Bundesliga:Stöger ist das Opfer fremder Fehler

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Peter Stöger beim Spiel gegen Schalke. (Foto: REUTERS)

Trotz einer verheerenden sportlichen Bilanz erreichte Peter Stöger noch die Herzen von Spielern und Fans. Der 1. FC Köln gibt bei der Trennung vom beliebten Trainer kein gutes Bild ab.

Kommentar von Sebastian Fischer

Es ist eine der Begleiterscheinungen des polierten Produkts namens Fußball, dass Bundesligisten seit ein paar Jahren nicht mehr nur ein Wappen haben, sondern auch einen passenden Werbeslogan. "Echte Liebe" propagiert Borussia Dortmund als sein Alleinstellungsmerkmal, beim Nachbarn Schalke 04 sagen sie semantisch fragwürdig "Wir leben dich". Der 1. FC Köln, in derart schmachtender Gefühlsduselei auch erfahren, behauptet, "spürbar anders" zu sein. Der Verein hätte an diesem Wochenende die Gelegenheit gehabt, diesen Spruch mit Leben zu füllen. Der Verein ist dabei, diese Gelegenheit zu verpassen.

Es war eigentlich keine Überraschung mehr, als schon am Samstagabend nach dem 2:2 gegen Schalke die Trennung des Klubs von Peter Stöger durchsickerte. Vermeldet wurde sie dann am Sonntagmittag bei einer Pressekonferenz von Präsident Werner Spinner. Zu offensichtlich war der Konfrontationskurs zwischen dem Trainer und dem Vorstand des Klubs in der vergangenen Woche zutage getreten.

Zunächst hatte Stöger, selbst wegen seiner Trainingsgestaltung in der Kritik, sich mit Fitnesstrainer Yann-Benjamin Kugel überworfen und ihn degradiert - obwohl Kugel, der auch für den DFB arbeitet, hohes Ansehen genießt. Und dann sprach Stöger in Richtung des Vorstands öffentlich von einem Abschied von Werten wie "Vertrauen, Respekt und Verantwortung". Der Klub hatte also über die sportlich fatale Negativbilanz von nun drei Punkten in 14 Spielen Gründe dafür, Stöger zu entlassen. Nun ist es nach dem Unentschieden bei Schalke 04 passiert und sieht wie ein Fehler aus.

Sechs Tore in 14 Partien, das ist Bundesliga-Minusrekord

Nie zuvor in der Geschichte des 1. FC Köln gab es einen Trainer, der länger für den Klub arbeitete: 1634 Tage, 168 Spiele lang. Stöger stieg in die Bundesliga auf und führte den FC in die Europa League, das wird die Eindrücke dieser Hinrunde überdauern. Stöger hat Fehler gemacht, sechs Tore in 14 Spielen sind natürlich auch auf seine sture Defensivtaktik zurückzuführen. Doch viel mehr ist er zum Opfer der Fehler anderer geworden, allen voran des Managers Jörg Schmadtke, der den Kader trotz riesiger finanzieller Ressourcen mit seinen Transfers im Sommer eher schwächte als verstärkte - und dann einfach zurücktrat.

Der Vorstand um Geschäftsführer Alexander Wehrle stellte sich ungeschickt an, verpasste Möglichkeiten nach schwachen Heimspielen wie gegen Hoffenheim oder Berlin in der Vorwoche, um eine Trennung gemäß der üblichen Regeln der Branche vertretbar zu moderieren. Gegen Schalke war das offensichtliche Argument für eine Entlassung aber keines mehr. Denn am Auftreten der Spieler war deutlich zu sehen, wie Stöger trotz der misslichen Lage bis zuletzt nicht nur ihre Köpfe erreicht hat - der FC spielte taktisch diszipliniert und verdiente sich den Ausgleich. Stöger erreichte auch die Herzen der Spieler. Anders sind kaum die Tränen des FC-Profis Tim Handwerker zu erklären, nachdem er den Mannschaftskreis nach dem Schlusspfiff verließ. Und die Herzen der Kölner hat er in der Krise nie verlassen. Die Fans haben nicht ein einziges Mal Stögers Ablösung gefordert.

Stöger hat im Sommer im Trainingslager in Kitzbühel einen Satz gesagt, von dem er damals nicht ahnte, dass er eine bittere Wahrheit und eine Fehleinschätzung enthielt. "Wenn ich nix mehr gewinnen würde", sagte Stöger, "würden meine Sympathiewerte auch in Köln nach unten schnellen." Stöger hat als FC-Trainer seit Sommer in der Bundesliga nix mehr gewonnen, doch die Sympathien hat er noch immer auf seiner Seite. Es wäre sehr kompliziert geworden, doch in Köln hätten es die wenigsten kritisiert, hätte sich der Klub zum Freiburger Modell bekannt. Dort hat Präsident Fritz Keller unter der Woche bestätigt, dass der Verein auch im Falle des Abstiegs mit Trainer Christian Streich weiterarbeite: "Absolut, keine Frage."

Der SC Freiburg ist spürbar anders. Der 1. FC Köln kämpft vorerst weiterhin ohne große Aussichten auf Erfolg gegen den Abstieg.

© SZ vom 03.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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