Flutlichtspiele an der Castroper Straße in Bochum gehörten in einem "Reiseführer Bundesliga", so es ihn denn gäbe, in die Hitliste der zehn größten Sehenswürdigkeiten. Das Ruhrstadion mit Platz für 26 000 Zuschauer ist ein enges, nostalgisches Stadion, und die vier antiquierten Flutlichtmasten leuchten weit in den Abendhimmel des Ruhrgebiets. Wenn diese Bühne beleuchtet wird, sieht man das in Bochum weithin.
Eintracht Frankfurts neuer Trainer Dino Toppmöller, 42, weiß um die theatralische Kraft der Bochumer Abendspiele, weil er als junger Fußballer mal ein Jahr beim VfL Bochum beschäftigt war; mehr aber noch, weil sein Vater beim VfL eine Ära geprägt hat. Als der Klub im Herbst 1997 seine ersten Spiele im Uefa-Pokal bestritt mit drei spektakulären Flutlichtheimspielen gegen Trabzon, Brügge und Amsterdam, war Klaus Toppmöller der Trainer und Sohn Dino 16 Jahre alt.
"Was gibt es Schöneres als ein Flutlichtspiel in Bochum?", hatte Toppmöller junior also gesagt, ehe es ihn mit seiner Eintracht am Samstagabend zum Gastspiel beim VfL verschlug; und Toppmöller war auch nicht betrübt, dass das Spiel am Ende etwas unentschlossen 1:1 ausging. Er widersprach dem Bochumer Kollegen Thomas Letsch nicht, als dieser am späten Abend befand: "Für den neutralen Zuschauer war es ein richtig geiles Spiel."
In die Liste der besten Spiele in einem "Reiseführer Bundesliga" fände dieses Samstagabendspiel dennoch keinen Einlass, dazu ist ein 1:1 an einem vierten Spieltag zu mau. Für die Bochumer bedeutete dies ihr drittes Unentschieden nacheinander und dass sie angesichts ihrer 0:5-Auftaktniederlage beim VfB Stuttgart weiterhin sieglos sind. Für die Frankfurter war es ebenso ihr drittes Unentschieden in Serie, was ihnen angesichts des 1:0-Auftakterfolgs gegen Darmstadt 98 weiter den Nimbus der Unbesiegbarkeit verleiht. Gemeinsam haben beide Klubs, dass sie am Samstagabend mehrere neue Spieler auf dem Feld hatten und sich in einem Umbruch befinden.
"Es funktioniert nicht alles auf Knopfdruck von heute auf morgen", sagt Toppmöller
In Bochum studieren sie ein neues 5-1-2-2-System ein, und in Frankfurt verarbeiten sie 16 sommerliche Personalwechsel, die der Sportvorstand Markus Krösche als "Turbulenzen" bezeichnet und die mit dem Weggang des Torjägers Randal Kolo Muani zu Paris Saint-Germain endeten. Ohne Kolo Muani gelang in den jüngsten beiden Saisonspielen jeweils ein Treffer, was zu zwei Unentschieden genügte und niemanden vom Hocker riss.
"Es funktioniert nicht alles auf Knopfdruck von heute auf morgen", sagte Toppmöller nun. In Bochum wähnt Letsch seine Mannschaft trotz bislang ausbleibender Siege "auf einem guten Weg". Von den nunmehr drei Unentschieden, findet der ehemalige Lehrer, "hätten wir eines gewinnen können, eines müssen und eines sollen". Ein Satz wie geschaffen für die grammatische Analyse.
Dina Ebimbe in der 55. Minute mit dem Frankfurter 1:0 und Kevin Stöger per Foulelfmeter in der 74. Minute sorgten für die Tore zu diesem letztlich angemessenen 1:1, das von Herbert Grönemeyers "Bochum"-Lied eingerahmt wurde. Sogar eines der schönsten Stadionlieder in der Bundesliga klingt am Samstagabend im ausverkauften Ruhrstadion noch einmal emotionaler. Was Flutlicht nicht alles vermag!