Jadon Sancho:Sehr viele Tore oder sehr viel Geld

Lesezeit: 2 min

14 Treffer, 15 Vorlagen: Kein BVB-Spieler jubelt so oft wie Jadon Sancho (links), hier nach seinem Tor gegen Freiburg. (Foto: AP)
  • Jadon Sancho ist an 62 Prozent der Dortmunder Treffer beteiligt - ihm gelingt auch das entscheidende Tor gegen Freiburg.
  • Im Sommer droht ein unablehnbares Angebot aus der Premier League.
  • Ähnlich viel wie für Mbappé oder Dembélé müsste ein Klub aber investieren, um Sancho aus Dortmund loszukriegen.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Auf statistischer Basis läuft ein typischer Treffer von Borussia Dortmund in dieser Bundesliga-Saison folgendermaßen ab: Der offensive Mittelfeldspieler Jadon Sancho spielt den Ball aus dem Halbfeld steil zur Grundlinie, von wo ihn der Flügelstürmer Sancho direkt ins Zentrum schießt, und dort lauert der Torjäger Sancho, der ihn über die Linie drischt. Von Dortmunds 66 Bundesliga-Treffern hat Sancho 14 selbst geschossen, 15 vorbereitet und zwölf mit dem vorletzten Pass eingeleitet. In jeder dieser drei Statistiken ist er Dortmunds Bester. In der Summe kommt Sancho damit auf 41 Torbeteiligungen, das sind 62 Prozent der BVB-Treffer.

Was dem 19 Jahre alten Engländer enttäuschenderweise bislang nicht gelang, das ist, die indirekte und direkte Vorlage sowie die Vollstreckung wirklich in einem Treffer zu vereinen. Wenn man diesem außergewöhnlichen Fußballer zuschaut, will man aber nicht ausschließen, dass er das eines Tages auch noch schafft. "Jadon ist ein Phänomen", sagte der BVB-Sportdirektor Michael Zorc dem Kicker, "seine Effektivität - in diesem Alter - ist unglaublich."

Dortmund in der Bundesliga
:Schwierige Suche nach Pilzen

Der BVB müht sich zu einem 1:0-Erfolg gegen den SC Freiburg. Nach dem Spiel sind aber auch Schmähgesänge gegen Dietmar Hopp Thema - Christian Streich reagiert bestürzt.

Von Ulrich Hartmann

Beim 1:0 gegen den SC Freiburg war die sonst so torhungrige Borussia auf Magerkost, doch Sancho bewies sich als Diätberater. In der 15. Minute schoss er eine Hereingabe von Thorgan Hazard zum Tor des Tages ein. Mehr gelang den Dortmundern diesmal offensiv nicht, umso tröstlicher ist es für den Trainer Lucien Favre, dass Sancho auch nach hinten zunehmend seriös mitarbeitet. Man muss ihm also sogar anrechnen, dass der BVB in den vergangenen drei Bundesliga-Spielen kein einziges Gegentor zugelassen hat. In den bibeldicken internen Spielauswertungen gibt es womöglich irgendeine Zahlenkolonne, die belegt, dass Sancho in dieser Saison 13,43 Gegentore zu verhindern geholfen hat.

"Bislang liegt kein Angebot vor", sagt Sebastian Kehl

Einen Angreifer dieser Güteklasse mit einer noch viel größeren Zukunft in seinem Kader zu wissen, das ist wohl der Fußball-Himmel. Aber im kommenden Sommer ein unablehnbares Angebot aus der Premier League zu erwarten, ist die Hölle, wenn es um einen Spieler geht, der an 62 Prozent der eigenen Treffer beteiligt ist. Sancho, geboren und aufgewachsen in London, ist Fan vom FC Chelsea, aber man kann sich nicht vorstellen, dass der FC Liverpool, Real Madrid oder Juventus Turin nicht auch Interesse an einem Flügelstürmer haben, der Kylian Mbappé von Paris Saint-Germain oder Ousmane Dembélé vom FC Barcelona in kaum etwas nachsteht.

An diesem Punkt wird die Geschichte für den BVB zumindest finanziell interessant, denn für Mbappé hat Paris vor eineinhalb Jahren geschätzte 145 Millionen Euro an AS Monaco überwiesen, und für Dembélé haben die Dortmunder vor zweieinhalb Jahren vom FC Barcelona eine Ablöse bekommen, die sich noch auf 125 Millionen Euro summieren kann. Mindestens diese Summe müsste Sancho einem Klub im Sommer wohl schon wert sein, damit die Borussen ihn zwei Jahre vor Vertragsende ziehen ließen. Der Klub bekommt also wahrscheinlich entweder sehr viel Geld für Sancho oder weiterhin sehr viele Tore von Sancho, und mit dem einen oder anderen kann man sich ganz gut trösten. Der Teammanager Sebastian Kehl sagt: "Bislang liegt kein Angebot vor, und Jadon hat einen langfristigen Vertrag - warum also sollten wir uns Gedanken machen?"

Die nächsten Tage werden ultimativ aufzeigen, wohin es für den BVB in der Bundesliga und in der Champions League geht. Am kommenden Samstag gastiert Dortmund in Mönchengladbach und am Mittwoch darauf zum Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League in Paris, wo die Dortmunder einen 2:1-Hinspielsieg verteidigen. Sollte Sancho danach spüren, dass auch mit Dortmund große Titel möglich sind, dann würde er ja vielleicht sogar noch ein bisschen bleiben wollen im schönen Westfalen.

© SZ vom 02.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungHass im Stadion
:Die Klubs haben die Ultras zu lange gewähren lassen

Der Dialog mit dem konsumkritischen, politisch interessierten Teil der Fans sollte wachgehalten werden. Aber er muss konfrontativer werden - im Doppelpass der Klubs mit der Justiz.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: