BVB siegt 2:1:Dortmund kann jetzt auch Kampf

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Keinen Ball verloren geben: Erling Haaland kämpft gegen Nico Elvedi. (Foto: dpa)
  • Borussia Dortmund gewinnt in Gladbach mit 2:1. Der Schiedsrichter verteilt dabei zehn gelbe Karten.
  • Der BVB sieht fünf davon - normalerweise kassieren die Dortmunder im Schnitt nicht mal eine Verwarnung pro Partie.
  • Gladbach beschwert sich über Schiedsrichter Stegemann - vor allem wegen einer Szene kurz vor der Halbzeit.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Borussia Dortmund scheint bereit zu sein für das Champions-League-Spiel am kommenden Mittwoch bei Paris St. Germain - nicht nur fußballerisch, auch kämpferisch. Mit fünf gelben Karten garnierten die Dortmunder ihren 2:1 (1:0)-Sieg bei Borussia Mönchengladbach, was insofern bemerkenswert ist, als dass der BVB in den vorangegangenen 24 Ligaspielen nur 20 gelbe Karten erhalten hatte, also im Schnitt nicht mal eine pro Partie. Das Borussen-Duell am Samstagabend war aber ganz allgemein eine ruppige Angelegenheit, denn auch die Gladbacher holten sich fünf Mal Gelb ab. In der zweiten Halbzeit gab es eine Rudelbildung der fortgeschrittenen Kategorie, als sich Jadon Sancho und Alassane Plea ineinander verkeilten wie zwei Kampfhunde. Vom Platz musste allerdings niemand. Dortmunds Torwart Roman Bürki sagte hinterher: "Das freut mich fast am meisten, dass wir so gekämpft haben." Sogar Gladbachs Kapitän Lars Stindl schwärmte trotz der Niederlage von einem "echten Topspiel mit Power, Hektik und Emotionen".

Nach acht Bundesliga-Heimsiegen in Serie und zuletzt einem Unentschieden gegen Hoffenheim verloren die Gladbacher in der Liga erstmals wieder seit August daheim. Es lief diesmal einiges schief: In der 8. Minute hatten die Gladbacher von ihrem Ex-Spieler Thorgan Hazard das frühe 0:1 kassiert, in der 36. Minute hatte der Abwehrchef Denis Zakaria nach einem Zusammenprall mit dem eigenen Torwart Yann Sommer verletzt vom Feld gemusst. Nach Gladbachs 1:1 durch Lars Stindl (50.) profitierten die Dortmunder beim 2:1-Siegtreffer (71.) von einer Kombination ihrer schnellen Flügelspieler Sancho und Achraf Hakimi. BVB-Trainer Lucien Favre freute sich vor allem über die Phase nach dem Gegentor: "Nach dem 1:1 haben wir sofort gezeigt, was wir wollen - da war es richtig gut."

Gladbachs Zakaria musste verletzt ausgewechselt werden

Das Spiel war von Beginn an derart zerfahren, dass sich sogar Dortmunds Wellenbrecher Emre Can zwei Mal weh tat und am Boden krümmte. Dem deutschen Nationalspieler sagt man eigentlich das Schmerzempfinden vom Terminator nach, aber das war vermutlich auch der Grund, warum Can nach kurzer Erholungspause schon wieder auf das Feld zurückkehrte. Zu diesem Zeitpunkt führten seine Dortmunder bereits durch Hazard.

Hazard hat bis vergangenen Sommer für Gladbach gespielt, fünf Jahre lang, und im letzten halben Jahr am Niederrhein hat er im Borussia-Park kein einziges Tor mehr geschossen. Nun aber, da er im Trikot des BVB zurückkehrte, benötigte er keine acht Minuten, um seinem langjährigen früheren Arbeitgeber eins auszuwischen. Auf Vorlage von Erling Haaland tanzte er erst wie ein Eiskunstläufer durch den Strafraum und schoss dann mit der Präzision eines Biathlonschützen ins linke Eck des Gladbacher Tores ein. Die Anleihen beim Wintersport haben ihre Berechtigung, denn machtlos war in dieser Szene ja der Torwart namens Sommer.

