DEL:Hart im Umgang mit sich selbst

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Der erste Streich: Nikolaus Heigl bejubelt mit Veit Oswald dessen DEL-Premierentreffer. (Foto: Feiner/Eibner/Imago)

Veit Oswald hat für den EHC Red Bull München sein erstes DEL-Tor erzielt. Coach Söderholm hält viel von dem 19-Jährigen, und auch dessen Vater dürfte stolz sein.

Von Christian Bernhard

Zu all den Mikrofonen und Aufnahmegeräten, die dem vor einer Werbebande platzierten Veit Oswald entgegengehalten wurden, gesellten sich plötzlich zwei ungewöhnliche Gegenstände: eine Trinkflasche und ein Autoschlüssel. Oswalds Teamkollegen Andreas Eder und Chris DeSousa machten sich einen Spaß daraus, ihn damit zum Lachen zu bringen. Veit Oswald ist 19 Jahre jung, Stürmer beim EHC Red Bull München - und seit Donnerstagabend Torschütze in der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Beim 4:0-Heimsieg gegen die Iserlohn Roosters markierte er in Minute 47 per Abstauber seinen Premierentreffer. Oswald reagierte nach Spielende auf die Sprechchöre aus der Nordkurve für ihn schüchtern winkend und wollte dann eigentlich auf direktem Weg in die Kabine entschwinden - bis die Betreuer ihm gestikulierend klarmachten, er solle doch besser mal hin zu den Fans in die Kurve.

EHC-Trainer Toni Söderholm verheimlichte nach dem dritten Heimsieg binnen fünf Tagen nicht, dass er angetan ist vom jungen Angreifer. Oswald habe eine "ganz, ganz tolle Einstellung", lobte der Finne, er sei neugierig und komme vorbereitet zum Training: "Man muss ihn nicht peitschen." Der ehemalige Bundestrainer sieht in Oswald das Potential eines "zukünftigen Topspielers". Der Landshuter ist seit einem Jahr im EHC-Kosmos, vergangene Saison kam er bereits 24 Mal für die Münchner zum Einsatz - und damit öfter als bei deren Kooperationspartner, dem Oberligisten SC Riessersee. Mittlerweile hat er sich eine Art Stammplatz unter den Münchner U23-Spielern gesichert, von denen laut DEL-Regularien immer mindestens drei zum Einsatz kommen müssen. Über den Sommer hat er vermehrt im Kraftraum gearbeitet, um seine Stabilität zu verbessern und Zweikämpfe robuster abzufedern. Auch die Schnelligkeit, seine größte Stärke, habe er weiter optimiert, erzählte er.

Söderholm sieht in Oswald einen Führungsspieler der deutschen U20-Auswahl

Oswald verstehe "den Grundgedanken vom Profisport", sagte Söderholm, was wichtig sei. Das betonte der EHC-Trainer einen Tag nachdem der Klub in einer Pressemitteilung verkündet hatte, dass Julian Lutz diese Saison in der US-Juniorenliga USHL spielen werde. Der ebenfalls 19-Jährige war im NHL-Draft 2022 an 43. Stelle von den Arizona Coyotes gezogen worden. Das einzige Mal, als er diese Saison im EHC-Kader war, saß er gegen den HC Kosice in der Champions Hockey League die kompletten 60 Minuten auf der Bank. Oswald ist noch nicht gedraftet worden - aber an Lutz ist er vorbeigezogen. Ende Dezember, wenn in Schweden die U20-Weltmeisterschaft beginnt, das Schaulaufen der zukünftigen Topspieler, kann auch Oswald diese große Bühne nutzen. Für Söderholm ist er "mit Sicherheit ein Führungsspieler" der deutschen U20-Auswahl.

Oswald könne "sehr hart zu sich selbst" sein, auch das betonte Söderholm, und Oswald bestätigte das - und ging sogar noch tiefer: "Ich bin oft sehr schnell frustriert" erzählte er. Die Frage, ob das eine gute Eigenschaft sei, stellte er nicht nur in den Raum, sondern beantwortete sie auch direkt selbst: Da es sich oft negativ auf sein Spiel auswirke, "ist es wahrscheinlich eine schlechte Eigenschaft", urteile er mit einem Lächeln. Er hat sich vorgenommen, daran zu arbeiten. "Ich bin trotzdem noch hart zu mir", sagte er, aber auf eine "gesunde" Art und Weise. Diese Einstellung wird seinem Vater gefallen. Günter Oswald war in den 1990er-Jahren Nationalspieler, wurde mit Krefeld deutscher Meister und ist mittlerweile in der Red-Bull-Nachwuchsakademie tätig. Wer Günter Oswald hat spielen sehen, spricht von frappierenden Ähnlichkeiten im Spielstil der beiden. "Vielleicht gratuliert er mir jetzt auch mal", sagte der Junior schmunzelnd.

Es deutet wenig darauf hin, dass Oswald vor dem Derby am Sonntag beim ERC Ingolstadt (16.30 Uhr) die Bodenhaftung verliert. Zumal er am Donnerstag auch gleich eine Erinnerung erhielt, was er in seinem Spiel noch verbessern könne. Oswald, regte DeSousa im Vorbeigehen grinsend an, möge doch bitte auch über seine Scheibenverluste sprechen.

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