Champions League:Wie löst man ein Stürmer-Puzzle ohne Stürmer?

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Jupp Heynckes: Auf der Suche nach Angreifer-Alternativen gegen Glasgow (Foto: AFP)
  • Lewandowski angeschlagen, Müller verletzt: Der FC Bayern hat ein Stürmerproblem und muss in der Champions League gegen Celtic Glasgow umstellen.
  • Arturo Vidal soll auf keinen Fall in der Spitze spielen, sagt Trainer Jupp Heynckes. Es gebe aber prinzipiell zwei Möglichkeiten.
  • Karl-Heinz Rummenigge irritiert mit einer Aussage über Lewandowski.
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Von Martin Schneider, Glasgow

Wenn sich Jupp Heynckes anschauen mag, ob sein Stürmer-Plan gegen Celtic funktioniert, dann muss er eine leichte Steigung erklimmen. Er muss von seiner Trainerbank im Celtic-Park aufstehen, an einer kniehohen Backsteinmauer vorbei auf den sanft ansteigenden Kunstrasenstreifen schreiten und nach zwei, drei Schritten steht er dann am Spielfeldrand. Wenn er ein bisschen Muße hat, kann er die Grashalm-Parade bewundern. Ein Halm so akkurat neben dem nächsten, als hätte jemand das Gras gekämmt und gefönt. Aber gut, Schottland ist schließlich eine Golf-Nation.

Der Rasen ist so perfekt, dass beim Abschlusstraining ein sehr glatzköpfiger, sehr grimmiger, sehr breiter aber gleichzeitig auch sehr freundlicher Aufpasser am Rand steht und wie ein Hochlandfuchs darauf aufpasst, dass kein Journalist seine Sneaker auch nur einen Zentimeter aufs Gras schiebt.

Neben (!) dem Rasen kann man dann 15 Minuten lang beim Flankentraining beobachten, wie zum Beispiel James Rodriguez in die Sturmspitze startet, und eine Flanke von Arjen Robben im Tor versenkt. Ist das schon ein Zeichen? Oder ein Bluff?

Die Situation beim FC Bayern ist nämlich die: Robert Lewandowskis Oberschenkel ist zu angeschlagen, als dass der Pole überhaupt über den Hadrianswall fliegen konnte. Thomas Müller ist schon länger mit einem Muskelbündelriss verletzt. Bei zwei Stürmern im Kader minus zwei Stürmer macht das: null Angreifer.

Heynckes nennt zwei Möglichkeiten

Also muss sich Jupp Heynckes gegen Celtic am Dienstagabend etwas überlegen. Und um es direkt zu sagen: Er hat nicht verraten, wie er spielen will, aber er hat wie ein alter Rätselmeister ein paar Hinweise hinterlassen. Den einzigen halben Stürmer im Kader, den A-Jugendlichen Manuel Wintzheimer, den wird er zum Beispiel nicht einsetzen. Er kenne ihn nicht gut genug und Heynckes sagt, er wolle kein Risiko eingehen.

Arturo Vidal soll auch keine Spitze spielen. Ein spanischer Journalist hatte danach gefragt und weil die schottische Dolmetscherin angesichts dessen ein bisschen verzweifelt wirkte, beugte sich Jupp zu ihr rüber und flüsterte leise (aber über die Mikrofone hörbar), dass er es ihr übersetzen werde. Er sagte dann auf mehreren Sprachen, dass er nicht mit der Option Vidal-Sturm plane.

Aber wie spielen? Heynckes sagte, es gebe prinzipiell zwei Möglichkeiten: Entweder im 4-4-2-System mit den beiden Flügelstürmern Arjen Robben und Kingsley Coman als Doppelspitze. Oder mit einer Spitze, dann würden Thiago und James Rodriguez in Frage kommen. Oder auch Robben, jedenfalls referierte Joshua Kimmich relativ lange darüber, dass man den Teamkameraden ja dann eher im Fuß anspielen müsste und nicht so sehr auf seine Kopfballstärke vertrauen dürfe. "Ich weiß nicht wer vorne spielt. Ich wäre auf jedenfall bereit", sagte Kimmich und lachte. War natürlich ein Spaß, aber er hat schon aktuell in drei Champions-League-Spielen zwei Tore gemacht. Also: Weiß man es?

Mal von dem kleinen Stürmer-Rätsel abgesehen fällt in Glasgow auf, dass das Jupp-Hoch beim FC Bayern nicht abebbt - im Gegenteil. Joshua Kimmich bestätigte sogar erstmals dieses Phänomen offiziell. "Natürlich gab es einen Effekt", sagte der 22-Jährige. Man habe seit Heynckes Amtsantritt nur ein Gegentor kassiert. Mit der DFB-Pokalpartie gegen Leipzig haben die Münchner zudem das einzige wirklich entscheidende Spiel bis zum 19. Dezember (DFB-Pokal gegen Dortmund) überstanden und nun kann Heynckes sogar erstmal halbwegs in Ruhe arbeiten.

Und natürlich formuliert der FC Bayern in dieser Position der Stärke wieder Ziele. Man wolle die Champions-League-Gruppe gewinnen, sagte Kimmich. Gut, dafür müsste man eventuell Paris zu Hause 4:0 schlagen, aber "im Fußball ist ja alles möglich. Das brauch ich Ihnen ja nicht zu sagen", sagte Kimmich und blickte herausfordernd in die Journalisten-Runde.

Und dann war da noch vor dem Spiel eine Aussage von Bayerns Vorstandsvorsitzendem Karl-Heinz Rummenigge. "Wenn wir gegen Real Madrid gespielt hätten, wäre er womöglich mitgefahren", sagte er zum Ausfall von Lewandowski, was in Schottland überwiegend so interpretiert wurde, dass es Celtic einfach nicht wert sei, dass der große FC Bayern die Gesundheit seiner Spieler aufs Spiel setze.

Jupp Heynckes wurde von einem schottischen Reporter danach gefragt. Er begann: "Karl-Heinz Rummenigge war ein Weltklasse-Fußballer. Er hat seine Meinung (kurze Pause). Aber ich habe in meiner Trainerkarriere meine Spieler immer geschützt. Wenn jemand angeschlagen war, hat er nicht gespielt. Es wäre unsinnig, wenn Lewandowski morgen spielen würde."

Sprach Jupp Heynckes und widmete sich wieder seinem Stürmer-Puzzle ohne Stürmer.

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