Champions League:Der BVB scheitert wieder an sich selbst

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Warnt seine BVB-Kollegen: Mario Götze. (Foto: REUTERS)
  • Nach dem Achtelfinal-Aus in der Champions League droht Borussia Dortmund eine gänzlich erfolglose Saison.
  • Die Meisterschaft ist noch möglich, doch Mario Götze warnt, "dass uns vorne ein paar Prozentpunkte fehlen".

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Viele gute Torchancen, Trost von den Fans und ab sofort keine Ablenkung mehr durch lästige Pokal- oder Champions-League-Spiele beim Kampf um die Meisterschaft - bei Borussia Dortmund waren sie nach der 0:1-Niederlage am Dienstagabend gegen Tottenham Hotspur geneigt, ihr ganzes Elend positiv zu beleuchten. Nur Trainer Lucien Favre brachte die entscheidende Tatsache nüchtern auf den Punkt: "Wir wollten das nicht!"

Denn im März 2019 steht Borussia Dortmund, die mit Abstand beste deutsche Fußball-Mannschaft der Hinrunde, nun genau so da, wie sie es eigentlich überhaupt nicht wollte: Aus im DFB-Pokal, Aus in der Champions League und mit der Bürde von nur einem Sieg aus den jüngsten acht Pflichtspielen in jene entscheidende Bundesligaphase einbiegend, in der Konkurrent Bayern München das Momentum auf seiner Seite zu haben scheint. Plötzlich droht dem BVB die Erkenntnis, dass man am Ende dieser hoffnungsvollen Spielzeit mit nicht viel mehr wird wuchern können als am Ende der verkorksten vergangenen Saison: nämlich womöglich allenfalls mit der Qualifikation für die Champions League.

Die Dortmunder lobten sich hinterher selbst für 20:5 Torschüsse, 62 Prozent Ballbesitz und ein dominantes Spiel gegen Tottenham, aber sie vergaßen, dass die Londoner null Interesse daran hatten, den Dortmundern diese Statistiken überhaupt streitig zu machen. Die Spurs wollten den Ball nicht, sie brauchten keine Chancen, sie wollten einfach nur ins Viertelfinale der Champions League und schafften dies mit der von ihnen ausgeklügelten Strategie, dass sie hinten schön dicht standen, ihren Torwart Hugo Lloris alle Dortmunder Chancen zunichtemachen ließen und vorne die eine Chance nutzten, die Harry Kane in der 48. Minute zum 1:0-Endstand verwandelte.

"Ich bin stolz auf meine Mannschaft", sagte doch tatsächlich der Dortmunder Torwart Roman Bürki, aber das durfte allenfalls als eine Art von Stolz durchgehen, mit der Eltern die krakelige Zeichnung ihres Kindes vergöttern. Wie süß! Dortmund hat sich abgerackert an den clever verteidigenden Spurs, die sich nun weiterhin mit Europas besten Mannschaften messen dürfen, während in Dortmund nur noch darüber geredet wird, wie gut man doch in der Gruppenphase gegen Monaco (3:0) und Atletico Madrid (4:0) gespielt hat.

"Der Kredit der Fans hält vielleicht nicht lange an"

Mehr als Randnotizen in der Europapokal-Geschichte des BVB sind das aber nicht. Es überdauern halt letztlich nur die Jahrhundertspiele wie das Finale 1997 gegen Juventus Turin (3:1) oder das Finale 2013 gegen Bayern München (1:2). "Nicht verzagen, bis wir den Pott wie '97 wieder übern Rasen tragen", formulierten die Fans vor dem Spiel im Rahmen ihrer üppigen Choreografie. Ein Reim wie Dortmunds momentaner Fußball: hingewurschtelt.

Viele BVB-Fußballer wollten danach wenigstens den Eindruck erwecken, dass man mit einer solchen Leistung, die gegen Tottenham nicht zum Weiterkommen gereicht hat, gegen den VfB Stuttgart am kommenden Samstag aber doch hoffentlich wohl gewinnen werde. Mario Götze warnte vor einer solchen Annahme. "Ja, wir haben gegen Tottenham viele Chancen kreiert", sagte er, "aber das hatten wir in Nürnberg auch und in Augsburg auch" - und dort hat man nur 0:0 gespielt und 1:2 verloren. "Vorne fehlen uns momentan die letzten Prozentpunkte", sagte Götze und appellierte an die Mannschaft, nicht mit falschen Schlüssen aus dem Tottenham-Spiel gegen den VfB Stuttgart anzutreten. "Da ist jedes Spiel anders."

Auch Kapitän Marco Reus äußerte sich verhalten, lobte zwar die Fans für ihren tröstenden Zuspruch nach dem Abpfiff, machte sich aber wenige Hoffnungen, dass die 25 000 Zuschauer starke Südtribüne einen sich fortsetzenden Niedergang goutieren würde. "Der Kredit der Fans hält vielleicht nicht lange an", sagte Reus, "wir müssen in den nächsten Wochen liefern." Was die Fans versöhnen würde, sangen sie nach dem Champions-League-Aus auch noch: "Deutscher Meister wird nur der BVB." Jetzt wissen die Spieler wenigstens, woran sie sind.

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