Bambergs Basketballer:Alarmstimmung in Freak City

Justin Wright-Foreman von den Brose Bamberg

Ausgebrüllt: Justin Wright-Foreman sollte die Bamberger Basketballer in bessere Zeiten führen, jetzt wurde er suspendiert.

(Foto: Hans-Martin Issler/Isslerimages/Imago)

Tabellenletzter, Aus in Pokal und Champions League: Der ehemalige Basketball-Serienmeister Brose Bamberg steht so schlecht da wie nie. Nun kündigt auch noch der Alleingesellschafter den Ausstieg an.

Von Ralf Tögel

Es ist kein schöner Anblick. Das muss auch Philipp Höhne zugeben, obwohl er sich schon von Berufs wegen viel Mühe gibt, diese üble Bilanz zu relativieren. Tabellenschlusslicht in der Basketball-Bundesliga, Aus im Pokal in der erste Runde, die Qualifikation für die Champions League verpasst, das Weiterkommen im viertklassigen Fiba Europe Cup gefährdet, nach einer Heimniederlage gegen Golden Eagle Ylli, einen kosovarischen Vertreter. Es gibt nicht viel zu beschönigen, so miserabel wie derzeit standen die Basketballer von Brose Bamberg noch nie da. Zudem gibt es die Kunde, dass der allgewaltige namensgebende Hauptsponsor Brose, der alleiniger Gesellschafter der Bamberger Basketball GmbH ist, bis zum Ende der Saison seine Anteile veräußert haben will. In welcher Form der Autozubehör-Konzern dem Klub erhalten bleibt, gelte es noch zu klären.

Viel zu tun also für den Geschäftsführer, Höhne sitzt im schmucken Besprechungsraum der schmucken Geschäftsstelle in der Kornstraße, nicht weit entfernt von der Brose Arena. Höhne höchstselbst hatte dem geübten Beobachter einen kleinen Schrecken versetzt, denn plötzlich tauchte ein neuer Name in Verbindung mit dem Posten auf. Bis vor Kurzem noch führte Philipp Galewski die Geschäfte des Bundesligisten, bei dem die sportlich Verantwortlichen zuletzt einer hohen Fluktuation ausgesetzt waren. Ohne Mühe bekommt man eine Handvoll Trainer, Sportdirektoren oder eben Geschäftsführer zusammen, die in jüngerer Vergangenheit vorzeitig aus dem Amt gekegelt wurden. Aber Galewski und Höhne sind dieselbe Person, der 35-Jährige hat geheiratet und den Namen seiner Frau angenommen.

Es bleibt also an ihm hängen, die aktuelle Misere der Bamberger Basketballer zu erklären. Nach dem Rauswurf des niederländischen Trainers Johan Roijakkers während der vergangenen Saison sollte unter dem neuen Trainer Oren Amiel alles anders werden. Eigentlich war Roijakkers ja aus Göttingen geholt worden, um wieder jene Konstanz in den Klub zu bringen, die dem Verein nach der Zeit des italienischen Duos Trinchieri/Baiesi, das vor vier Jahren letztmals den Titel geholt hatte, abhandengekommen war. Nachdem sich daran einige Trainer und Sportdirektoren vergeblich versucht hatten, durfte sich Roijakkers weitgehend alleinverantwortlich einen Kader zusammenbauen - der wurde den traditionell hohen Erwartungen ebenfalls nie gerecht. Nach seiner Entlassung in der laufenden Saison musste Nachfolger Amiel mit den vorhandenen Spielern zurechtkommen, was mit dem Erreichen des Playoff-Viertelfinales noch passabel gelang. Als Belohnung wurde sein Vertrag bis 2024 verlängert.

