Bundesliga:Versöhnt mit den Erdmännchen

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In Feierlaune: Bochums Anthony Losilla (links) jubelt nach dem Treffer zum 2:1. (Foto: Frederic Scheidemann/Getty Images)

Das 2:1 gegen Fürth bringt die Bochumer Fußballer dem Bundesligaverbleib gefühlt um mehrere Kilometer näher - ein wenig Planungssicherheit hat der VfL auch wegen der auslaufenden Verträge nötig.

Von Ulrich Hartmann, Bochum

Man hatte schon befürchten müssen, die kleinen Erdmännchen hätten dem VfL Bochum kein Glück gebracht. Das wäre sehr schade gewesen, denn die gleichnamigen Zweitklässler aus einer örtlichen Grundschule hatten beim Heimspiel gegen RB Leipzig vor einer Woche im Ruhrstadion derart inbrünstig und niedlich ihr Lied "Hier kommt der VfL" gesungen, dass sogar die gestrengen Ultras auf der Osttribüne, die gerne mal Gegenspieler, Schiedsrichter oder Polizisten beleidigen, hingebungsvoll "Erd-männ-chen, Erd-männ-chen" skandierten.

Nun ergab sich allerdings, dass die Bochumer Fußballer nach dem Vortrag (Refrain: "Hier kommt der VfL, der Holtmann, der ist superschnell...") zunächst 0:1 gegen Leipzig verloren und drei Tage später beim 1:2 gegen Freiburg aus dem DFB-Pokal ausschieden. Bevor die Zweitklässler darob verzweifelten, versöhnten die Fußballer gerade noch rechtzeitig sich, die Fans und die Erdmännchen. Der 2:1 (1:0)-Sieg gegen das Schlusslicht Greuther Fürth brachte den Aufsteiger dem Klassenverbleib nicht nur um drei Punkte näher, sondern gefühlt um mehrere Kilometer. Und das, obwohl dem superschnellen Flügelflitzer Gerrit Holtmann diesmal wenig gelang.

"Keine Abwehr war je schneller: Leitsch, Soares, Gambo, Bella", hieß es im fröhlichen Lied der Grundschüler, allerdings machten die jungen Innenverteidiger Maxim Leitsch und Armel Bella Kotchap zuletzt schmerzhafte Erfahrungen. Im Pokal gegen Freiburg hatte Leitsch 45 Sekunden vor Ablauf der Verlängerung einen Fehlpass fabriziert, der dem Gegner den Siegtreffer ermöglichte und die Bochumer das Halbfinale kostete. Der 23-Jährige benötigte indes nur drei Tage, um seine Tränen zu trocknen und Bochum gegen Fürth mit seinem ersten Bundesligatreffer 1:0 in Führung zu bringen (35.). "Dieses Tor war genau das, was ich gebraucht habe", freute er sich.

Nur eine halbe Stunde später verzweifelte sein Nebenmann Bella Kotchap, als er eine Hereingabe des Fürthers Branimir Hrgota zum 1:1-Ausgleich ins eigene Netz ablenkte (64.). Für den 20 Jahre alten U21-Nationalspieler war es in dieser Saison bereits das zweite Eigentor; die Führung in dieser Statistik teilt er sich mit dem Fürther Sebastian Griesbeck.

"Nie mehr zweite Liga!", singen die Bochum-Fans bereits

Bloß sieben Minuten jedoch mussten die Bochumer Sympathisanten unter den 19.800 Zuschauern bangen, dann erzielte Anthony Losilla den 2:1-Siegtreffer (71.). Auch dem Franzosen ist eine lobende Erwähnung im Erdmännchen-Lied gewidmet: "Im Mittelfeld ganz souverän: Losilla, unser Kapitän." Die Zeile hat sich der bald 36-Jährige zu Herzen genommen. Sein Treffer mit der Hilfe des unglücklich abfälschenden Fürthers Dickson Abiama, vier Minuten zuvor erst eingewechselt, bedeutete für den VfL den neunten Saisonsieg. 24 ihrer 32 Punkte haben sie im heimischen Ruhrstadion geholt, wo stets eine besonders identitätsstiftende Stimmung herrscht.

Bei den Spielern von Greuther Fürth schwindet die Hoffnung auf den Klassenverbleib. (Foto: Frederic Scheidemann/Getty Images)

Die Kreativität des Bochumer Publikums zum Komponieren und Basteln wächst offenbar mit jedem Erfolg, denn nach dem Sieg gegen Fürth bekam der Abwehrmann Leitsch von der Tribüne herab ein großformatiges Plakat überreicht nach dem Vorbild eines Stärke-Profils beim Videofußballspiel 'Fifa'. "Dafür finde ich einen schönen Platz", versprach der aus der Nachbarstadt Essen gebürtige Leitsch und freute sich aufrichtig: "Das ist ein nettes Andenken an dieses Spiel."

Während für die zuvor mit zehn Punkten aus acht Spielen wieder Hoffnung schöpfenden Fürther die Aussicht auf den Klassenverbleib schwindet, feierten die Bochumer Fans ihre Mannschaft mit der optimistisch anmutenden Prophezeiung: "Nie mehr zweite Liga!" Der Trainer Thomas Reis nahm dies jedoch wie so oft zum Anlass, antizyklisch zu relativieren: "Wir haben jetzt zwar 32 Punkte, aber noch ist nichts erreicht."

Und doch bringt das respektable Polster den Klub in die Nähe einer gewissen Planungssicherheit. Die ist auch nötig, denn sieben Verträge laufen nach dieser Saison aus und vier Leihen enden. Der Vertrag von Leitsch gilt zwar noch bis 2023, um eine Ablöse zu generieren, müsste Bochum ihn allerdings im Sommer verkaufen. Oder verlängern. Beides ist denkbar. Beim VfL hätten sie nichts dagegen, mit dem jungen Innenverteidiger-Duo Leitsch und Bella Kotchap in die Zukunft zu gehen. Vielleicht singen die Erdmännchen zur Überredung ja noch ein weiteres Lied.

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