Die Fährten, die Pierre-Emerick Aubameyang und sein Vater Pierre am Wochenende in Dortmund ausgelegt haben, führen nach London. Borussia Dortmunds Torjäger hatte am Samstag eine Mannschaftssitzung geschwänzt, woraufhin er am Sonntagabend fürs Spiel gegen Wolfsburg aus dem Kader gestrichen wurde. Während die Borussen ohne ihren besten Stürmer nicht über ein 0:0 hinauskamen, schrieb Aubameyangs Vater eine Polemik ins Internet, die darauf abzielte, dass sein Familienclan Dortmund verlassen wolle. Dabei machte er sich auch den Vorwurf zunutze, dass die Aussage eines Journalisten in einer TV-Talkshow, Aubameyang veranstalte in Dortmund "einen Affenzirkus", rassistisch unterlegt gewesen sei. Aubameyangs Vater schlussfolgerte: "Ich glaube, der kleine Affe und seine Familie sollten von hier verschwinden."
BVB-Sportdirektor Michael Zorc wusste von dieser Aussage womöglich noch nichts, als er kurz nach dem WolfsburgSpiel halbwegs verzweifelt erschien und über das Verhalten seines Torjägers klagte. "Ich hatte am Mittag ein intensives und kontroverses Gespräch mit ihm und weiß einfach nicht, was in seinem Kopf vorgeht. Ich erkenne ihn gar nicht wieder."
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Am Montag schien dann alles einen gewissen Sinn zu ergeben, denn da meldeten englische Medien, der FC Arsenal werde seinen Stürmer Alexis Sanchez wohl an einen der beiden Top-Klubs aus Manchester verkaufen und habe als Ersatz für den Chilenen den Dortmunder Aubameyang auserkoren. 60 Millionen Euro wolle Arsenal dem BVB bieten, man sei zuversichtlich, dass das Angebot angenommen werde.
Die Frage aber wäre: Warum sollte Dortmund seinen wichtigsten Spieler plötzlich abgeben, obwohl man seinen Vertrag kürzlich bis 2021 verlängert hat? Die denkbare Antwort ist: Weil man im Fußball noch nie einen Spieler hat halten können, der unbedingt weg will. Ousmane Dembélé hatte sich erst vor einem halben Jahr in Dortmund unsichtbar gemacht, als er nach Barcelona wechseln wollte. Bei einseitigen Trennungsabsichten in einer Liebesbeziehung heißt diese Strategie "Ghosting" - man wird zum unsichtbaren Geist.
Ganz so weit geht Aubameyang allerdings nicht. Am Montag erschien er pflichtbewusst zur Laufeinheit im Trainingszentrum im Stadtteil Brackel. Um 13.51 Uhr knatterte er 69 Minuten vor Beginn und damit überpünktlich in einem türkisfarbenen Sportwagen aufs BVB-Gelände.
Dass ein sofortiger Abschied Aubameyangs mittlerweile nicht mehr unmöglich erscheint, war aber schon am Sonntag bei Zorc durchgeklungen: "Der Punkt, an dem man es nicht mehr tolerieren kann, ist erreicht", sagte der Sportchef streng, "so geht es nicht weiter." Genau auf diese Reaktion könnte der Aubameyang-Clan - Pierre-Emerick, Vater Pierre und die Brüder Willy und Catilina - abgezielt haben. In London teilte unterdessen Arsenal-Trainer Arsene Wenger mit, in der Causa Alexis Sanchez werde bald Klarheit herrschen.
Zorcs übernächstes Problem könnte lauten, wie er die Lücke füllt, die Aubameyang hinterlasse würde. Der BVB will wieder in die Champions League, muss also mindestens Vierter werden. Aktuell sind die Offensivspieler Marco Reus, Maximilian Philipp und Christian Pulisic verletzt, Andrej Jarmolenko und André Schürrle entwickeln eine stabile Ladehemmung. Und die gegen Wolfsburg eingesetzten Jungspunde Jadon Sancho, 17, und Alexander Isak, 18, sind hochtalentiert, als Soforthelfer aber überfordert. Gegen Wolfsburg trafen beide bei ihren besten Chancen den Außenpfosten. "Auba steht für ungefähr 50 Prozent unserer Tore und Torbeteiligungen", betonte Zorc, "das muss man berücksichtigen." Es sei nicht so einfach, in diesem Hin und Her eine richtige Entscheidung zu treffen.
Von Vorteil könnte es sein, dass die Borussen sich schon einmal mit Olivier Giroud beschäftigt haben. Der 31 Jahre alte Franzose ist beim FC Arsenal nur noch Ersatzspieler und litt zuletzt auch noch an einer Oberschenkelverletzung. Er braucht aber unbedingt Spielpraxis, um sich für die französische WM-Mannschaft zu empfehlen. Deshalb wäre er womöglich für einen Wechsel nach Dortmund zu haben.
BVB-Trainer Peter Stöger hat derweil nicht vor, Aubameyang noch größere Vorhaltungen zu machen. Während Zorc "natürlich auch monetäre Sanktionen" ankündigte, klang Stöger schon wieder versöhnlich: "Ich bin nicht nachtragend, er bekommt nächste Woche wieder die Chance, sich zu empfehlen." Der neue Coach weiß: Er braucht wohl seinen besten Stürmer, um die sportlichen Ziele in der Rückrunde zu erreichen. Stöger schmeichelte Aubameyang am Sonntag auffällig: "Alles in allem ist der Auba ein feiner Bursch'."
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Ein kleiner Trost im großen Trubel war am Montag die Verpflichtung des Schweizers Manuel Akanji vom FC Basel. Der 22-Jährige spielt ab sofort für den BVB, ist auch für die Europa League spielberechtigt und unterschrieb einen Vertrag bis 2022. Aubameyang kann Akanji aber nicht ersetzen - er ist der sechste Innenverteidiger im Kader des BVB.