Bundesliga-Prognose:Für den HSV wird es nach oben gehen

Lesezeit: 6 min

Die Aussichten für den HSV könnten besser sein. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Schalke hat die Möglichkeiten, endlich wieder einmal ganz oben mitzuspielen - wie schon vergangene Saison
  • Für Hannover 96, den FSV Mainz 05 und vor allem den FC Ausgburg wird es ein schwieriges Jahr.
  • Bei Eintracht Frankfurt und Bayer Leverkusen scheint vieles möglich. Und der HSV ist jetzt schon wieder der HSV.

Von Martin Schneider

FC Schalke 04

Was spricht für Schalke?

Im Prinzip das Gleiche wie in der vergangenen Saison: Der Kader ist stark, der Trainer neu und das Umfeld bereit, dem Klub eine neue Chance zu geben. Domenico Tedesco hat in Aue beim Zweitliga-Klassenerhalt mit attraktivem Fußball Erstaunliches geschafft, und hat nun mit Schalke bessere Spieler (und mit Coke und Breel Embolo zwei langzeitverletzte Rückkehrer), um seine Ideen umzusetzen.

Was spricht gegen Schalke?

Im Prinzip das Gleiche wie in der vergangenen Saison: Der Kader war zwar stark, rief aber die Leistung nicht konstant genug ab, der Trainer war neu und irgendwann überfordert. Auch Markus Weinzierl hatte mit Augsburgs Europapokal-Einzug Erstaunliches geschafft, die Situation auf Schalke bekam er aber nicht in den Griff. All das kann wieder passieren, und die Stimmung im Umfeld schnell kippen.

Interessantester Spieler

Leon Goretzka. Bester Kicker des Confederations Cup und immer noch bei Schalke. Schon in der vergangenen Saison starke Auftritte, wenn er an seine Form in Russland anknüpfen kann, werden sie noch besser. Enormer Antritt, enorme Technik, große Torgefahr. Schalke sollte seine vermutlich letzte Saison im königsblauen Trikot genießen.

Prognose in einem Satz

Diesmal klappt es vielleicht.

Eintracht Frankfurt

Was spricht für die Eintracht?

Trainer Niko Kovac schaffte es schon vergangenes Jahr, aus einer unübersichtlichen Situation heraus eine Mannschaft zu formen, die zwischenzeitlich auf Rang drei der Tabelle stand. Kovac ist noch da - und auch die unübersichtliche Situation ist wieder da.

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Was spricht gegen die Eintracht?

Frankfurt ist die größte Wundertüte der Liga. Neun Spieler sind gegangen (fast alles Leistungsträger, darunter mit Jesus Vallejo der beste Spieler des Teams), zwölf Spieler sind neu (darunter ein Mensch namens Nelson Mandela, eventuell auch noch ein Mensch namens Kevin-Prince Boateng). Radikaler Umbruch einer Mannschaft, die es immerhin ins Pokalfinale geschafft hat.

Interessantester Spieler

Wenn er kommt: Kevin-Prince Boateng. So lange er noch da ist: Torwart Lukas Hradecky. Einer der besten Torhüter der Liga. Rettet Frankfurt über die Saison gesehen sicher drei bis vier Punkte. Auch wenn bei dem Finnen Aussetzer wie bei seinem Platzverweis gegen Leipzig drin sind.

Prognose in einem Satz

Eine seriöse Prognose ist einfach unmöglich.

Bayer Leverkusen

Was spricht für Bayer Leverkusen?

Die Doppelbelastung durch den Europapokal ist weg, der Kader immer noch super. Trainer Roger Schmidt und sein Team, das die Mannschaft offenbar in zwei Lager spaltete, sind nicht mehr da. Mit Sven Bender kommt ein Charakter-Spieler dazu. Benjamin Henrichs, Julian Brandt, Kai Havertz und Jonathan Tah sind Talente, die andere auch gerne hätten.

Was spricht gegen Bayer Leverkusen?

Die Verpflichtung von Trainer Heiko Herrlich verlief zumindest kurios. Man fragt sich, ob wirklich die Relegationsspiele von Jahn Regensburg gegen einen nicht ernst zu nehmenden TSV 1860 München den Ausschlag gegeben haben. Außerdem: Wer soll nach dem Weggang von Chicharito die Tore schießen? Stefan Kießling ist 33 Jahre alt, Kevin Volland kein klassischer Mittelstürmer.

