Bundesliga:Viele wünschen sich Veränderungen im Fußball

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Fans in Münster protestieren gegen das System Profifußball. (Foto: imago images/Kirchner-Media)

Zum Saisonende formieren sich neue Gruppen mit dem Ziel, echten Wandel herbeizuführen. Schon bald wird sich zeigen, welche Lerneffekte die Liga aus der Krise zieht.

Kommentar von Sebastian Fischer

Es war ein passendes Bild zum Ende dieser Saison, die an kuriosen Bildern reich war: Eine Betreuerin des SV Werder Bremen hämmerte auf den Medizinkoffer, um die Mannschaft im leeren Stadion anzufeuern. Die Bremer haben offensichtlich doch noch einmal den berühmten Werder-Weg gefunden und den 1. FC Köln mit 6:1 geschlagen, um zumindest den direkten Abstieg abzuwenden. In Wolfsburg gab es dagegen ein paar gewohnte Bilder: Der FC Bayern bekam die Meisterschale überreicht, für den achten Titel nacheinander, mit am Ende 13 Punkten Vorsprung. Christian Seifert, der Präsident der DFL, sprach zur Zeremonie ein paar Worte, die das Ungewohnte ins Gedächtnis riefen: "Das ist nicht die Bundesliga, die wir wollen, die wir lieben. Aber es war die einzige Bundesliga, die möglich war."

Nach neun Geisterspieltagen, mit denen die Liga anfangs umstritten, aber am Ende als erfolgreiche Not-Maßnahme auf die Corona-Krise reagierte, beginnt nun eine Sommerpause, die ebenfalls anders ist als jede andere zuvor. Es müssen die Rahmenbedingungen für die nächste Spielzeit abgesteckt werden, was wohl Konzepte für teilweisen Zuschauereinlass beinhalten wird, der Abstände gewährleistet und Infektionswege verhindert. Das klingt noch etwas komplizierter, als es die Organisation der Geister-Spieltage war. Und das ist nicht die einzige Aufgabe, die sich dem deutschen Profifußball in den kommenden Monaten stellt.

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Spieler und Fans schließen sich zusammen

Die Wochen vor dem Saisonende waren davon geprägt, dass so viel über Veränderungen gesprochen wurde wie selten zuvor. Ein neues Bündnis aus Profifußballern hat sich formiert, um künftig bei Entscheidungen über die Liga mitzureden. Ein neues Bündnis aus Fans, Ultras und Gemäßigten, vertritt die in der Corona-Krise oft formulierten Wünsche der Anhänger nach gesunderem Wirtschaften, gerechterem Wettbewerb und verantwortungsbewussterem Auftreten in der Öffentlichkeit (um nur drei prägnante zu nennen). Es gibt sogar eine Initiative mit prominenten Unterstützern, die sich "Im Osten geht die Sonne unter" nennt und sich dafür stark macht, in der laufenden Saison bis hinunter in die vierte Liga die Abstiegsregel auszusetzen (vor allem deshalb, weil viele Ost-Klubs absteigen).

Kurz muss man nun vielleicht an den Monty-Python-Film "Das Leben des Brian" denken, wo die "Volksfront von Judäa" und die "Judäische Volksfront" jeweils allein für die gleiche Sache kämpfen: den Widerstand gegen die römische Besatzung. Doch anders als im Film ("Spalter!", rufen sie sich bei Monty Python zu) sind Grabenkämpfe im Bundesliga-Widerstand nicht abzusehen. Vielmehr ist jede Initiative ein weiterer Beleg dafür, dass es viele sind, die sich Veränderungen im Fußball wünschen. Am Samstag gab es, sehr standortspezifisch, ein weiteres Beispiel: Beim FC Schalke, wo sich die Auswirkungen der Krise aus diversen Gründen, von denen einige auf das Handeln von Aufsichtsratschef Clemens Tönnies zurückfallen, wohl am deutlichsten zeigen, demonstrierten mehr als 1000 Fans mit einer Menschenkette unter Einhaltung der Hygienevorschriften, während die Schalker Mannschaft in Freiburg mal wieder verlor. Das Motto war unmissverständlich ein Protest gegen Tönnies, der gerade bekanntlich noch ganz andere Skandale zu erklären hat: "Schalke ist kein Schlachthof - gegen die Zerlegung unseres Vereins."

Welche Lerneffekte nimmt die Liga aus der Krise mit?

Die DFL hat angekündigt, spätestens ab September eine Taskforce "Zukunft Profifußball" zu gründen, die sich auch mit den von Fans angeregten Themen beschäftigen soll - ausdrücklich nicht bloß als weitere von vielen Dialogrunden. Schon davor beginnen im DFL-Präsidium die Gespräche über den neuen Verteilungsschlüssel der soeben zugesicherten TV-Millionen. Die alte Verteilung des TV-Gelds ist gar nicht so arg ungerechnet, wie das oft dargestellt wird. Und trotzdem wird die neue Verteilung ein Indiz dafür sein, ob die Branche wirklich daran interessiert ist, dass etwas anders wird. Bekommen diejenigen eine Chance, die mit einer gleichmäßigeren Verteilung eher den Wettbewerb als die Spitze fördern wollen?

Werden vielleicht sogar Stimmen gehört wie jene des Freiburger Trainers Christian Streich, der eine Neuausrichtung der Liga thematisierte, die erst mal naiv klingt? Er sprach von der Bundesliga der Zukunft als eine "Ausbildungsliga auf hohem Niveau". Streich sagte: "Wenn ein paar Stars dann nicht mehr da sind, sondern in England, weil da ein paar Großinvestoren sind, macht mir das nichts aus." Und: "Der Kunde der Bundesliga ist der Fan und Zuschauer, der in der Nordkurve steht. Wenn diese Fußballfans sagen, diesen Weg halten wir für gut und richtig, dann ist das wunderbar." Die Organisation von Geisterspielen als Krisenmaßnahme war ein großer Erfolg für den deutschen Fußball, der damit europaweit zum Vorbild wurde. Nicht unwahrscheinlich eigentlich, dass auch viele aufmerksam dabei zuschauen, welche Lerneffekte die Liga aus der Krise mitnimmt.

© SZ vom 28.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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