Spielmacher Justin Wright-Foreman war das eigene Abschneiden wichtiger als das des Teams, er wurde entlassen

Vor dieser Saison stellte der Israeli das Team zusammen. Um aber die Fehler der Vergangenheit zu vermeiden, hatte Höhne verfügt, dass fortan jeder neue Spieler einer genauen Prüfung des fünfköpfigen Trainerstabes standzuhalten habe - was trotz der neu installierten Sicherung gleich im ersten Anlauf formidabel danebenging. Der als Anführer verpflichtete US-Guard Justin Wright-Foreman wurde mittlerweile suspendiert. Dem Vernehmen nach lag dem 25-Jährigen das eigene Abschneiden mehr am Herzen als das des Teams, darüber hinaus erwies er sich als beratungsresistent. Die blamable Leistung im Europe-Cup-Heimspiel gegen Ylli, ein völlig unbekanntes Team aus Kosovo, brachte das Fass zum Überlaufen. Wright-Foreman erwies sich ungeeignet, selbst gegen einen limitierten Gegner das Team zu führen. Höhne sah sich später sogar genötigt, die Fans in einem offenen Brief um Verzeihung zu bitten und Änderungen im Kader anzukündigen.

Ohne Wright-Foreman gelang Bamberg dann beim überraschend starken Aufsteiger Rostock der erste Sieg in der Bundesliga. In Patrick Miller wurde ein besser bekannter Nachfolger verpflichtet, der Guard hat bei Ratiopharm Ulm Bundesligaerfahrung gesammelt und mit dem litauischen Klub aus Utena unter anderem gegen die Bamberger Leader-Qualitäten bewiesen und eine erstklassige Visitenkarte hinterlassen.

Besonders ärgerlich ist die momentane Krise angesichts der Tatsache, dass der Brose-Kader bei einem Gesamtetat von knapp neun Millionen Euro nach den Topteams von Alba Berlin und Bayern München nach wie vor zu den teuersten der Liga zu zählen ist. Spielmacher Vaidas Kariniauskas kam vom litauischen Meister Vilnius, der tschechische Nationalspieler Jaromir Bohacik spielte eine starke EM, Center Gabriel Chachashvili ist israelischer Nationalspieler und Christian Sengfelder gewann mit Deutschland EM-Bronze - um nur einige zu nennen. Es ist aber nicht gelungen, ein stimmiges Team zu formen, fehlende Expertise bei den sportlich Verantwortlichen sieht der Geschäftsführer dennoch nicht: "Auch wenn die Ergebnisse etwas anderes sagen, ich vertraue dem Trainerstab, er hat genügend Erfahrung", sagt Höhne. Zudem gebe es nach der Demission von Wright-Foreman, der wohl zurück in die hochbezahlte chinesische Liga geht, "noch Luft im Budget".

Bambergs Basketballer: Keine schönen Aussichten: Geschäftsführer Philipp Höhne hat sich nach den miserablen Leistungen bei den Fans entschuldigt.

Keine schönen Aussichten: Geschäftsführer Philipp Höhne hat sich nach den miserablen Leistungen bei den Fans entschuldigt.

(Foto: Daniel Löb/HMB-Media/Imago)

Ob das so bleibt, scheint unklar. Denn der Autoteilezulieferer Brose, der seit 2013 Alleingesellschafter der Basketballer ist, will seine Anteile in Gänze verkaufen. In der momentanen weltweiten Wirtschaftskrise ist es für den Konzern schwer darstellbar, einen Basketballklub, der nichts mit dem Kerngeschäft zu tun hat, zu besitzen. Was Höhne nicht nur als Dilemma sehen will: "Es ist Fluch und Segen zugleich", sagt er, denn so werde die große Abhängigkeit von einem einzigen Geldgeber beendet, der allerdings als Sponsor erhalten bleiben soll. Außerdem sei dann Schluss mit der traditionell enormen Erwartungshaltung bei Fans und im Umfeld, denn mit dem weiter schrumpfenden Etat sei ein Eingreifen im Kampf um die Meisterschaft schlichtweg unmöglich: "Wir werden immer noch an den glorreichen Zeiten gemessen", erklärt der Geschäftsführer, das sei realitätsfremd.

Das Ende von hochklassigem Basketball in "Freak City", wie die Fans ihren Standort in jenen großen Zeiten tauften, werde dagegen genauso vermieden. Die Gesellschaft und damit die Vereinsbasis soll auf mehrere Beine gestellt werden. Dafür sucht Höhne bereits mögliche Anteilseigner, viele Gespräche hätten stattgefunden. Die Ziele werden sich ebenfalls ändern: "Dann geht es halt nicht mehr um die Meisterschaft, sondern um die Playoff-Teilnahme."

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