicht so anzustellen: "Ihnen muss es doch auch wichtig sein, dass der Moderne Fünfkampf zukunftsfähig bleibt und telegener wird", wird er zitiert. Und Coubertin?

Der hätte sicher wesentlich innovativere Lösungen für seinen Sport gehabt. Eine Mischung aus Tauziehen, Motorbootrennen, Rugby, Seilklettern und Golf zum Beispiel. Olympisch waren auch diese Sportarten einmal - und sie sind heute sicher noch besser zu vermarkten als jeder Moderne Fünfkampf. Ob mit oder ohne "Combine".

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