Jadon Sancho beim BVB:Bewährungswochen an einem sensiblen Punkt der Karriere

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"Die Fans erwarten viel von mir und ich kann ihnen nicht verübeln, wütend zu sein, wenn ich ein paar Wochen lang nicht treffe." - Jadon Sancho. (Foto: Dennis Ewert/RHR-Foto / Imago)

Seit seiner Rückkehr zum hat Jadon Sancho noch keine Konstanz in seinen Leistungen bei der Borussia gezeigt. Für den 23-Jährigen steht gerade ähnlich viel auf dem Spiel wie für Dortmund im Achtelfinal-Rückspiel gegen Eindhoven an diesem Abend.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Am Samstag hat Jadon Sancho nach langer Zeit mal wieder ein Tor für Borussia Dortmund geschossen. Nach dem 2:1-Sieg in Bremen mit seinem Treffer zum 2:0 sagte er grinsend: "Ja, das hat ein bisschen gedauert." Um genau zu sein: zwei Jahre, neun Monate und 25 Tage. Diese lange Wartezeit hatte freilich einen Grund: Seit Sancho am 13. Mai 2021 zwei Treffer zum 4:1-Sieg des BVB im Endspiel des DFB-Pokals gegen RB Leipzig beigesteuert und danach noch zwei torlose Ligaspiele für Dortmund absolviert hatte, stand er ja zweieinhalb Jahre lang in Diensten von Manchester United.

Im achten Bundesliga-Spiel seit seiner Rückkehr zum BVB im Januar ist der gebürtige Londoner nun in jene Torjägerrolle zurückgekehrt, in der man ihn damals im Sommer 2021 wehmütig gen Insel hatte ziehen lassen. 50 Tore in 137 Pflichtspielen hatte Sancho während seiner ersten Zeit in Dortmund (2017 bis 2021) erzielt. In Bremen knüpfte der 23-Jährige nun als Leihgabe von Manchester United erstmals an seine schwarz-gelbe Erfolgsstory an und verriet: "Ich wusste, dass ich bald treffen würde."

Wenn er sich da so sicher war, dann wäre es vielleicht auch keine schlechte Idee gewesen, sich das Tor für diesen Mittwoch (21 Uhr) aufzuheben. Dann müssen die Dortmunder im Champions-League-Rückspiel zu Hause gegen die PSV Eindhoven gewinnen, um erstmals seit drei Jahren wieder ins Viertelfinale einzuziehen. Die beiden Viertelfinal-Spiele damals im April 2021 - zwei 1:2-Niederlagen gegen Manchester City - hatte Sancho verletzt verpasst. Es bestünde jetzt also eine gute Gelegenheit, mit dem BVB diese versäumte Erfahrung nachzuholen.

"Ich kann den Fans nicht verübeln, wütend zu sein, wenn ich ein paar Wochen nicht treffe"

Beim Hinspiel in Eindhoven vor drei Wochen hatte Sancho allerdings nicht allzu viel beigesteuert. Das 1:1 war eines der schlechteren Dortmunder Spiele der vergangenen Wochen - und für Sancho war es von mittlerweile neun Pflichtspielen seit dem Comeback wohl das schlechteste. Bei seinem ersten Ligaeinsatz im Januar in Darmstadt (3:0) und eine Woche später beim zweiten in Köln (4:0) war ihm auf Anhieb je eine Torvorlage gelungen. Damit hatte er die Hoffnungen des Klubs genährt, dass er im Kampf um die neuerliche Champions-League-Qualifikation eine schnelle Hilfe sein könnte.

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Doch anschließend konnte Sancho in fünf Ligaspielen und auch in Eindhoven nichts Zählbares mehr beitragen. Das wurmte ihn. Am Sonntag, einen Tag nach seinem Treffer in Bremen, sagte er im Klub-TV überraschend nachdenklich: "In meiner ersten Zeit beim BVB habe ich fast in jedem Spiel ein Tor geschossen oder eins vorbereitet. Die Fans erwarten viel von mir und ich kann ihnen nicht verübeln, wütend zu sein, wenn ich ein paar Wochen lang nicht treffe."

Sancho ist in Dortmund gerade an einem sensiblen Punkt seiner Karriere angelangt. Nachdem er sich in Manchester mit Trainer Erik ten Hag überworfen und seinen letzten Pflichtspieleinsatz dort Ende August 2023 verzeichnet hatte, muss er beim BVB nun zeigen, dass mit ihm wieder zu rechnen ist. Und, dass er die Vorwürfe aus Manchester, er habe dort stets nur Probleme bereitet, hinter sich lassen kann. Zunächst bis zum Sommer ist er an den BVB verliehen, wie es dann weitergeht, ist ungewiss. Sein Vertrag bei United gilt bis 2026, aber eine Rückkehr zu Trainer ten Hag dürfte unmöglich sein. Beim BVB wiederum sagte Sportdirektor Sebastian Kehl kürzlich, dass eine feste Verpflichtung Sanchos wohl zu teuer wäre. Dem Vernehmen nach lotet der Klub aber aus, ob und unter welchen Bedingungen Sancho über das Saisonende hinaus in Dortmund bleiben könnte.

Sancho hilft derweil aktiv mit, dem BVB mehr Mittel für künftige Transfers einzuspielen. Noch ganz ohne sein Zutun qualifizierte sich Dortmund vergangene Woche durch Leipzigs Ausscheiden aus der Champions League fest für die Klub-WM 2025 in den USA - wo dank des neuen Wettbewerb-Formats allein ein Startgeld von etwa 50 Millionen Euro pro Verein gezahlt werden soll. Mehr Einfluss aufs Geschehen wird Sancho gegen Eindhoven haben - und anschließend in der Bundesliga, wo Dortmund seinen derzeit vierten Platz verteidigen muss und bis Ende April nacheinander gegen alle fünf Konkurrenten aus der Spitzengruppe spielt: Frankfurt, Bayern, Stuttgart, Leverkusen und Leipzig. Mit Sanchos ganz persönlicher Bewährungsprobe und Perspektivsuche gehen also für Dortmund Wochen der Wahrheit einher.

Auch um die Zukunft von Edin Terzic könnte es dann gehen. Der Trainer, dem die wechselhaften Ergebnisse einer latent fragil wirkenden Mannschaft öffentlich immer wieder angelastet werden, hatte sich um die Rückkehr Sanchos sehr bemüht. "Jadon hatte damals eine tolle Zeit beim BVB und wir waren seitdem ständig in Kontakt", sagte Terzic kürzlich. Nun können sie sich gegenseitig helfen, ihre individuellen Herausforderungen zu bewältigen. Am besten gelänge das, ließe sich Sancho mit seinem nächsten Treffer für den BVB nicht wieder fast drei Jahre Zeit.

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