Champions League: FC Bayern - Inter Mailand:Choleriker auf Samtfüßen

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Vom neuen Angriffsfußball Inter Mailands profitiert insbesondere Stürmer Samuel Eto'o - kommt er in Fahrt, entscheidet er Spiele allein. Der Kameruner gehört zu den erfolgreichsten Klubfußballern der Gegenwart.

Birgit Schönau

Gut möglich, dass Louis van Gaal sich im stillen Kämmerlein noch einmal das Vorjahres-Halbfinale Inter Mailand- FC Barcelona anschaut, er könnte da nämlich von seinem Schüler José Mourinho lernen, wie man den besten Mann des Gegners ausbremst. Mourinhos Inter hatte damals einen regelrechten Käfig um Lionel Messi konstruiert, an der überaus wirkungsvollen Defensivarbeit war auffallend fleißig ein früherer Messi-Kollege beteiligt, den die Bayern jetzt wohl am liebsten einsperren würden: Samuel Eto'o.

Zwei Spieler, auf die es ankommt bei Inter Mailand: Samuel Eto'o und Wesley Sneijder. (Foto: dpa)

Mit Inter gewann Eto'o später das Triple Champions League, Meisterschaft und Pokal, das er zuvor schon mit Barcelona geholt hatte. Kein anderer Spieler hat das geschafft, zwei Dreifachtitel hintereinander mit zwei Mannschaften. Und doch blieb der Stürmer aus Kamerun nicht nur im Finale gegen Bayern München hinter dem Argentinier Diego Milito zurück. Milito war Mourinhos Vollstrecker, Eto'o wurde zur Arbeitsbiene degradiert.

Das ist jetzt anders. Schon der glück- lose Rafael Benitez erkannte, was er an Samuel Eto'o hatte: den überragenden Stürmer seines Teams. Unter dem Brasilianer Leonardo lässt Eto'o endgültig Milito vergessen, 18 Ligatore hat er in dieser Saison schon erzielt, in fünf Spielen traf er zweimal wie zuletzt beim 5:2 gegen den CFC Genua, als er den Referee auch darauf hinwies, dass er im gegnerischen Strafraum über seine Füße gestolpert war.

Der Mann braucht keinen Elfmeter und wenn Eto'o mal in Fahrt ist, braucht vielleicht auch Inter keinen anderen Stürmer mehr als diesen eleganten, stets lächelnden Afrikaner, der die Bayern im Achtelfinal-Hinspiel nur um Haaresbreite verschonte. Und der Werder Bremen im zweiten Gruppenspiel beim 4:0 in Mailand gleich drei Tore beibrachte.

Mit 30 Jahren (vollendet am 10.März) steht Eto'o auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Vier Mal war er Afrikas Fußballer des Jahres, mit Kameruns Nationalteam gewann er allerdings nichts außer einer olympischen Goldmedaille 2000 in Sydney. Als Klubfußballer aber ist Eto'o einer der ganz Großen, mit einem Netto-Jahresgehalt von über zehn Millionen Euro ist er der Krösus der Serie A.

Er leistet sich mitten in Mailand eine fürstliche Residenz - seine 1000- Quadratmeter-Dachwohnung liegt ausgerechnet gegenüber der Klubzentrale des AC Milan. So könne er den Kollegen bei der Vertragsunterzeichnung zuschauen, soll Eto'o gefrotzelt haben, wenn es nicht stimmt, ist es gut erfunden. Der Star ist Journalisten gegenüber verstummt, seitdem seine außereheliche Tochter mit einer Italienerin zum Medienthema wurde.

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Sein Privatleben war stets stark abgeschirmt, nie erscheint die Ehefrau mit den drei Kindern im Stadion, angeblich, weil Eto'o die Familie vor rassistischen Sprechchören italienischer Fans behüten möchte. Eine Szene wie aus Real Saragossa-Barcelona hat sich in Italien indes nicht wiederholt. Im Februar 2006 wurde Samuel Eto'o Zielscheibe rassistischer Schmähungen, was ihn so aufbrachte, dass er drohte, den Platz zu verlassen. Erstmals begehrte ein Profi gegen das idiotische Gegröle des Stadionpublikums auf - Eto'o bewies auch da seinen starken Charakter.

Manche Kollegen und Trainer kamen gerade damit nicht zurecht, allen voran Pep Guardiola. Der Barca-Coach konnte mit dem Individualisten aus Kamerun nichts anfangen und tauschte ihn deshalb gegen Zlatan Ibrahimovic ein, einer der unsinnigsten Deals der Fußballgeschichte. Für Ibra gab Barca 46 Millionen Euro und Eto'o als Dreingabe, um den Schweden bereits ein Jahr später für die Hälfte der Kaufsumme an den AC Mailand weiter zu reichen.

Mit den Treffern von Ibrahimovic ist Milan derzeit Tabellenführer, Inter mit den Toren von Eto'o der hartnäckigste Verfolger. Von Ibrahimovic hat man allerdings nie solche Szenen gesehen wie jene, die Samuel Eto'o beim Ligaspiel gegen Brescia bot. "Mitten im Spiel löste sich der Schnürsenkel aber ich konnte meine Handschuhe nicht ausziehen", berichtete später Brescias Torwart Michele Arcari. "Ich winkte herüber zu unserer Bank, da tauchte auf einmal Eto'o vor mir auf. Er kniete sich hin, band mir den Schuh fest und fragte, ob ich weiterspielen könnte."

Solche Gesten machen den Meister, andererseits ist Eto'o aber auch berüchtigt für sein cholerisches Temperament. Als Inter im November trotz eines Eto'o-Treffers 1:2 gegen Chievo Verona verlor, ließ der Stürmer seinen Frust mit einem brutalen Kopfstoß an einem Gegenspieler aus.

Damals versank die Internazionale in einer tiefen Krise, dennoch war Eto'o der einzige Profi, der den geschassten Spanier Benitez verteidigte, "denn dem Trainer kann man nicht die alleinige Verantwortung geben, wenn wir derart schlecht spielen."

Schwer zu sagen, ob einer wie Samuel Eto'o, dieser samtfüßige Alptraum jeder Abwehr, überhaupt einen Trainer braucht. Dass er sich mit Leonardo blendend versteht, ist kein Wunder, endlich spielt Inter Mailand offensiven Fußball, endlich darf Eto'o tun, was er am besten kann, Tore schießen natürlich. Im neuen, leichtfüßigen Spiel des FC Internazionale ist Samuel Eto'o entscheidend. Auch an ihm wird es liegen, ob der Titelverteidiger Inter das Viertelfinale noch erreicht.

© SZ vom 15.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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