Borussia Dortmund in der Champions League:Reus beendet das Zittern

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Marco Reus (r) und Isaac Babadi im Spiel Borussia Dortmund gegen den PSV Eindhoven. (Foto: Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Ein sehr frühes Tor, ein sehr spätes Tor - und dazwischen etwas Glück: Dortmund schlägt Eindhoven 2:0 und zieht ins Viertelfinale der Champions League ein. Die erste halbe Stunde zeigt das Potenzial des Teams.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Die Spieler der PSV Eindhoven hatten sich nicht ans Protokoll gehalten. Allerdings nur am Anfang: bei der Seitenwahl. Die Fußballer von Borussia Dortmund erwarten von ihren Gästen stets zwei Gesten der Höflichkeit: Erstens, dass sie sie in der zweiten Halbzeit auf die gelbe Wand spielen lassen, auf ihre gewaltige Stehtribüne mit den 25 000 Fans, und zweitens, dass sie nicht übertrieben am Gewinnen gehindert werden. Die Seitenwahl hatten die Niederländer gewonnen, das Spiel aber gewannen die Gastgeber. Mit einem 2:0 (1:0)-Sieg nach dem 1:1-Unentschieden im Hinspiel ist die Borussia erstmals seit drei Jahren wieder ins Viertelfinale der Champions League eingezogen.

Hilfreich war bei diesem Unterfangen, dass der von Manchester United ausgeliehene Flügelstürmer Jadon Sancho die Dortmunder bereits nach 175 Sekunden mit 1:0 in Führung gebracht hatte. Als Sancho in der 74. Minute angeschlagen vom Feld humpelte, führten die Dortmunder zwar immer noch durch seinen Treffer, aber: Sie retteten sich gegen immer stärker werdende Eindhovener mit ein bisschen Glück über die Zeit. Das 2:0 erzielte Marco Reus erst ganz spät in der Nachspielzeit.

"Ich finde, dass es ein gutes Spiel von uns war, vor allem in der ersten Halbzeit", sagte Emre Can beim übertragenden Sender Dazn. "Wenn wir so Fußball spielen, sind wir eine echt geile Mannschaft. Wir freuen uns einfach auf das Viertelfinale."

Weil der Innenverteidiger Nico Schlotterbeck gelbgesperrt war, hatte der Trainer Edin Terzic seine Abwehrreihe umbauen müssen. Er entschied sich für Niklas Süle als Rechtsverteidiger sowie für Can und Mats Hummels innen. Salih Özcan übernahm Cans Position im zentral-defensiven Mittelfeld. Es war die defensive Hälfte der Aufstellung gewesen, die sich im Hinspiel beim 1:1 in Eindhoven schwergetan hatte. Hummels, der in der Bundesliga bislang 14 Mal in der Startelf stand, in diesem Kalenderjahr aber noch gar nicht, war für Terzic aber keineswegs bloß Schlotterbeck-Ersatz. "Mats steht im achten Champions-League-Spiel zum achten Mal in der Startelf", sagte Terzic vor dem Spiel und spielte damit auf Gerüchte an, das Verhältnis zwischen Hummels und ihm sei herausfordernd.

Als das Spiel eine halbe Stunde alt war, hätten die Dortmunder gefühlt schon 3:0 führen können. Doch außer Sanchos Präzisionsschuss wollte kein weiterer Ball hineingehen. Das drohte sich zu rächen, als die von ihrem wütenden Trainer Peter Bosz (ehedem BVB) vorangetriebenen Eindhovener nach einer halben Stunde das Spiel übernahmen. Dortmunds Führung geriet in Gefahr. Acht Minuten nach dem Wiederanpfiff traf der eingewechselte Hirving Lozano nur den Außenpfosten. Das Stadion wurde stiller, das Spiel immer spannender.

Der BVB hat Glück, dass die Eindhovener ihre Chancen nicht nutzen

Eindhoven, das die niederländische Liga mit zehn Punkten Vorsprung anführt und bald Meister sein wird, führte die Dortmunder in deren Stadion phasenweise vor. Dem BVB entglitt ein wenig die Kontrolle, doch wie bereits im Hinspiel hatten die Eindhovener ihr größtes Manko in der Chancenverwertung. Und so brachten die Dortmunder ihre dünne Führung über die Zeit, ehe Reus für finalen Jubel sorgte.

Drei Jahre ist es her, dass der BVB zuletzt im Viertelfinale der Champions League stand. Dort sind sie damals zwar ausgeschieden mit zwei 1:2-Niederlagen gegen Manchester City, doch in der Bundesliga legten sie in jenem Zeitraum eine Serie von sieben Siegen in den letzten sieben Saisonspielen hin, eroberten als zuvor rückständiger Tabellenfünfter noch den dritten Platz und damit die Champions-League-Qualifikation und gewannen gegen Leipzig den DFB-Pokal. In jenen Wochen wurde ersichtlich, dass Terzic Dortmunds Trainer der Zukunft sein würde - und jetzt steht er mit seiner Mannschaft wieder vor einer ganz ähnlichen Herausforderung. Das Selbstvertrauen aus dem Gefühl, in der Champions League zu den besten acht Klubs Europas zu gehören, soll der bisweilen fragilen Mannschaft bei den kommenden Bundesliga-Aufgaben dabei helfen, mindestens den vierten Platz abzusichern und sich zum neunten Mal in Serie für die Champions League zu qualifizieren.

Der Sieg gegen Eindhoven könnte sich für den BVB als ein besonders wichtiger in der laufenden Saison entpuppen, nicht nur wegen der zusätzlichen zehn Millionen Euro an Prämie und nicht nur, weil es dem immer wieder in der Kritik stehenden Terzic ein paar gute Argumente verschafft. Die Mannschaft bekommt es in den nächsten sechseinhalb Wochen mit den direkten Kontrahenten Frankfurt, Bayern, Stuttgart, Leverkusen und Leipzig zu tun und dabei geht es dann maßgeblich um die Plätze für die Champions League. Parallel noch in der europäischen Königsklasse vertreten zu sein, könnte der mitunter verunsichert wirkenden Mannschaft zu mehr Konstanz verhelfen. Dabei können auch Kleinigkeiten hilfreich sein, zum Beispiel die Auslosung des Viertelfinals am Freitag. Dann wird der BVB in aller Munde sein, und das kann schon in einem Bundesliga-Spiel weiterhelfen wie am Sonntag: gegen Eintracht Frankfurt.

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