Bundesliga: Bayern - Köln:Nicht einmal Müller trifft

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Der FC Bayern findet keinen Weg durch die Kölner Verteidigung und muss nach dem 0:0 von einem verpatzten Start sprechen. Nur Thomas Müller hätte am Ende alles retten können.

Thomas Hummel

Am Ende stand dieser Thomas Müller wieder an der richtigen Stelle. Kölns Torwart Faryd Mondragon konnte einen Freistoß-Knaller von Franck Ribéry nur abklatschen, der Ball fiel Müller auf den Kopf als wäre es einfach unvermeidlich. Müller köpfte also und das musste es natürlich sein, in der zweiten Nachspielminute, für den FC Bayern. Aber Mondragon wusste offenbar nichts von den Regeln, dass erstens der FC Bayern am Ende noch ein entscheidendes Tor erzielt, und zweitens dieses Tor derzeit immer Thomas Müller schießt. Mondragon hielt den Kopfball Müllers, und damit das 0:0 des 1. FC Köln fest.

Bundesliga-Stotterstart der WM-Helden: Thomas Müller (l.) und Bastian Schweinsteiger (M.) gegen den Kölner Brecko. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Damit bleiben die Kölner zum fünften Mal in Folge beim FC Bayern unbesiegt. Und vermiesten den Münchnern nicht nur den Oktoberfest-Start, sondern auch die Startphase der Bundesliga-Saison. Nach vier Spielen hat der Titelverteidiger erst fünf Punkte und zwei eigene Tore gesammelt. "Wir sind noch nicht bei 100 Prozent", stellte Torwart Hans-Jörg Butt nach dem Spiel fest. Sein Trainer Louis van Gaal meinte: "Der letzte Pass war nicht gut, aber es war auch schwierig, weil im Kölner Strafraum 20 Spieler standen."

Gegen 16.10 Uhr hatten sich vermutlich etliche Zuschauer die Blaskapelle zurück auf den Platz gewünscht, die vor dem Anpfiff eine solch schöne, leichte Stimmung verbreitet hatte. Ein bisschen "Fürstenfeld" oder den zünftigen Defiliermarsch. Die Kölner hätten gerne lauthals "Viva Colonia" durch die Münchner Arena gebrüllt. Ein paar Kilometer weiter, auf der Theresienwiese, sangen und jubelten und freuten sich die Menschen auf dem Oktoberfest, hier im Fußballstadion ähnelte die Atmosphäre der einer recht faden Literaturlesung. Überall sah man Menschen auf ihren Sitzen, die den Mund weit aufrissen, um ihre Müdigkeit herauszugähnen.

Dabei hatten die Bayern durchaus elanvoll begonnen. Den Münchnern stellte sich die Frage: Wie können wir gegen elf verteidigende Kölner einen Weg zum Tor finden? "Ich denke, dass der Gegner fast nur verteidigen wird", unkte Trainer Louis van Gaal. Seine Formation, um das erwartete Bollwerk zu sprengen: Er hatte im Angriff umgestellt, wie erwartet den agilen Miroslav Klose zur einzigen Spitze ernannt für den zuletzt müden Ivica Olic. Toni Kroos wechselte nach rechts und Thomas Müller sollte das offensive Spiel in der Zentrale lenken. Außerdem kehrte Franck Ribéry nach seiner Sperre in der Champions League zurück, "weil er sehr aggressiv spielt und das liebe ich", wie van Gaal erklärte.

Mit Ribérys Aggressivität und Kloses Laufbereitschaft zwangen die Münchner ihre Gegner 20 Minuten lang, sich um den eigenen Strafraum zu sammeln. Köln brachte keine Passfolge über mehr als zwei Spieler zustande, so stark drückten die Bayern. Der Fernsehsender Sky zählte teilweise 90 Prozent Ballbesitz für die Gastgeber, die Bälle segelten im Minutentakt in den Kölner Strafraum: Ecken, Freistöße, Flanken aus dem Halbfeld. Das Münchner Problem: kein einziger erwähnenswerter Schuss auf das Tor.

Erst nach 35 Minuten musste der Kölner Torwart Faryd Mondragon einen Versuch von Miroslav Klose abwehren, sonst litt er nicht an Überarbeitung. Allein Ribéry schaffte es bisweilen, ein wenig Unruhe in die Kölner Abwehr zu dribbeln, aber auch der Franzose hatte gegen den Slowenen Miso Brecko einen schwereren Stand, als ihm lieb war.

Die Gäste hatten es inzwischen erreicht, sich mitunter zu befreien. Angeführt vom ersten Verteidiger in der Sturmspitze, Lukas Podolski, stahlen sie den Münchnern hin und wieder den Ball, wenngleich von ernster Gefahr für Butt nicht einmal die größten Missgünstlinge des Rekordmeisters sprechen konnten.

In der Halbzeit dachten die Münchner Zuschauer also sehnsüchtig an die Theresienwiese, dachten an "Fürstenfeld" und "Hey Baby" und wenn nicht, dann fragten sie sich, wie es nun gehen soll mit dem Toreschießen? Die Minuten, in denen ihre Mannschaft in der Bundesliga auf ein eigenes Tor wartete, summierten sich schon auf mehr als 220. Vor allem aus dem zentralen Mittelfeld mit Bastian Schweinsteiger und Mark van Bommel kam nichts Konstruktives für die Offensive, Kroos wirkte auf rechts fast ein wenig verloren. Und ob Thomas Müller wie gegen Rom wieder einen Kunstschuss auspacken würde?

Zunächst packte Müller einen satten Linksschuss aus, der aber Zentimeter über die Latte strich (52.). Die Münchner hatten sich offenbar vorgenommen, sich nun mehr anzustrengen, also strengten sie sich an. Und brachten dennoch keine Torschüsse zustande. Sehsüchtig dachten die Zuschauer nun nicht mehr nur an die schöne Stimmung auf dem Oktoberfest, sondern hörten neidvoll den Klingelton der Anzeigetafel, der Tore aus anderen Stadien meldete. Und da klingelte es nun fast im Minutentakt. Während ein Tor hier im Münchner Stadion so unwahrscheinlich schien wie der Champions-League-Sieg des AS Rom. Zumindest ein Münchner.

Denn plötzlich kamen die zuvor harmlos wie Kirchenmäuse wirkenden Kölner zu zwei großen Möglichkeiten. Zuerst Brecko (77.) und dann vor allem Sebastian Freis (83.) scheiterten aber an Butts schnellen Fäusten. Es blieb beim 0:0 und damit bei der Münchner Hoffnung, am Ende wie so oft noch den entscheidenden Schlag anbringen zu können.

Als viele der 69.000 sich schon auf die erste Maß und endlich ein bisschen gute Stimmung auf der Theresienwiese freuten, weckte sie noch ein Münchner Schlag aus ihren Träumen. Doch nicht einmal Thomas Müller traf diesmal ins Tor.

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