Bundesliga: Stuttgart - Wolfsburg:Der vorletzte Angriff

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Am Ende fehlten nur 30 Sekunden: In der Nachspielzeit kassiert der VfL Wolfsburg beim VfB Stuttgart den Ausgleich - was Felix Magath als Aufforderung versteht, sein neues Team grundlegend zu kritisieren.

28 Tore hat Grafite erzielt, damals, im Wolfsburger Meisterjahr. Er hatte einen Trainer, der echten Grafite-Fußball spielen ließ, einfach, direkt und körperbetont. Dann verließ dieser Trainer Wolfsburg, Grafite spielte nicht mehr so oft, traf immer seltener. Grafite, 31, hat heftig gejubelt am vorigen Mittwoch, fast so wie früher nach seinen Torerfolgen. Er hatte erfahren, dass Felix Magath zurückkehrt, der Trainer, der ihn groß gemacht hat. Acht Tore werde er in dieser Saison noch schießen, verkündete er im Überschwang. "Ich erwarte neun", konterte Magath trocken.

Nur fast gewonnen: Wolfsburgs Trainer Felix Magath. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Am Sonntagabend, beim Spiel in Stuttgart, verlor der VfB-Verteidiger Celozzi also in der 40. Minute im rechten Strafraumeck den Ball, der Ball gelangte irgendwie in die Mitte, dort stand Grafite, und er reagierte einfach, direkt und körperbetont: Er schoss das 1:0 für den VfL Wolfsburg (40.) - ein wichtiger Treffer, denn der ehemalige Meister ist unter Magaths diversen Nachfolgern zum Abstiegskandidaten mutiert.

Am Ende war der Treffer aber nicht so wichtig, wie er hätte sein können: Als der VfL schon dem ersten Sieg unter dem neuen, alten Trainer entgegenfieberte, schlugen die Stuttgarter beim vorletzten Angriff der Partie doch noch zu. Ein langer Ball von Christian Gentner, ein noch längeres Bein von Georg Niedermeier, er stoppte, schoss und traf - 1:1 stand es in der dritten Minute der Nachspielzeit.

Dabei blieb es - ein glücklicher Punkt für den VfB. Magath, der Meistermagier, verbringt die Länderspiel-Pause auf einem Abstiegsplatz, und was das für seine unglückliche Elf bedeutet, lässt sich erahnen: "Körperlich ist in der Mannschaft nichts drin", brummte Magath und ergänzte, seine Spieler hätten "anscheinend noch nicht registriert, dass sie im Abstiegskampf stecken". Das klingt nach Arbeit.

Zuvor war aber nicht zu übersehen gewesen, dass der in Schalke unter zweifelhaften Umständen entlassene Altmeister eine Qualität nach wie vor besitzt: Seine Name ist immer noch klangvoll genug, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Er müssen jetzt die ganze Spiel-Vorbereitung "in die Tonne treten", hatte Stuttgarts Trainer Bruno Labbadia gestöhnt, als er vom Wolfsburger Trainer-Coup erfuhr.

Der VfB, mit drei Siegen am Stück eigentlich zu einigem Selbstbewusstsein berechtigt, machte sich erstaunlich klein vor dieser Partie; die Wolfsburger, mit sechs Niederlagen aus den vergangenen sieben Spielen eigentlich krasser Außenseiter, fühlten sich plötzlich ernst genommen und gefürchtet. Und sie starteten genauso in dieses Abstiegsduell wie erwartet: Sie bauten einige kernige Abwehrriegel auf und scherten sich nicht um das schöne Spiel, das Magaths Nachfolger und Vorgänger Veh, McClaren und Littbarski immer sehen wollten. Und aus ihren Riegeln schickten sie immer wieder lange Bälle nach vorne auf Grafite.

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Die Stuttgarter mühten sich tapfer, den Magath-Faktor dieses Spiels zu ignorieren, sie bemühten sich um Spielkontrolle, aber ihnen fehlte jegliche Überzeugung - zumal das kreative Potential der Elf unter dem Ausfall der zuletzt überzeugenden Harnik (gesperrt) und Hajnal (verletzt) litt. Weiteres Personalpech ereilte den VfB, als auch noch Zdravko Kuzmanovic vom Feld humpelte (39.), zuletzt Stuttgarts torgefährlichster Spieler.

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Und Wolfsburg? Spielte einfach weiter mit sieben Spielern aus Magaths Meister-Elf von 2009 - und wartete ab. Um die Nostalgie perfekt zu machen, hatte Magath als Vertreter des verletzten Torwarts Benaglio sogar Reservekeeper André Lenz nominiert - der 37-Jährige, von Magath als loyal geschätzt, ist eigentlich nur noch die Nummer drei im Verein.

Die Stuttgarter versuchten, den Rückstand wettzumachen, aber es blieb zunächst auf recht hilflose Weise beim Versuch. Sie rannten sich fest oder schickten lange Bälle Richtung Strafraum - ein Plan, den Magath mit der Einwechslung des etwa vier Meter großen Madlung durchkreuzte.

Es war wie in der ersten Hälfte, nur extremer: Die Stuttgarter kamen zu ein paar Chancen, die ebenfalls nicht sehr inspirierten Wolfsburger hätten mit ein paar Kontern das Spiel früher entscheiden müssen - aber sie scheiterten stets am blendenden VfB-Torwart Ulreich.

Die Stuttgarter haben im Abstiegskampf jetzt vier Punkte gegen Felix Magath geholt: Vor zwei Wochen siegte der VfB mit 1:0 - gegen Schalke 04.

© SZ vom 21.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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