Bundesliga: FC Bayern - Freiburg:Der bessere Ribéry

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Bezahlt, um zu siegen: Gegen den SC Freiburg beweist Arjen Robben einmal mehr, wie sehr er Franck Ribéry als Lenker in der Offensive des FC Bayern abgelöst hat.

Dominik Prantl

Trainer Louis van Gaal hat sich inzwischen als Stimmungsbarometer des FC Bayern einen Namen gemacht, wenn auch mit einem deutlichen Hang zum Antizyklischen. Hohelieder während mancher Münchner Formdelle demonstrierte der Niederländer zuletzt ebenso wie eine schlagartig sinkende Bereitschaft zum Lob, sobald die Leistungskurve seines Kollektivs steil nach oben zeigt. Nun sauste also der arme Medienvertreter aus der ersten Reihe direkt hinein in ein kurzzeitiges Tief des van Gaalschen Launenturnus'. Dabei wollte der Kollege nach dem 2:1-Sieg der Bayern gegen Freiburg doch nur wissen, ob sich der Trainer bei Arjen Robben bedankt hatte. "Warum muss ich mich bedanken?", grollte van Gaal - und ließ gleich das Donnerwetter folgen. "Hat ein Spieler gut gespielt, nur weil er Tore geschossen hat? Dafür wird er bezahlt!"

Die Nachwehen des Champion-League-Aktes

Abgesehen davon, dass man sich um Robbens Aufwandsentschädigung für dessen Doppelpack wohl wahrlich nicht sorgen muss, weiß van Gaal sicherlich sehr genau, was er an seinen rechten Flügelrenner hat. Natürlich hatte van Gaal auch vollkommen Recht, als er Robben eine in der ersten Halbzeit schwache Leistung attestierte. Doch mit seinem zeitweise kraft- und ideenlosen Wirken war Robben nicht alleine. Von Philipp Lahm bis David Alaba, von Mark van Bommel bis Miroslav Klose zeigten sich die Nachwehen des Champions-League-Aktes während der Woche gegen Florenz. Selbst manche, die in Florenz gar nicht gespielt hatten, wie Danijel Pranjic oder Ivica Olic, schienen aus Solidarität an einer Art verspätetem Auslaufprogramm teilzunehmen.

Klar, Bayern bestimmte das Spiel, Bayern hatte mehr Ballkontakte, mehr Ecken, mehr Tormöglichkeiten. Doch das verwöhnte Münchner Publikum verlangt das Spektakel oder zumindest Siege, was angesichts der Kadertiefe auch verständlich ist - selbst wenn wie am Samstag gegen Freiburg Hochdotierte namens Bastian Schweinsteiger, Franck Ribéry und Mario Gomez fehlen. Genau hier kommt Robben ins Spiel. Er kann dieses Verlangen stillen, mal jenes nach Spektakel, mal jenes nach Siegen. Und hätte nicht Ribéry die Kundschaft schon mit seinen Kabinettstückchen verwöhnt und den Anspruch weiter nach oben geschraubt, würde Robben sicherlich als kickender Messias gefeiert werden.

Da mühte sich der Rest des Bayern-Teams nach dem platzierten Schuss von Freiburgs Cedrick Makiadi zum 0:1 (31.) also reichlich ratlos. 22 Torschüsse hatten die Statistiker am Ende für die Münchner notiert, doch als nennenswerte Chancen blieben außer den Toren höchstens ein Klose-Kopfball (27.) aus der Zeit vor dem Rückstand in Erinnerung, ein eher zufälliges Fünfmeter-Raum-Gestochere (61.) und ein Olic-Kopfball nach dem Seitenwechsel (71.). Ansonsten konnte van Gaal nur zustimmend nicken, als sein Freiburger Kollege Robin Dutt resümierte: "Meine Mannschaft hatte 65 Minuten lang einen guten Auftritt."

Fälle für die Brechstange

Es war Arjen Robben ("Wir haben taktisch nicht gut gespielt in der ersten Hälfte"), der den guten Auftritt der Gäste abrupt beendete. Heiko Butscher war der Ball knapp vor der Strafraumgrenze an die Hand gesprungen. Robben drosch den Freistoß zum Ausgleich ins Netz (76.) und räumte angesichts der verhaltenen Gegenwehr des Freiburger Torhüters Simon Pouplin ein: "Da brauchst du ein bisschen Glück." Es war wie ein Fingerzeig, dass Fußballspiele nicht immer aus Tänzchen und Hackentricks bestehen, sondern manchmal einfach Fälle für die Brechstange sind. Nach einem Foul an Thomas Müller (83.) sendete Robben die gleiche Botschaft noch einmal vom Elfmeterpunkt: Verantwortung übernehmen, tief durchatmen, und die Kugel einfach in den Winkel zimmern. Pragmatismus statt Fußballanarchie. Kunst ist wann anders.

Längst hat der Niederländer während der Fehltage des kongenialen Flügelzangenpartners Ribéry - derzeit laboriert der Franzose an einer Sprunggelenksblessur - die Rolle als Spiritus Rector im Münchner Mittelfeld übernommen. Immer mehr entpuppt er sich dabei als der bessere Ribéry. Nicht, weil Robben etwa der talentiertere Individualist wäre, sondern weil er sich trotz eines gewissen Eigensinns bereits mit dem Konzeptfußball seines Trainer angefreundet hat. Und während Ribéry der Sprache seines Gastlandes ähnlich skeptisch gegenüber steht wie der ungeliebten Defensivarbeit, parliert der Niederländer ein halbes Jahr nach seiner ersten - noch in englischer Sprache gehaltenen Pressekonferenz - in flüssigem Deutsch: "Ich will eine wichtige Rolle in der Mannschaft spielen."

Am Ende war es FCB-Sportdirektor Christian Nerlinger, der das Grollen seines Trainers relativierte: "Wir sind sehr glücklich, dass Arjen Robben bei uns ist. Nicht nur wegen der Tore, sondern wegen der Siegermentalität." Allerdings brauche die Mannschaft in den nächsten "drei, vier Wochen der Wahrheit" außer genialen Momente ihrer beiden Flügelspieler vor allem eines: "viel Luft." Es klang wie: Tief durchatmen - und die Kugel im richtigen Moment in den Winkel zimmern.

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