BVB in der Champions League:Durch den Böllernebel ins Achtelfinale

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Nebel in Dortmund - das Spiel stand kurz vor dem Abbruch (Foto: Bongarts/Getty Images)

Als gäbe es die ganzen Bundesliga-Probleme nicht, gewinnt Borussia Dortmund gegen Istanbul 4:1 und steht im Achtelfinale der Champions League. Dabei steht das Spiel nach Ausschreitungen der Galatasaray-Fans kurz vor dem Abbruch.

Von Daniel Theweleit, Dortmund

Bislang ist Jürgen Klopp wahrlich nicht als beschwichtigende Instanz an der Seitenlinie in Erscheinung getreten, aber auch der Trainer von Borussia Dortmund verspürt manchmal das Bedürfnis nach Stille. Vor dem 4:1 (1:0)-Sieg gegen Galatasaray Istanbul am Dienstagabend hatte er verkündet, dass "in einer schwierigen Phase Ruhe" helfe, und diese Einsicht hat er sich zu Herzen genommen. So ruhig und gelassen hat er jedenfalls selten ein Spiel des BVB am Spielfeldrand begleitet, und am Ende durfte er nicht nur den Sieg feiern, sondern auch den vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale der Champions League.

Im Europapokal läuft es einfach für den Vorletzten der Bundesliga, auch wenn dieser Abend weder denkwürdig noch glanzvoll gewesen ist. Es war eines dieser Fußballspiele, für das irgendwann einmal der Begriff Arbeitssieg erfunden worden ist. In der Defensive arbeiteten die Dortmunder geschlossen, konzentriert und meistens auch mit hoher Intensität, um bei Ballbesitz der Gäste möglichst umgehend den Ball zurückzuerobern. Oft sogar noch weit in der gegnerischen Hälfte.

BVB in der Einzelkritik
:Sokratis ist die Krise fremd

Grimmig, aber sehr torgefährlich verrichtet der Grieche sein Tagwerk. Henrikh Mkhitaryan bleibt ein Rätsel - und Marco Reus wird an diesem Abend ausschließlich sportlich bewertet. Der BVB beim 4:1 gegen Galatasaray in der Einzelkritik.

Von Felix Meininghaus, Dortmund

So wie in der Anfangsphase hatte sich schon lange kein Gegner mehr vom Pressing und Gegenpressing des BVB einschnüren lassen. "Das war sehr diszipliniert, die Mannschaft war vom ersten Moment an griffig und hat das gut verteidigt", lobte ein merklich erleichterter Jürgen Klopp. "Wenn die taktischen Maßnahmen nicht gegriffen haben, haben wir das mit Leidenschaft kompensiert."

Zwischenzeitlich erinnerte das Spiel gegen den Ball sogar an den typischen BVB-Fußball der vergangenen Jahre, im klassischen BVB-System übrigens. Bis auf den verletzten Mats Hummels, für den Neven Subotic in die Mannschaft rutschte, schickte Jürgen Klopp die selbe Elf auf dem Platz wie am vorigen Samstag beim 1:2 in München. Aber sein Experiment mit einer 4-3-3-Formation wiederholte er nicht, der BVB spielte im altbewährten 4-2-3-1.

Stimmen zum BVB-Sieg
:"Das war pure Provokation"

Die Ausschreitungen der Fans von Galatasaray Istanbul hinterlassen fassungslose Dortmunder. Trainer Jürgen Klopp und Sportdirektor Michael Zorc verurteilen die Bilder. Auch Marco Reus schildert die Szenerie.

Wenn die Türken am Ball waren, sah das sehr gut aus, allerdings litt das Team in der Anfangsphase unter einer gewissen Ideenlosigkeit bei eigenem Ballbesitz. Erstmals war der Mangel an Selbstvertrauen und Inspirationskraft, unter dem das Team in der Bundesliga leidet, kurz auch mal im Europapokal zu sehen.

Passend dazu hatten die Gäste dann auch die erste gute Chance. Wesley Sneijder war Neven Subotic davon geschlichen und versuchte einen Fallrückzieher, traf den Ball aber nicht voll, so dass Roman Weidenfeller keine Mühe hatte zu klären (15.). Und auch die erste Dortmunder Torgefahr war keineswegs die Folge einer guten Idee, Sokratis köpfte eine Ecke an die Latte (25.). Aber in dieser Phase verlor Istanbul an Stabilität, auch der starke Shinji Kagawa hatte eine gute Schussmöglichkeit verfehlte das Tor aber knapp (33.).

Dann hatte Lukasz Piszczek den durchschlagenden Einfall, der der Partie die entscheidende Note verlieh: Ein toller Pass des Polen landete bei Reus, der an der sich an der Kante zum Abseits herumgetrieben hatte und den Ball cool ins Tor schob (39.). "Ein großartiges Tor", fand Jürgen Klopp. Und nicht nur er.

Nun begann die beste Dortmunder Phase, Galatasaray haderte, die türkischen Fans zündete Feuerwerkskörper, was die Schiedsrichter zu einer dreiminütigen Unterbrechung veranlasste, und Sokratis traf kurz nach der Pause zum 2:0 (56.). Der Grieche stocherte den Ball nach einer Ecke und einem gewonnen Kopfballduell aus fünf Metern ins Tor.

Kurz wurde es noch einmal spannend, als Hakan Balta den Ball nach einer Ecke per Kopf zum 2:1 ins Dortmunder Tor wuchtete (70.). Aber weil die Türken nun auf den Ausgleich hofften, hatte der BVB Raum für Konter, Ciro Immobile schloss einen dieser Gegenangriffe zum 3:1 ab, das Spiel war entschieden, und Immobile war dann auch am vierten Dortmunder Tor beteiligt, als seine Schussflanke aus kurzer Entfernung von Semih Kaya ins eigene Tor abgefälscht wurde (86.). Bei den Türken fielen in dieser Phase weniger die Spieler auf als die dummbatzigen Fans, die eine Serie von Böllern und Raketen zündeten.

Die internationale Siegesserie hat der Bundesligist also fortgesetzt, das Achtelfinale ist erreicht. Und auch der Gruppensieg ist dem BVB kaum noch zu nehmen, da zur gleichen Zeit der FC Arsenal ein 3:0 gegen Anderlecht verdaddelte - die Londoner haben nach dem 3:3 bereits fünf Punkte Rückstand. Trotzdem bleibt die Frage, ob sich die Dortmunder richtig freuen können. Denn am Sonntag steht bereits wieder Bundesliga auf dem Terminplan - und das gegen die Gladbacher Borussia.

© SZ vom 05.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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