Borussia Mönchengladbach:Reifeprüfung für den renovierten Kader

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Dritter Sieg im fünften Ligaspiel hintereinander: die Gladbacher Luca Netz (l.) und Rocco Reitz nach der Partie gegen Hoffenheim. (Foto: Marius Becker/dpa)

Gladbach schlägt Hoffenheim trotz acht Ausfällen und zwischenzeitlichem Rückstand. Trainer und Manager werten den Sieg als Beleg für den neuen Umgang der Mannschaft mit Widerständen.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Der renommierte TV-Fußballexperte Christoph Kramer, als solcher vor allem bekannt aus dem ZDF, hat sich am Samstagabend wohlwollend über die Mannschaft von Borussia Mönchengladbach geäußert. In einer Zeit der oft mäkelnden und mitunter gar massiv mosernden TV-Fußballexperten könnte dies natürlich auch daran gelegen haben, dass Kramer bei Gladbach selbst mitspielt.

Beim 2:1-Sieg gegen die TSG Hoffenheim ist der 32-Jährige in der 68. Minute eingewechselt worden und hat in der 80. Minute den Spielzug zum 2:1-Siegtreffer durch Nathan Ngoumou eingeleitet. Nach dem Spiel sagte Kramer am Sky-Mikrofon: "Mit unserer aktuellen Entwicklung bin ich sehr zufrieden, es macht momentan echt Spaß." Um dies sagen und damit Gladbachs dritten Bundesliga-Heimsieg in Serie belobigen zu können, hatte es allerdings in jener 80. Minute vor dem 2:1-Treffer eines glücklichen Umstands bedurft.

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Es war nämlich so, dass Kramer den Ball im offensiven Mittelfeld nach rechts hatte hinausspielen wollen zu Franck Honorat, doch schoss er dabei versehentlich den eigenen Mitspieler Ngoumou an. Der Ball prallte zurück zu Kramer, der die rechte Seite nun verschlossen sah und deshalb den Ball nach links spielte zu Alassane Plea. Dieser leitete den Ball zu jenem Luca Netz weiter, der sodann ins Zentrum hineinschoss und dort den inzwischen flugs vors Tor geeilten Ngoumou erreichte. Der 23 Jahre alte Franzose vollstreckte zum Siegtreffer.

Es war also auch ein bisschen Glück dabei beim vierten Gladbacher Pflichtspiel-Heimsieg in Serie und der damit verbundenen ersten Auswärtsniederlage dieser Saison für die Hoffenheimer. "Wir sind uns bewusst, dass die Leistung eigentlich nicht ganz so war wie gewünscht", sagte mit etwas überraschender Skepsis Gladbachs Trainer Gerardo Seoane, doch der Schweizer mochte nicht allzu sehr klagen angesichts des Umstands, dass ihm für dieses immerhin siegreich gestaltete Spiel doch insgesamt acht Fußballer und davon drei ganz kurzfristig ausgefallen waren.

Der Erfolg ohne das Oktett Itakura, Jantschke, Jordan, Lainer, Omlin, Cvancara, Weigl und Wöber gab dem Sportdirektor Nils Schmadtke die Gelegenheit, den zunehmenden Zusammenhalt des im Sommer umgebauten Borussia-Kaders zu loben. "Wir haben eine gute Breite im Kader, sind enger zusammengerückt und haben Mentalität gezeigt", sagte Schmadtke. Die Spieler hätten sich nach der 1:3-Niederlage in Köln vor sechs Wochen "Gedanken gemacht" und zeigten seither "ein gutes Gesicht". Dieser interne Eindruck wird durch Statistiken belegt: Nach der Niederlage im Derby in Köln gewannen die Borussen drei von fünf Ligaspielen, holten aus diesen fünf Spielen zehn Punkte und zogen überdies durch einen Heimsieg gegen Heidenheim in jenes Pokal-Achtelfinale ein, zu dem sie am Dienstagabend (20.45 Uhr, live im Ersten) den VfL Wolfsburg empfangen.

Rocco Reitz, Alassane Plea und Luca Netz sind gerade besonders wichtig

Gladbachs erster Einzug in ein Pokal-Viertelfinale seit drei Jahren wäre ein weiteres Indiz dafür, dass der renovierte Kader nach zweieinhalb Jahren des Niedergangs den Turnaround geschafft haben könnte. Relevante Rollen in dieser Renaissance spielen außer dem U21-Nationalspieler Rocco Reitz, der im Gladbacher Mittelfeld mitunter schon an sein Vorbild Joshua Kimmich vom FC Bayern erinnert, der französische Stürmer Plea mit vier Treffern in den jüngsten sechs Pflichtspielen sowie der U21-Nationalspieler Luca Netz auf der linken Außenbahn mit vier Torvorlagen in den jüngsten fünf Pflichtspielen. Beide waren in diesen Paraderollen auch am Erfolg gegen Hoffenheim beteiligt: Netz bereitete den Siegtreffer vor, und Plea hatte in der 58. Minute einen Elfmeter zum 1:0 verwandelt, nachdem er zuvor selbst von Ozan Kabak gefoult worden war.

Besonders lobenswert erschien den Borussen, dass Hoffenheims zwischenzeitlicher Ausgleich (1:1, 60. Minute, Wout Weghorst) sie nicht blockiert hatte. "Wir freuen uns, dass wir uns diesmal auch von einem Rückschlag nicht aus der Bahn haben werfen lassen", sagte Reitz und erinnerte damit an das vorangegangene Spiel in Dortmund, wo die Gladbacher nach einer halben Stunde zwar 2:0 geführt, am Ende aber 2:4 verloren hatten. "Die Mannschaft ist mit all den Widerständen sehr gut umgegangen", lobte der Trainer Seoane und sprach damit Personalsituation und Spieldramaturgie gleichermaßen an.

Mittelfeldmann Kramer, dessen Worte angesichts seines Zweitjobs als TV-Experte stets besondere Relevanz besitzen, lobte die Mannschaft für die Akzeptanz der Philosophie vom neuen Trainer. "Wir setzen das Konzept seit zwei Monaten gut um und sind wirklich schwer zu bespielen", sagte Kramer. Auch an diesem Vorhaben waren Seoanes Vorgänger Adi Hütter und Daniel Farke gescheitert.

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