BVB-Sieg gegen Galatasaray:Klopp verordnet gute Laune

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Krise in der Bundesliga? Egal! In der Champions League läuft es für Borussia Dortmund wunderbar, nach dem Sieg gegen Galatasaray ist das Achtelfinale erreicht. Trainer Klopp fordert die Spieler auf, sich zu freuen.

Von Felix Meininghaus, Dortmund

Jürgen Klopp beliebte zu scherzen. Als ein Reporter während der Pressekonferenz nach dem mehr als deutlichen 4:1 (1:0) gegen Galatasaray Istanbul die Frage stellte, wie er die Jubelgesten von Marco Reus nach dessen vergangenen drei Toren (Hand auf dem Ohr, über den Augen und auf dem Mund) deute, antwortete Dortmunds Trainer knapp: "Keine Ahnung." Die türkische Fachkraft übersetzte diese beiden Worte in epischer Breite, bis Klopp unter dem Gelächter des Auditoriums intervenierte: "Wie, keine Ahnung ist auf Türkisch so lang?"

Da war sie also wieder für einen kurzen Moment: die Klopp'sche Leichtigkeit, mit er einst Fußball-Deutschland eroberte, die jedoch in letzter Zeit immer mehr auf der Strecke geblieben war. Ein Umstand, der nur allzu verständlich ist: Angesichts der Dortmunder Misere in der Bundesliga ist es nahezu unmöglich, sich das Lachen zu bewahren. Doch für diesen Abend sollte sie vergessen sein, die Krise. So hatte es Dortmunds Chefideologe verordnet, und so lebte er es selbst vor.

Nicht an den nächsten Gegner denken, nicht an den Abstiegskampf, nicht an die von Runde zu Runde größer werdende Diskrepanz zwischen den Galaauftritten in der Champions League und dem tristen Ligaalltag, der zuletzt fünf Niederlagen in Serie bereithielt. Klopp verordnete der Patientin Borussia zumindest für den Augenblick eine Spaßtherapie und ermahnte seine Spieler eindrücklich, den kostbaren Moment zu genießen. In schwierigen Zeiten müsse man "die Jungs dazu regelrecht auffordern", bemerkte der Trainer, als er die Kabine verlassen hatte.

Nach den vergangenen Siegen in der Champions League sei bei den Profis gar keine rechte Freude aufgekommen, "weil alle das nächste Bundesliga-Spiel im Kopf hatten". Dabei sei ein gedeihliches Betriebsklima gerade in Krisenzeiten elementar wichtig: "Du darfst die positiven Dinge nicht außer Acht lassen, die uns trotz allem immer noch passieren."

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Fragen nach dem nächsten Gegner in der Bundesliga ließ der 47-Jährige erst gar nicht zu. Dies mache in diesem Augenblick keinen Sinn, "wir haben genügend Scheißmomente in den letzten Wochen gehabt, lasst uns den Moment genießen. Ich mache mir heute keine Gedanken über Gladbach und weiß trotzdem, dass sie am Sonntag kommen." Kapitän Sebastian Kehl hatte seinen Trainer zumindest in Teilen verstanden. Dieser Abend sei "endlich mal wieder ein Grund, sich zu freuen", verkündete der Mittelfeldspieler. Um dann doch die Partie gegen Mönchengladbach in den Fokus zu rücken: "Gladbach wird schwerer als Galatasaray, die werden mehr investieren und aggressiver sein."

Klopp, der Psychologe im Trainingsanzug, unternimmt vieles, um seine Mannschaft auf den richtigen Weg zurückzuführen. Zum Beispiel entschloss er sich dieses Mal dazu, seine Formation während einer englischen Woche nicht durchzuwechseln. Stattdessen ließ er gegen Galatasaray exakt die elf Spieler auflaufen, die drei Tage zuvor die zweite Halbzeit in München begonnen hatten. Die Rotation ist ausgesetzt, es gibt wichtigere Parameter, als dem Stammpersonal eine Pause zu verschaffen. Viel mehr gehe es "um Stabilität, wir brauchen Entwicklung, und die muss man auf dem Platz zeigen und sehen".

Schlechte Nachrichten für einen Nationalspieler wie Matthias Ginter, der draußen sitzt, den zuletzt schwächelnden Neven Subotic aber dennoch nicht ersetzen darf. Oder Ilkay Gündogan. Nach 14-monatigem Rückenleiden sprüht der Mittelfeldspieler vor Tatendrang, den er allerdings zügeln muss, weil es Klopp derzeit nicht um spielerische Leichtigkeit geht. Es erscheint ihm wichtiger, mit den defensiv orientierten Sebastian Kehl und Sven Bender vor der Abwehr ein Bollwerk zu errichten.

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Das klappte gegen Galatasaray. "Wir haben sehr gut verteidigt und auch gut Fußball gespielt", lobte Klopp. Allerdings gegen einen erneut äußerst harmlosen Gegner aus der Türkei. Da agierten die Anhänger auf der Tribüne weitaus heißblütiger, wobei sich in diesem Fall alle Beobachter mehr Zurückhaltung gewünscht hätten. Es spielten sich wilde Szenen ab, der Schiedsrichter unterbrach zweimal das Spiel und die Polizei musste einschreiten.

Darauf angesprochen war sie wieder dahin, die von Klopp verordnete gute Laune. Solch törichte Aktionen "werfen einen Schatten auf ein für uns phantastisches Spiel", sagte der Trainer: "So etwas gefällt keinem - und trotzdem passiert es."

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