Bundesliga:FC Bayern: Zu viel Dortmund im Kopf

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Noch einer der Besten gegen Mainz: Bayerns Arturo Vidal. (Foto: AFP)
  • Der FC Bayern offenbart beim 1:2 gegen Mainz gravierende Mängel - direkt vor den Höllenspielen gegen Dortmund und Turin.
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Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

Natürlich musste ein Mensch namens Cordoba diesem unrühmlichen Auftritt des FC Bayern die finale Pointe verpassen. Cordoba, dieser Ort bundesrepublikanischen Fußballversagens. Cordoba, der eingewechselte Stürmer aus Kolumbien, der den Münchnern den Schlag zum 2:1 (1:0) versetzte in dieser Nacht voller kleiner Katastrophen. Irgendwie passieren im Zusammenhang mit diesem Namen immer Überraschungen.

Damals, im argentinischen Ort Cordoba, übertölpelten die Österreicher den DFB. Diesmal die Mainzer den FCB, also noch einmal für die Chronik: Der Mann, der die lange so fade Meisterschaft in der Bundesliga wieder mit Würze versetzt hat, heißt Jhon Andres Cordoba Copete.

Vor diesem Mainzer Leihspieler des FC Granada hatte Pep Guardiola noch am Freitag explizit gewarnt. Der FSV, hatte der Bayern-Trainer prophezeit, bringe "Intelligenz und Dynamik" mit. Und wenn es eines Beleges für seine These bedurfte, dann wurde dieser bei Cordobas entscheidendem Treffer in der 86. Minute erbracht: Die ganze Wucht von Julian Baumgartlinger ließ Arturo Vidal zu Boden gehen, ein Pass, ein Flachschuss mit Schmackes, 2:1. Die Bayern waren geschlagen! Zu Hause! Vor den Augen von Gefängnis-Rückkehrer Uli Hoeneß! Dass die Münchner zum ersten Mal in dieser Spielzeit ein Heimspiel verloren, lag also einerseits an quietschfidelen Mainzern.

"Einiges schiefgelaufen"

Andererseits war schon "einiges schiefgelaufen" (Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge) bei den Bayern, deren Vorsprung auf den BVB vor dem Kracherduell am Samstag auf fünf Punkte zusammengeschrumpft ist. "Wir reden immer wieder über dieselben Sachen", ärgerte sich Arjen Robben, Schütze des zwischenzeitlichen 1:1 (64.). Er benannte einen Grund für die Niederlage klar: "Wir dürfen nicht solche Konter zulassen. Da müssen wir rigoroser sein."

In der Tat ist die Anfälligkeit der Bayern in diesem Punkt nach den vergangenen Partien kaum von der Hand zu weisen. Nicht nur Cordobas Akt der Entblößung entsprang schließlich einem Mainzer Überfall, sondern auch das 0:1 durch den Spanier Jairo Samperio (26.).

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Beide Male hakte es arg im Münchner Rückwärtsgang. Medhi Benatia, David Alaba und auch Juan Bernat führten eine Reihe von Unpässlichkeiten auf, deretwegen sich der Meister schon mal die Frage gefallen lassen muss: Was nützen einem insgesamt 78 Prozent Ballbesitz, wenn der Gegner über drei Stationen im "Zack-zack-zack-Modus" zum Ziel kommt? "Das war heute kein Wunder, Mainz hat es gut gemacht", befand Rummenigge mit strengem Blick, "vielleicht hat bei uns der ein oder andere schon an das Spiel gegen Dortmund gedacht."

Die Rüge des Vereinsbosses führt zu einem weiteren Problem: Die Fokussierung des Teams scheint in diesen entscheidenden Tagen an Schärfe verloren zu haben. Und das wollten die Sammers (er schwieg diesmal) und Guardiolas auf Münchner Seite doch unbedingt vermeiden. Hinten zu nachlässig, vorne ohne Lahm (geschont), Müller und Costa (erst spät im Spiel) zu lasch - das ergab in drastischer Wechselwirkung den wohl schwächsten Vortrag dieser Saison. Nur "theoretisch" habe man gut gespielt, erklärte Stürmer Robert Lewandowski, der praktisch kaum vorhanden war. "Das war zu wenig heute, uns haben klare Aktionen gefehlt", sagte der Pole.

Für das bedeutendste Liga-Spiel der gesamten Rückrunde in Dortmund ergeben sich nun zweierlei Herausforderungen: Erstens müssen die Bayern mit dem Druck zurechtkommen, dass bei einer Niederlage das Titelrennen wieder völlig offen ist. "In Dortmund sollten wir besser nicht verlieren", sagte Rummenigge bedeutungsvoll. Diese Wendung hatte eigentlich kaum mehr jemand für möglich gehalten. Und zweitens ist es mit dem Höllenspiel beim BVB ja nicht getan. Nur wenige Tage später hofft Juventus Turin im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League auf müde Bayern und ähnliche Konter-Einladungen.

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Von Klaus Hoeltzenbein

"Heute sind wir traurig"

Guardiola sprach den Mangel offen an: "Wir haben die Konter von Mainz nicht gut kontrolliert." Seine Spieler wirkten hinterher irgendwie schicksalsergeben. Sie schlichen aus dem Stadion, als habe man ihnen das Abendessen gestrichen - eine ganze Reihe wählte gar den Hinterausgang (Robben, Müller, Rafinha, Costa, Neuer). "Heute sind wir traurig, dass es für uns nicht gut lief", fasste Arturo Vidal die Stimmungslage zusammen.

Der Chilene war als einer der wenigen rasant durchs Mittelfeld gepflügt. Kein Wunder also, dass er der Einzige war, der sich noch zu einem versöhnlichen Statement durchrang: "Wir haben trotzdem genügend Vertrauen in uns, um dieses Spiel gegen Mainz hinter uns zu lassen." Dann ging er grinsend, doch das fröhlichste Gesicht gehörte einem Typ, der direkt gegenüber an den Mikrofonen stand: Der Mainzer Jhon Cordoba wollte dieses Spiel am liebsten gar nicht hinter sich lassen.

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