Als sich die Gladbacher nach einer halben Stunde einmal besonders aussichtsreich dem Dortmunder Strafraum näherten, setzte der ballführende Flügelspieler Ramy Bensebaini über die linke Seite zu einem gefährlichen Vorstoß an, doch ein Gegenspieler ließ ihn brüsk auflaufen. Dass sich der Algerier darüber erkennbar echauffierte, lag aber vor allem daran, dass er diesen Gegenspieler im Getümmel als den Schiedsrichter Sascha Stegemann identifizierte. Stegemann immerhin zeigte sich versöhnlich und bestrafte Bensebainis Aufmucken gnädigerweise nicht mit Gelb.

Ärgerlicher als dies waren für die Gladbacher kurz vor der Pause zwei andere Vorfälle: Ihr zentraler Innenverteidiger Zakaria musste aus dem Spiel, weil er bei einer Klärungsaktion gegen Dortmunds heranstürmenden Haaland vom eigenen Torwart Sommer unglücklich getroffen wurde. Für ihn kam der seit 14 Jahren für Gladbach spielende Tony Jantschke ins Spiel und hätte sich um ein Haar sofort über den Ausgleich freuen dürfen, allerdings parierte BVB-Torwart Roman Bürki einen Schuss von Plea sehr gekonnt im Fluge.

Sekunden vor dem Halbzeitpfiff rammte Dortmunds Zagadou den Gladbacher Hofmann im eigenen Strafraum - doch der Elfmeterpfiff blieb aus. "Das ist Wahnsinn. Er holt mich klar von den Beinen. Ich habe mit dem Schiedsrichter gesprochen. Er meinte, in Köln habe man gesagt, auf gar keinen Fall Elfmeter. Da wünsche ich mir, dass er rausgeht und sich das Ding anschaut", sagte Hofmann später. Auch Nationalspieler Matthias Ginter war sauer. "Da war überhaupt keine Linie zu erkennen", sagte der Abwehrspieler.

"Nach dem 1:1 wollten wir vielleicht sogar zuviel", sagt Stindl

Vorübergehend erlöst wurden die Gladbacher fünf Minuten nach der Pause von ihrem Kapitän Stindl - schon wieder. Der Treffer zum 1:1 war sein fünftes Tor binnen vier Spielen. Stindl hatte im vergangenen Jahr wegen eines Schienbeinbruchs ein halbes Jahr pausieren müssen und war im Herbst zurückgekehrt, aber erst jetzt ist er wieder in Bestform.

In der 65. Minute gab es in dem nunmehr offenen Schlagabtausch auf beiden Seiten offensive Signale, denn für Gladbach kam der leicht angeschlagene Marcus Thuram (sechs Saisontore) ins Spiel und für Dortmund der leicht erkältete Sancho (14 Saisontore). Weil der Engländer ein genauso brillanter Vorbereiter ist, dauerte es nur sechs Minuten, ehe er über rechts Hakimi steil zum 2:1-Treffer schickte. Es war Sanchos 15. Torvorlage. Sein 15. Saisontor scheiterte kurz darauf in der 79. Minute daran, dass sein Schuss gegen den Innenpfosten knallte. Im Gegenzug vergab der eingewechselte Breel Embolo allein vor Dortmunds Tor, weil er eine Hereingabe nicht richtig traf und der Ball am Tor vorbeikullerte.

"Bis zum 1:1 war es ein sehr gutes Spiel", fand Stindl, "leider haben wir danach ein bisschen zu tief verteidigt und hintenraus auch unsere Chancen nicht genutzt." Der Trainer Rose hingegen fand: "Nach dem 1:1 wollten wir vielleicht sogar zuviel - aber da hatten wir schon Puls 220, also kein Vorwurf an die Jungs."

© SZ vom 08.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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