Interessantester Spieler

Lars Bender. Kapitän und Autorität im Mittelfeld. Hat die Aufgabe, das fragile Gebilde Bayer Leverkusen irgendwie zusammenzuhalten. Spieler wie Brandt, Tah oder Leno scheinen halb auf dem Absprung zu sein und nicht wirklich gezwungen, gut abzuschneiden. Immerhin hat Bender nun Zwillingsbruder Sven in der Abwehr hinter sich.

Prognose in einem Satz

Kann leicht schiefgehen.

FC Augsburg

Was spricht für den FCA?

Dass der Klub nicht schon in der vergangenen Saison abgestiegen ist. Da holte Augsburg mit Dirk Schuster den falschen Trainer, kämpfte mit Verletzungspech und hielt trotzdem die Klasse. Eigentlich müsste es dieses Jahr einfacher gehen.

Was spricht gegen den FCA

In der Etattabelle rutschten mit dem Abstieg von Ingolstadt und Darmstadt jetzt Mainz, Freiburg und Augsburg nach ganz unten. Es gibt eigentlich keinen Klub in der Liga, der personell schlechter aufgestellt ist als Augsburg. Kapitän Paul Verhaegh ist nach Wolfsburg weitergezogen, Dominik Kohr nach Leverkusen, Raul Bobadilla zieht es offenbar nach Gladbach. Es wird einsam am Lech.

Interessantester Spieler

Daniel Baier. Schaltzentrale, Identifikationsfigur und nach den Abgängen von Verhaegh und Kohr noch wichtiger, als er sowieso schon war. Kein Spektakelspieler oder einer, der in Sportschau- oder Sportstudio-Zusammenfassungen vorkommt. Aber Augsburgs beste Hoffnung auf den Klassenerhalt.

Prognose in einem Satz

Augsburg sollte mit einem Abstieg umgehen, wie Freiburg es tut.

Hamburger SV

Was spricht für den HSV?

Vergangenes Jahr ging der Klub quasi ohne Abwehr in die Saison und hat dieses Versäumnis erst in der Winterpause mit der Verpflichtung von Mergim Mavraj und Kyriakos Papadopoulos korrigiert. Nachdem Markus Gisdol die Mannschaft übernommen hatte, ging es aufwärts. In der Rückrundentabelle lag Hamburg auf Platz sieben und holte nur drei Punkte weniger als Leipzig oder Gladbach. Eigentlich müsste der Klub in dieser Saison besser abschneiden.

Was spricht gegen den HSV?

Alles, was immer gegen den HSV spricht. Die Struktur, die in den vergangenen Jahren regelmäßig Chaos auslöste, ist immer noch da - wenn auch mit anderen Personen. Die Sechserposition ist immer noch nicht ausreichend besetzt, dafür hat man sich mit André Hahn schon wieder einen Außenbahnspieler geholt. Und: Bislang begegnen die Fans dem ständigen Abstiegskampf mit bemerkenswerter Treue und Unterstützung. Die Frage ist: Wie lange noch?

Interessantester Spieler

Kyriakos Papadopoulos. Emotionaler Fixpunkt im Abstiegskampf und Identifikationsfigur der Anhänger. Sollte auch in dieser Saison voll reinhauen. Das Aus im Pokal gegen den VfL Osnabrück zeigt, dass das wieder nötig sein wird.

Prognose in einem Satz

Obwohl der HSV noch der HSV ist, muss es eigentlich nach oben gehen.

FSV Mainz 05

Was spricht für Mainz 05?

Die Doppelbelastung aus der Europa League ist endlich weg. Noch jeder "kleinere" Verein kämpfte mit dem Umstand, donnerstags plötzlich in Aserbaidschan kicken zu müssen. Das kostete den FSV Punkte, aber dieses Jahr gilt wieder: volle Konzentration auf die Bundesliga. Mit der Beförderung von U23-Trainer Sandro Schwarz bleibt der Verein sich treu und wählt den Mainzer Weg.

Was spricht gegen Mainz 05?

Mit Yunus Malli und Jhon Cordoba haben die beiden besten Spieler den Klub verlassen. Mit dem Abstieg von Ingolstadt und Darmstadt gibt es keine Vereine mehr, die deutlich weniger Geld als die Mainzer haben. Die Stimmung ist gedrückt, weit entfernt von der Karnevals-Euphorie unter den Trainern Klopp oder Tuchel. Sandro Schwarz will von der Konter-Taktik seines Vorgängers Schmidt absehen und wieder mehr Ballbesitz wagen - eine riskante Taktik im Abstiegskampf.

