BVB-Aus gegen Tottenham:0:4 nach zwei Spielen

Lesezeit: 3 min

  • Borussia Dortmund ist in der Champions League gescheitert.
  • Im Achtelfinale verliert der BVB auch das Rückspiel gegen Tottenham.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

In der Nord-Ost-Ecke des Dortmunder Fußballstadions sind alle vereinseigenen Wunder gesammelt und dokumentiert. Dort liegt das Borusseum, das Vereinsmuseum von Borussia Dortmund. Es wäre den Verantwortlichen ein wahres Vergnügen gewesen, wenn sich Dienstagnacht erwiesen hätte, dass die Ausstellung im Borusseum kurzfristig einer elementaren Erweiterung bedarf, weil sich im Zentrum des Stadions ein Fußballspiel ereignet hat, das die Geschichte der Borussia umschreibt. Doch dazu wäre gegen Tottenham Hotspur ein sogenanntes Fußballwunder notwendig gewesen.

Der BVB hätte im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League eine 0:3-Hinspiel-Niederlage wettmachen müssen. Dann hätte man das Borusseum, zahlreiche BVB-Bücher sowie die umfangreichen gelb-schwarzen DVD-Kompendien überarbeiten müssen. Diese Mühe bleibt den Vereinschronisten erspart. Borussia Dortmund hat das Rückspiel gegen Tottenham trotz bester Torchancen 0:1 (0:0) verloren. Das Ergebnis verzerrt den Spielverlauf, Dortmund war hochüberlegen, mit 20:5 Torschüssen, aber entscheidend war am Ende: Das Wunder ist ausgeblieben.

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Was für eine Pleite: Der Titelverteidiger scheitert im Achtelfinale der Champions League an Amsterdam - das Rückspiel endet 1:4. Die Krise in Madrid ist perfekt.

Und so bleibt es dabei, dass der BVB noch nie in seiner 109-jährigen Vereinsgeschichte einen Drei-Tore-Rückstand aus einem Hinspiel drehen konnte. Als entscheidendes Manko erwiesen sich wie erwartet die beiden späten Gegentore aus dem Hinspiel, denn sie erlaubten den Gästen aus London, in Dortmund ausschließlich auf Torverhinderung zu spielen - und die Partie mit der ersten Chance durch Harry Kane zu entscheiden (48.).

Spurs-Torwart Hugo Lloris verdirbt den Dortmundern den Jubel

Nach der 1:2-Niederlage in Augsburg hatte Favre seine Startelf auf vier Positionen verändert. Die zuletzt anfälligen Abwehrspieler Achraf Hakimi und Dan-Axel Zagadou flogen raus, genauso wie Mittelfeldspieler Thomas Delaney und Flügelstürmer Jacob Bruun Larsen. Dafür spielten Julian Weigl in der Innenverteidigung, der eigentlich offensive Flügelmann Marius Wolf erstmals als Rechtsverteidiger, Raphael Guerreiro vorne links sowie Paco Alcácer als Mittelstürmer. Favre bot seine zehn Feldspieler in einem ungewohnten 4-1-4-1-System auf, in dem die vorderen sechs Spieler die Engländer bei Ballbesitz sofort aggressiv attackierten.

Die Dortmunder Fans hatten in einer Choreografie vor dem Anpfiff den Gedanken entwickelt, an den Gewinn der Champions League im Jahr 1997 zu erinnern. Und das trotz dieses Drei-Tore-Defizits, wie die Hinspiel-Niederlage im offiziellen Uefa-Verbandsjargon heißt. So ein Defizit muss man Tor für Tor abtragen - aber Titel gewinnt man in der Abwehr, dachten sich die Spurs und zogen sich extrem weit zurück. Alle zehn Feldspieler agierten phasenweise im letzten Drittel vor dem eigenen Tor, was es den Dortmundern erschwerte, in den sog. Rücken der Abwehr zu gelangen. Diese Abwehr hatte gar keinen Rücken.

Dortmunds Torannäherungen waren mithin zunächst handverlesen. Aktionen meist über die linke Seite (Guerreiro) mit der Anspielstation Marco Reus im Zentrum hoben die Akustik im Stadion kurzzeitig an. Dortmund griff kontrolliert an, Tottenham verteidigte kontrolliert, beide Seiten verhielten sich taktisch vorbildlich - mit dem entscheidenden Dortmunder Manko, dass trotz zunehmender Chancen vor der Pause (Weigl, 33., Götze, 34., Sancho, 37.) weiter kein Tor heraussprang. Spurs-Torwart Hugo Lloris verdarb ihnen den Jubel mit mancher Parade. Nach einer halben Stunde hatte der BVB Glück, als Tottenhams einziger Konter der ersten Halbzeit durch Heung-Min Son verpuffte.

Entscheidender Dämpfer durch Harry Kane

In der zweiten Halbzeit war das Spiel gerade drei Minuten alt, als die Dortmunder Hoffnungen den entscheidenden Dämpfer erhielten. Im Mittelfeld kam Tottenhams Moussa Sissoko gegen natürlich hoch aufgerückte Dortmunder an den Ball und schickte Spurs-Torjäger Harry Kane in den freien Raum. Er lief frei auf den Torwart Roman Bürki zu, es war der erste Schuss der Gäste, der wirklich aufs Tor ging - und er war gleich drin. Dieses 1:0 für Tottenham, der erste Gegentreffer des BVB im vierten Champions-League-Heimspiel in dieser Spielzeit, bedeutete, dass die Dortmunder nun gar fünf Treffer hätten schießen müssen, um das Viertelfinale noch zu erreichen. Man konnte an ihrer Körpersprache ablesen, dass sie daran nicht wirklich glauben wollten.

Und so können sich die auch im DFB-Pokal bereits ausgeschiedenen Dortmunder fortan ganz auf den Kampf um die Meisterschaft konzentrieren. Vielleicht entpuppt sich das ja als Wettbewerbsvorteil gegenüber dem punktgleichen FC Bayern München. Auch das wäre ein Anlass, im Borusseum für Veränderungen zu sorgen.

© SZ vom 06.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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