Salzburgs Niederlage beim FC Bayern:Jung, mutig, chancenlos

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Salzburgs Maximilian Wöber (links) leistete sich im Strafraum gleich zwei Fouls an Robert Lewandowski, die zu Strafstößen führten. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Ein coronageschwächtes Salzburg kann mit dem FC Bayern nicht mithalten - womöglich geht es dem Ausbildungsklub auch gar nicht darum. Denn gelernt haben die Spieler auch beim Stand von 1:7 noch.

Von Felix Haselsteiner, München

Matthias Jaissle gab nicht auf. Auch in der vorletzten Minute des Rückspiels beim FC Bayern, beim Stand von 1:7 aus Salzburger Sicht, blieb der Trainer an der Seitenlinie stehen und versuchte, dem 18-jährigen Dänen Maurits Kjærgaard einen Hinweis zum Anlaufverhalten als Stürmer zu übermitteln. Der junge Angreifer, wenige Minuten vorher noch Torschütze des Ehrentreffers, blickte in Richtung von Jaissle, drehte sich dann einmal um die eigene Achse und verpasste so, dass der Münchner Innenverteidiger Dayot Upamecano hinter seinem Rücken vorbeigelaufen war. Jaissle applaudierte ihm trotzdem aufmunternd zu, denn es ging für den FC Red Bull Salzburg ohnehin schon längst nicht mehr darum, die Bayern noch irgendwie aufzuhalten.

Ob man aus dem Spiel Lehren ziehen könnte, wurde Jaissle, 33, nach dem Spiel gefragt. Während seiner Antwort erzählte er, dass er in der Halbzeit an die "Haltung" seiner Spieler appelliert hatte: "Es ist nicht selbstverständlich, dass sich eine junge Mannschaft nach einem 0:4 zur Halbzeit noch dagegenstemmt", betonte Jaissle, die Einstellung sei ihm wichtig gewesen. Darauf, dass er die jüngste Mannschaft des Wettbewerbs trainiere, verwies der Salzburger Trainer gleich mehrmals - genauso wie auf die widrigen Umstände, die zur höchsten Niederlage in der Europacup-Vereinsgeschichte geführt hatten.

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17 mit dem Coronavirus infizierte Spieler hatte Salzburg zwischen dem Hin- und dem Rückspiel beklagen müssen, dementsprechend schwierig hatte sich die Vorbereitung auf die Reise nach München gestaltet - und dementsprechend war die Fitness der Mannschaft am Dienstagabend einzuschätzen. Er habe sich schon mal besser gefühlt in Spielen, deutete Kapitän Andreas Ulmer an. Jaissle berichtete, dass es den ein oder anderen Spieler auch härter erwischt hatte. Innenverteidiger Maximilian Wöber etwa hatte nach eigener Aussage über mehrere Tage Fieber. Am Wochenende, im Bundesliga-Spiel gegen Altach, war er bereits zur Halbzeit ausgewechselt worden. In München hatte Wöber dann die unangenehme Aufgabe, mit einem der besten Stürmer der Welt fertigzuwerden - und er scheiterte daran, wie so viele vor ihm.

Selbst Zuspiele in den Lauf von Karim Adeyemi funktionierten im Rückspiel nicht mehr

Robert Lewandowskis schnelle Drehbewegungen im Strafraum führten zu zwei Fouls von Wöber in der Anfangsphase und wegen zweier folgender Elfmeter zum 0:2-Rückstand. Beim 0:3 behinderten sich Wöber und Torwart Philipp Köhn gegenseitig, erneut war Lewandowski der Nutznießer. Dabei hatten die Salzburger früh die Gelegenheiten zu einer eigenen 1:0-Führung oder zum schnellen 1:1-Ausgleich gehabt: Nicolás Capaldo und Nicolas Seiwald vergaben diese vorzüglichen Gelegenheiten.

"Wir haben uns ein anderes Spiel vorgestellt", sagte der junge Trainer Jaissle - ein Spiel, in dem ein frühes eigenes 1:0 vielleicht zu Unsicherheit bei den zuletzt ohnehin latent unsicheren Bayern geführt hätte, was für deren Trainer Julian Nagelsmann ein durchaus denkbares Szenario war, ("dann kommst du schon ins Nachdenken").

Musste seine Spieler trösten: Salzburgs Coach Matthias Jaissle (links) nach der höchsten Europacup-Niederlage des Vereins. (Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Nach dem 0:3 hingegen waren es stattdessen die Salzburger, die kaum noch zum Zug kamen. Selbst Zuspiele in den Lauf von DFB-Stürmer Karim Adeyemi, im Hinspiel noch die große Stärke von RB, funktionierten nicht mehr. Salzburgs größtes Talent wurde in der zweiten Halbzeit ausgewechselt, nach 68 Minuten verzog er sich in die Kabine. Es dürfte Adeyemis letzter Champions-League-Einsatz für Salzburg gewesen sein.

Das Achtelfinale erreicht zu haben, bleibt zwar der größte Erfolg der Vereinsgeschichte, zugleich aber legte das 1:7 offen: Will Salzburg perspektivisch dieses internationale Level halten, bräuchte es mehr als nur Jahr für Jahr große Talente, sondern auch ein stabileres Gerüst für die Mannschaft. Doch womöglich ist die Salzburger Philosophie auch gar nicht darauf ausgelegt, alles zu versuchen, um mit dem FC Bayern mithalten zu können - sondern man sieht sich weiterhin gerne als optimaler Standort für Jungspunde wie Maurits Kjærgaard, die selbst bei einem aussichtslosem Rückstand noch detaillierte Anweisungen erhalten - von einem Trainer wie Jaissle, 33, der, das zeigten seine bedachten Analysen im Nachgang, vielleicht ebenfalls für höhere Aufgaben bestimmt ist.

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