Champions League: Manchester gegen Chelsea:Was für ein Spiel!

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In einer spektakulären und spannenden Partie gewinnt Manchester United mit 2:1 gegen den FC Chelsea - und zieht damit ins Halbfinale der Champions League ein. Gegner könnte Schalke 04 sein.

Jürgen Schmieder

Plötzlich blickte Alex Ferguson sorgenvoll drein, als wäre etwas Schlimmes passiert. "Spielen die das Halbfinale am gleichen Tag wie wir?", wollte der Trainer von Manchester United wissen. "Wisst ihr, was da los sein wird? Wenn die nicht am gleichen Tag spielen wie wir, dann muss ich hin und mir das ansehen!" Er sprach in diesem Moment über ein mögliches Champions-League-Halbfinale zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona, das er keinesfalls verpassen wollte.

Jubel nach dem 1:0: Javier Hernandez erzielte einen spektakulären Treffer in einer noch spektakuläreren Partie. (Foto: AP)

Er machte damit aber auch eine klare Aussage darüber, wie seiner Meinung nach das Viertelfinal-Rückspiel seiner Mannschaft gegen den FC Chelsea laufen würde. Natürlich würde Manchester nach dem 1:0-Erfolg im Hinspiel das Habfinale erreichen, also kann man sich als ManU-Trainer schon mal Sorgen darüber machen, das Spiel zwischen Madrid und Barcelona zu verpassen.

Es war natürlich Koketterie von Ferguson, schließlich wusste er, dass es eine schwierige Partie werden würde gegen Chelsea. Dass es aber ein derart spannendes und spektakuläres Spiel werden würde, dass konnte nicht einmal Ferguson ahnen. Am Ende schaffte seine Elf ein 2:1 (1:0) und zog ins Halbfinale ein.

Nach der 0:1-Niederlage im Hinspiel musste der FC Chelsea unbedingt ein Tor erzielen, um noch eine Chance aufs Halbfinale zu haben - angesichts der Torflaute seiner Stürmer stand Carlo Ancelotti vor der Frage: Wer soll diesen Treffer erzielen? Der Chelsea-Trainer entschied sich für Nicolas Anelka (drei Treffer in diesem Jahr) und Fernando Torres (noch kein Pflichtspiel-Tor für Chelsea). Didier Drogba (drei Treffer im Jahr 2011) musste zunächst auf die Ersatzbank.

Manchester United begann die Partie so, als müssten die Tickets für das Madrid-Barcelona-Spiel spätestens zur Halbzeit bestellt werden und als dürfte jeder Spieler den Trainer begleiten, der an einem Treffer beteiligt ist. Ryan Giggs inszenierte die Angriffe, über Nani oder Ji Sun Park gelangte der Ball in den Strafraum, doch weder Wayne Rooney noch Javier Hernandez konnten das Spielgerät im Tor unterbringen.

Nach etwa zehn Minuten dachten sich die Spieler von Chelsea: Ach-jetzt-wär's-allmählich-Zeit-zum-Dings-äh-Angreifen, und schon erspielte sich Chelsea schöne Gelegenheiten. Torres köpfte knapp vorbei, Anelka verzog zweimal knapp, Frank Lampard scheiterte an Edwin van der Saar.

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Plötzlich war es ein packendes Duell zwischen den beiden britischen Mannschaften, allein fünf Minuten der ersten Halbzeit lassen sich so zusammenfassen: Torchance Chelsea, spektakulärer Konter Manchester, van der Saar rettet grätschend gegen Anelka, brutales Tackling von Giggs, Tor Manchester - nein, Abseits!

Tor! Nein, Abseits! Javier Hernandez köpft den Ball ins Tor, steht dabei jedoch knapp im Abseits. (Foto: AFP)

Damit diese ersten 45 Minuten nicht als die wohl spektakulärste torlose Halbzeit in der Geschichte des Fußballs in die Historie eingingen, erzielte Manchester in der 43. Minute noch schnell einen Treffer, bei dem sich die Zuschauer ziemlich sicher waren, ihn schon einmal gesehen zu haben - nämlich im Hinspiel. Ein ManU-Akteur (vergangene Woche Nani, diesmal Rooney) schlug einen 50-Meter-Pass auf Giggs, der wie schon vor sechs Tagen einen Gegner umspielte und den Ball in den Strafraum legte. Dort wartete ein Stürmer (damals Rooney, nun Hernandez) und schob das Spielgerät ins Tor.

Wer nun geglaubt hatte, dass beide Mannschaften die zweite Halbzeit ein wenig ruhiger angehen würden, dem seien die ersten Minuten im Schnelldurchlauf beschrieben: Torchance für den eingewechselten Drogba, ansehnlicher Angriff Manchester, elfmeterwürdiger Schubser gegen Anelka, Torschuss Lampard, Foul von Rooney an Terry, Volleyschuss von Malouda.

Die Spieler von Chelsea schwärmten bei Ballgewinn aus wie ein Haufen wild gewordener Bienen auf Honigsuche, sie drängten vehement auf den Ausgleich - und irgendwie wünschte man sich dieses Tor, weil man sich fragte: Welche zusätzliche Dynamik könnte dieses ohnehin unglaublich dynamische Spiel noch entwickeln, wenn Chelsea dann nur noch einen zusätzlichen Treffer braucht, um das Halbfinale zu erreichen?

Was noch fehlte, damit diese Partie wirklich alles hatte, was ein Fußballspiel atemberaubend macht, war ein Platzverweis. Den holte sich Ramires durch ein ungeschicktes Foul 20 Minuten vor dem Ende.

Den Gefallen der zusätzlichen Dynamik tat Didier Drogba den Zuschauern in der 75. Minute, als er ein Zuspiel von Lampard kraftvoll ins Tor prügelte. Tatsächlich wirkte dieser Treffer so, wie bei einem Formel-1-Fahrzeug Kers wirkt: Es gibt noch einmal zusätzlich Schwung, allerdings nur für wenige Sekunden - denn noch in der gleichen Spielminute bekam Park den Ball und schoss zum 2:1-Siegtreffer für Manchester ein.

Zum vierten Mal in fünf Jahren steht Manchester United im Halbfinale der Champions League, Gegner dürfte wohl Schalke 04 sein - so die Elf von Ralf Rangnick den 5:2-Vorsprung gegen Inter Mailand nicht verspielt. Und noch eine wichtige Nachricht für Alex Ferguson: Die möglichen Partien zwischen Madrid und Barcelona finden an anderen Tagen statt als die Halbfinal-Spiele von Manchester United.

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