DEL:Von der Schlange gebissen

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"Wichtiges Zeichen": Ingolstadts Torhüter Karri Rämö zeigt gegen Mannheim eine solide Leistung. (Foto: Thomas Hahn/imago images/Eibner)

Der ERC Ingolstadt steht auf Rang elf - viel zu wenig für die Qualität seines Kaders. Doch die Probleme sind äußerst vielfältig.

Von Christian Bernhard

Doug Shedden ist seit knapp vier Jahren Trainer des ERC Ingolstadt, der Kanadier hat in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) so einiges erlebt. Auf eines wartet er aber immer noch: einen Sieg in Mannheim. Am vergangenen Sonntag sah es zwischenzeitlich gut aus, sein Team machte beim Titelanwärter aus einem 0:2-Rückstand eine 3:2-Führung. Am Ende verlor es aber 3:4 nach Verlängerung, es war die zwölfte Niederlage in Serie in Mannheim. "Mmmh, diese Geschichte habe ich hier schon erlebt", merkte Shedden süffisant an.

Der ERC-Trainer musste in Mannheim die zweite Niederlage des Wochenendes kommentieren, am Freitag hatte der ERC zu Hause gegen den EHC Red Bull München deutlich mit 3:6 den Kürzeren gezogen, er ist nun Tabellenelfter. Zwölf Punkte nach zehn Spielen sind für den viel gelobten Ingolstädter Kader eindeutig zu wenig - und nur halb so viele wie jene von Tabellenführer München, den der ERC in den letztjährigen Playoffs ausgeschaltet hatte. Auch aufgrund des Halbfinaleinzugs hatte Stürmer Mirko Höfflin zum Saisonstart ein "anderes Mindset" innerhalb der Mannschaft ausgemacht.

Die Realität nach zehn Spielen ist eine andere. Erst zwei Siege nach 60 Minuten stehen zu Buche, zuletzt gab es in fünf Spielen vier Niederlagen. Die Probleme sind vielfältig. Kapitän Fabio Wagner drückte es nach den ersten Saisonspielen so aus: "Es fehlt defensiv, es fehlt offensiv. Es fehlt überall."

"Wenn der Tabellenführer in deine Halle kommt, muss man Checks austeilen, sich die Chancen erarbeiten", monierte Shedden

Daran hat sich in den jüngsten Partien wenig geändert. Da ist zum einen die löchrige Defensive, weil auch das Unterzahlspiel zum schwächsten der Liga gehört. Dann sind da die Offensivprobleme: In Überzahl spielen die Oberbayern ihre spielerische Klasse, die sie fraglos haben, verlässlich und regelmäßig aus - bei Fünf gegen Fünf hapert es in Sachen Abschluss und Effizienz aber gewaltig. "Da fehlt uns im Moment die Kaltschnäuzigkeit", sagt Co-Trainer Tim Regan. Sein Boss Shedden drückte es vor kurzem drastischer aus: "Alarmierend" sei es, wie wenig "von unseren Starspielern" komme, speziell bei Fünf gegen Fünf, raunzte er nach der 2:5-Niederlage in Nürnberg. Einer davon ist Wayne Simpson, er traf in Mannheim doppelt und sagte, vielleicht seien ein paar ERC-Stürmer " snake biten" - sprich: zögerlicher als normalerweise im Abschluss, wie nach einem Schlangenbiss.

Gegen München eröffnete sich noch ein zusätzliches Problemfeld. "Wenn der Tabellenführer in deine Halle kommt, muss man Checks austeilen, sich die Chancen erarbeiten und Zweikämpfe gewinnen", sagte Shedden. "Drei der ersten vier Gegentore resultierten aus verlorenen Zweikämpfen. Das darf gegen München nicht passieren." Eines der ersten drei Gegentore resultierte auch aus einem Torhüterfehler - und damit wäre man beim nächsten Problem. In der vergangenen Saison hatte der ERC in Michael Garteig einen der ligabesten Torhüter, doch Garteig zog es nach Finnland - er hinterließ ein Loch, das noch nicht gestopft werden konnte. Die Ingolstädter versuchten eine Doppellösung: Kevin Reich kam aus München, der erfahrene Karri Rämö aus Finnland. Das neue Duo teilte sich die bisherigen zehn Einsätze, konnte aber noch nicht überzeugen. Statistisch gesehen bewegt es sich im DEL-Keller, die gemeinsame Fangquote von knapp 86 Prozent ist die zweitschlechteste der Liga.

Wie groß die Sehnsucht nach starken Torhüterleistungen ist, gab Shedden in Mannheim gleich zweimal zu verstehen. Der ERC-Trainer hob sowohl direkt nach dem Spiel als auch auf der Pressekonferenz hervor, dass Rämös Auftritt sehr solide gewesen sei, "was ein sehr, sehr wichtiges Zeichen für unser Team ist". Auch sonst nahm er "viel Positives" aus Mannheim mit, ihm gefielen der spielerische Auftritt und der Einsatz. "Hoffentlich können wir darauf aufbauen", sagte er. Ob aus der Hoffnung Realität wird, dürfte das anstehende Wochenende zeigen. Da geht es gegen die letztjährigen Finalisten Wolfsburg und Berlin.

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