Interessantester Spieler

Alexandru Maxim. Muss das Loch stopfen, dass Malli und der in der Rückrunde ausgeliehene Bojan Krkic hinterlassen haben.

Prognose in einem Satz

Mainz, wie es kämpft und bangt.

VfL Wolfsburg

Was spricht für den VfL?

Die Katastrophensaison, die mit dem Machtkampf um Julian Draxler und der Relegation endete, ist vorbei. Der Kader hat immer noch gehobenes Bundesliga-Niveau. Mit John Anthony Brooks und Ignacio Camacho hat sich der Verein zusätzliche Wucht eingekauft. Daniel Didavi und Yunus Malli sind zwei der technisch besten Bundesliga-Spieler.

Was spricht gegen den VfL?

Die Kombination aus Kader mit internationalem Anspruch (und entsprechenden Gehältern) und Abstiegskampf passt nicht zusammen. Das Gebilde um den nicht gerade beliebten Standort Wolfsburg kann sehr leicht zusammenbrechen, wie man gesehen hat. Und dann hilft auch alle individuelle Klasse nicht mehr.

Interessantester Spieler

Mario Gomez. Der erste große Spieler seit langem, der sich auch in der Öffentlichkeit glaubhaft mit dem VfL identifiziert, die Führungsspieler-Rolle annimmt und ausfüllt. Seine Ansagen in der vergangenen Saison waren für Wolfsburg nicht angenehm, aber offenbar notwendig. Außerdem schießt er auch noch ein paar Tore.

Prognose in einem Satz

Das Gefüge hält, in der Tabelle geht es nach oben

VfB Stuttgart

Was spricht für den VfB?

Vor allem die Euphorie im Umfeld. Ausgerechnet in der Zweitliga-Saison rückte der Verein zusammen, die Stimmung war grandios und auch der Rauswurf von Fan-Liebling Kevin Großkreutz schaffte es nicht, die neue Einigkeit im Klub zu zerstören. Dank der Ausgliederung der Profifußball-Abteilung ist frisches Geld da, dass der neue Sportvorstand Michael Reschke in die nächsten Kimmichs dieser Welt investieren kann. Mit Daniel Ginczek und Simon Terrode hat man eines der besten Sturmduos der Liga.

Was spricht gegen den VfB?

Die Abwehr scheint für die Bundesliga ziemlich wacklig zu sein. Im DFB-Pokal spielten in der Innenverteidigung mit dem Polen Marcin Kaminski und dem Franzosen Benjamin Pavard zwei Spieler ohne Bundesligaerfahrung - Stuttgart musste gegen den Regionalligisten Cottbus ins Elfmeterschießen. Trainer Hannes Wolf muss es schaffen, die Statik seiner Mannschaft auszubalancieren.

Interessantester Spieler

Holger Badstuber. Wenn er fit war, war er einer der besten Innenverteidiger der Welt. Der von beinahe sämtlichen Verletzungen der Welt geplagte Ex-Münchner wäre für die Abwehr des VfB ein Segen. Wenn er fit bleibt.

Prognose in einem Satz

Mit so viel guter Stimmung ist Abstiegskampf kaum denkbar.

Hannover 96

Was spricht für Hannover?

Der Verein hat sich nach dem Aufstieg solide verstärkt. Julian Korb, Pirmin Schwegler, Torwart Michael Esser und Matthias Ostrzolek sind gestandene Bundesliga-Spieler, die nichts so leicht aus der Ruhe bringt. Zudem ging der Verein schon in die Zweitliga-Saison mit einem halben Bundesliga-Kader.

Was spricht gegen Hannover?

Wirklich alles, was sich im berühmten Umfeld der Mannschaft abspielt. Die Ultras befinden sich im offenen Konflikt mit Präsident Martin Kind, der den Verein über eine Sonderregel komplett übernehmen will. Im Gegensatz zum Mitaufsteiger Stuttgart herrscht in Hannover keine Euphorie. Bei vielen Wettanbietern liegt die Mannschaft auf dem letzten Platz.

Interessantester Spieler

Salif Sané. Ging mit Hannover durch die zweite Liga und war eigentlich viel zu gut für diese. Auch in der Bundesliga hätte es sicher Optionen für den Senegalesen gegeben. Hält aber Hannover die Treue. Sie werden ihn brauchen.

Prognose in einem Satz

Wer in der Bundesliga wackelt und sich auch noch selbst Probleme macht, wird wahrscheinlich fallen.

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