Bundesliga:Leipzig meldet sich zum Dreikampf

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Jean-Kévin Augustin trifft per Elfmeter gegen Borussia Dortmund. (Foto: Bongarts/Getty Images)

RB Leipzig landet mit fast jedem Neuzugang einen Treffer und entwickelt sein Spielsystem eindrucksvoll weiter. Spätestens mit dem Sieg beim BVB ist das Team Meister-Kandidat.

Kommentar von Martin Schneider

Den Namen Kylian Mbappé hat man ja mittlerweile das ein oder andere Mal gelesen. Zur Erinnerung: Das ist dieser 18-jährige Kicker, der in der Geschwindigkeit eines Road Runners über den Platz flitzt und den sich Paris Saint-Germain offiziell vom AS Monaco ausgeliehen hat (ihn aber im nächsten Jahr für geschätzte 180 Millionen Euro kaufen wird; eine Verabredung, um diverse Finanz-Regelungen der Uefa auszutricksen). Dieser Mbappé, der in der Champions League vor kurzem dem FC Bayern davonflitzte, wäre 2015 fast bei RB Leipzig gelandet. Es scheiterte daran, dass er gerne Ralf Rangnick als Trainer gehabt hätte, der ihm das aber nicht garantieren konnte.

Leipzig hat dann zwei Jahre später einen Spieler verpflichtet, der laut einer Jury-Entscheidung sogar besser ist als Kylian Mbappé. Der Franzose Jean-Kévin Augustin wurde bei der U19-Europameisterschaft 2016 nicht nur Torschützenkönig, sondern auch zum besten Spieler des Turniers gewählt - vor Mbappé. Diesen Augustin holte der Sportdirektor Rangnick also im Sommer nach Leipzig, wo er am Wochenende mit seinem Elfmeter-Tor wesentlich dazu beitrug, Tabellenführer Borussia Dortmund zum ersten Mal seit 41 Spielen im eigenen Stadion zu schlagen.

Eher Action-Kino als Fußball

Der 3:2-Sieg der Leipziger in diesem Spiel, das ja eher Action-Kino als Fußball war, bewies zwei Dinge. Erstens: RB Leipzig meldet sich nun offiziell zum Dreikampf um die Meisterschaft an. Und zweitens: Das liegt vor allem an Transfers wie dem von Augustin.

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Noch vor der Saison war es gar nicht so klar, ob die Mannschaft von Ralph Hasenhüttl wieder selbstverständlich gegen die zwei Branchengrößen Bayern und Dortmund in den Kampf um die vorderen Plätze einsteigen kann. Gegen Ende der vergangenen Saison schwächelte das Team (Leipzig holte in der Rückrundentabelle einen Punkt weniger als Werder Bremen) und dieses Jahr kommt ja noch die Champions League dazu. Das Leipziger Spielsystem ist bekannt und kraftaufwendig, die Europapokal-Partien unter der Woche auf höchstem Niveau werden das Team weiter auslaugen, beides zusammen kostet Punkte in der Bundesliga - das waren Thesen, die auch in Expertenrunden ihre Zustimmung fanden. Und prompt verlor Leipzig das erste Bundesligaspiel auf Schalke.

Sportdirektor Rangnick sagte im Mai im Interview mit der SZ, man brauche mindestens noch drei oder vier Spieler zusätzlich, um die anstehende Belastung zu kompensieren. Nun, nach dem Sieg gegen Dortmund, steht als Zwischenfazit: Leipzig hat das vorhandene Geld seines spendablen Sponsors klug investiert.

Es spricht für sich, dass man extra darauf hinweisen muss, dass mit Timo Werner und Emil Forsberg zwei Leipziger Leistungsträger gegen Dortmund auf der Bank saßen. Stattdessen überzeugten die Neuzugänge Augustin (traf per Elfmeter), der Portugiese Bruma (lief BVB-Außenverteidiger Jeremy Toljan davon) und Kevin Kampl (durchpflügte das Mittelfeld). Der Österreicher Konrad Laimer und die französische Abwehrkante Ibrahima Konaté (1,93 Meter) sind ebenfalls weit davon entfernt, als Fehleinkäufe zu gelten, auch wenn sie bislang noch keine Spiele entschieden haben. Dazu scheint der immer-noch-18-jährige Innenverteidiger Dayot Upamecano trotz mancher Harakiri-Aktion insgesamt souveräner zu werden - und Werner hat, seitdem er beim Confed Cup quasi zum deutschen Nationalstürmer Nummer eins wurde, auch noch einmal einen Satz in seiner Entwicklung gemacht.

Bald alle PS auf die Bundesligastraße?

Und auch wenn sich Leipzig gegen Dortmund eine Pressingschlacht lieferte, ist die einzige erstklassige ostdeutsche Mannschaft nicht mehr ausschließlich darauf angewiesen, dem Gegner den Ball abzujagen, um zu Torchancen zu kommen. Während Schalke am ersten Spieltag noch damit durchkam, Leipzig das Spiel machen zu lassen, nahm RB einen Monat später die tief stehenden Gladbacher zumindest in der ersten Halbzeit auch bei eigenem Ballbesitz auseinander. Auch wenn das Spiel am Ende 2:2 ausging.

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Das alles sind nicht zu leugnende Indizien, dass aus dem erwarteten Zweikampf Bayern-Dortmund in diesem Jahr doch ein Dreikampf werden könnte. Das hängt auch ein bisschen davon ab, wie sich die Leipziger in der Champions League anstellen. Dort haben sie gerade beim 0:2 in Istanbul einen Geldspeicher voll Lehrgeld bezahlt. Sollten sie tatsächlich ausscheiden, würde das zwar das Selbstvertrauen angreifen - der Klub hätte aber alle Kraftreserven für die Bundesliga zur Verfügung.

In Hoffenheim hat es Ralf Rangnick nicht geschafft, das Strohfeuer des Erfolgs nach dem Aufstieg langfristig zu halten. In Leipzig gelingt ihm das offenbar besser.

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